Abfallwirtschaftsbetrieb München kritisiert neues Verpackungsgesetz

München, 05.04.2017. Am 30. März hat der Bundestag das neue Verpackungsgesetz verabschiedet. Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) kritisiert die neue Regelung jedoch scharf.

„Das neue Gesetz schreibt für Verpackungen höhere Recyclingquoten vor“, sagt Axel Markwardt, Kommunalreferent und Erster Werkleiter des AWM. „Das klingt für die meisten positiv, ist aber in Wirklichkeit eine Mogelpackung, die die Bürgerinnen und Bürgern viel Geld kosten wird, ohne einen ökologischen Nutzen zu haben“.

Warum das so ist, erklärt Helmut Schmidt, der Zweite Werkleiter des AWM: „Die Recyclingquote schreibt nur vor, wie viele Verpackungen dem Recyclingprozess zugeführt werden müssen“. Das heißt, welche Mengen in die Sortierung geschoben werden. Sie sage jedoch nichts darüber aus, was im Prozess tatsächlich recycelt wird und was am Ende dabei herauskommt. „Recycling muss technisch machbar und wirtschaftlich darstellbar sein“, bekräftigt Schmidt. Und am Ende muss ein Produkt herauskommen, für das am Markt eine Nachfrage besteht. „Sonst ist der ganze Prozess sinnlos und kostet nur Geld“. Außerdem dürften im Recyclingprozess keine Schadstoffe wie beispielsweise Weichmacher oder Schwermetalle aufkonzentriert werden.

Bei einigen Materialien, wie beispielsweise Glas, Papier und Kartonagen, funktioniere Recycling am Markt schon sehr gut. „Da braucht es dann auch keine weiteren gesetzlichen Vorgaben mehr“, sagt Schmidt. Die im neuen Verpackungsgesetz für diese Materialien vorgesehenen Recyclingquoten würden am freien Markt bereits seit Jahren umgesetzt. Bei Kunststoffen sei Recycling dagegen schwieriger: PET-Flaschen und saubere Folien seien noch gut zu recyceln, aber bei Mischkunststoffen werde es schwierig: „Kunststoff hat bei der Herstellung den Vorteil, extrem flexibel zu sein“, weiß Schmidt. Genau diese Eigenschaft werde dem Material aber beim Recyceln zum Verhängnis: Das Produkt des Recyclingprozesses, das Rezyklat, kann in den meisten Fällen aufgrund der heterogenen Herkunft der recycelten Materialien keine bestimmten Eigenschaften, wie zum Beispiel Stoßfestigkeit, garantieren. Und somit bestehe dafür am Markt kaum Nachfrage. „Obwohl derzeit rund 47 Prozent der Kunststoffverpackungen dem Recycling zugeführt werden, beträgt die Rezyklatmenge weniger als 15Prozent der Ausgangsmenge“, sagt Schmidt. Bei Mischkunststoffen sei die Situation noch katastrophaler: Die echte Recyclingquote betrage hier nur magere 2,2 Prozent. Und Verpackungen bestehen zu 70 Prozent aus Mischkunststoffen. „Aus unserer Sicht wird der deutsche Verbraucher hier massiv in die Irre geführt“, betont Schmidt.

„Aus ökologischer Sicht wäre für uns ein Gesetz notwendig gewesen, das die Ressourcen schont und einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt belohnt“, bekräftigt Axel Markwardt. Regelungen, die zur Vermeidung von Verpackungen führen, hätten laut Markwardt bedeutend mehr ökologische Lenkungswirkung. Ebenso Abgaben auf den Ressourcenverbrauch und die CO2-Belastung. Davon sei aber im neuen Verpackungsgesetz nicht einmal der Ansatz vorhanden.

„Seit Einführung des Verpackungsgesetzes in den 90er-Jahren haben die Verpackungen um rund 30 Prozent zugenommen“, sagt Schmidt. Für den operativen Chef der Münchner Abfallwirtschaft ein Zeichen, dass die so genannte Produktverantwortung nicht den gewünschten ökologischen Effekt gezeigt hat. Stattdessen wurde mit dem grünen Punkt beziehungsweise mit den Lizenzgebühren der dualen Systeme die Verantwortung lediglich auf eine Finanzierungsverantwortung reduziert. „So werden Verbraucherinnen und Verbraucher auch getäuscht: Den meisten ist nicht bewusst, dass sie beim Kauf bereits für die Entsorgung der Verpackung mitbezahlt haben; und schon gar nicht wissen sie, wie viel sie dafür bezahlt haben und dass Kunststoffverpackungen im besten Fall zu maximal 15 Prozent tatsächlich recycelt werden“.

Die Werkleitung des AWM kritisiert außerdem, dass die ohnehin schon hohen Bürokratiekosten der Dualen Systeme noch gesteigert würden durch die Einrichtung einer vom neuen Gesetz vorgesehenen Zentralen Stelle, die mit rund 50 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlagen wird. „Diese Zentrale Stelle soll einen Großteil der Organisation übernehmen, wird aber von Industrie und Handel finanziert“, merkt Schmidt an.

Das Fazit: Höhere vorgeschriebene Recyclingquoten, die aber ökologisch weder einen besseren noch höheren Output an brauchbarem Rezyklat bringen, dafür mehr Kosten durch die Zentrale Stelle und kein Anreiz zur Abfallvermeidung oder Ressourcenschonung.

Axel Markwardt fasst zusammen: „Wir brauchen Gesetze, die umweltschonendes Verhalten insbesondere bei den Verpackungen fördern, und nicht Gesetze, die einen – wirtschaftlich und ökologisch oft fragwürdigen – Recyclingprozess aufblähen und weitere Bürokratiekosten schaffen, ohne wirkliche ökologische Vorteile zu bringen“.