Aktuelle Stimmungslage im Gastgewerbe

Symbolbild

Mallorca öffnet, während Deutschland mit sicheren Hygienekonzepten noch nicht einmal Außengastronomie zulässt

Inselkammer: „Auch angesichts steigender Zahlen sollten wir bei Öffnungen nicht nur auf Inzidenzzahlen achten, wir brauchen auch die Möglichkeit von Konzeptöffnungen“ / Geppert: „Wir verstehen bei den jüngst beschlossenen „Öffnungsschritten“ manche Regelungen nicht mehr, auch stellt sich für uns die Frage der Verhältnismäßigkeit“ / 60,8 Prozent fordern Öffnung noch vor Ostern / 87,2 Prozent bewerten Ergebnisse der letzten Bund-Länder-Konferenz als „katastrophal“ bzw. „schlecht“.

Noch bevor bekannt wurde, dass u. a. Mallorca seine Hotels für Urlauber wieder öffnet, stießen die aktuellen Corona-Beschlüsse beim Gastgewerbe auf erhebliche Kritik. 60,7 Prozent der Betriebe in Bayern bezeichnen die Entscheidungen der letzten Bund-Länder-Konferenz als „katastrophal“, 26,5 Prozent als „schlecht“. Das geht aus einer Umfrage des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern hervor, an der 743 gastgewerbliche Unternehmer im gesamten Freistaat teilgenommen haben.

Die Lage im Gastgewerbe ist dramatisch. Infolge der massiven Verluste, der fehlenden Perspektiven und der nicht ausreichenden staatlichen Hilfen bangen 68,9 Prozent der Unternehmer um ihre Existenz. Jedes vierte Unternehmen (23,9 Prozent) zieht eine Betriebsaufgabe in Erwägung. Konkret meldeten die Teilnehmer der Umfrage für Februar Umsatzeinbußen in Höhe von 82,0 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Insgesamt brach der Umsatz zwischen 1. März 2020 bis heute um insgesamt 64,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. Aktuell plädieren 60,8 Prozent für eine Öffnung noch vor Ostern. 20,9 Prozent der Betriebe sprechen sich mit Blick auf die immer weniger werdende Vorlaufzeit für eine Öffnung direkt nach Ostern am 6. April aus.

„Die Sicherheit von Mitarbeitern und Gästen steht für uns immer an oberster Stelle. Wir wollen keine Öffnungen auf Kosten der Gesundheit oder um jeden Preis,“ so Angela Inselkammer, Präsidentin des DEHOGA Bayern, „doch wir fordern verantwortbare Öffnungsschritte. Denn: Wir sind Teil der Lösung und nicht des Problems. Vergangene Woche wurden Kontaktbeschränkungen im Privaten, dort wo laut RKI die Infektionsgefahr am höchsten ist, gelockert und zeitgleich unsere geschützten Bereiche mit erwiesenermaßen funktionierenden Schutz- und Hygienekonzepten komplett geschlossen gehalten. Das ist nicht nachvollziehbar, aus unserer Sicht sogar fahrlässig. Auch dazu gibt es glaubwürdige Expertenaussagen.

“Inselkammer: „Bei der nächsten Sitzung der Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen mit der Bundeskanzlerin am 22. März muss eine Öffnungsperspektive genannt werden, wann und wie es für das Gastgewerbe weitergeht. Auch angesichts steigender Zahlen sollten wir bei Öffnungen nicht mehr nur auf Inzidenzzahlen achten, wir brauchen auch die Möglichkeit von Konzeptöffnungen. Wer ein sicheres Konzept vorlegen kann, sollte unabhängig vom Infektionsgeschehen öffnen dürfen. Hier kann man auch von anderen lernen: Österreich hat z. B. öffentliche Teststationen einrichtet, die unkompliziert funktionieren.“ „Zusätzlich sollte aus Fehlern der Vergangenheit gelernt werden“, ergänzt die DEHOGA Bayern-Präsidentin, „die Erfahrungen des vergangenen Jahres haben es gezeigt. Als in den Herbst- und Weihnachtsferien unsere Betriebe geschlossen bleiben mussten, blieben viele eben nicht zu Hause – es kam zu Ausweichbewegungen in Bereiche, die nicht über dieselben Hygienekonzepte verfügten, wie sie im Gastgewerbe hierzulande gelten. Man muss kein Prophet sein: Auch an Ostern werden Ausweichbewegungen ins Ausland sowie Verwandtenbesuche stattfinden. Die Frage ist nur, ob sie in Betrieben mit funktionierenden Hygienekonzepten stattfinden oder nicht. Gleiches ist gleich zu behandeln. Mir fehlt das fachliche Argument für das Verbot innerdeutscher Urlaube, solange man mit Schnelltests sogar ins Ausland darf.“

„Unsere Forderungen betreffen zudem die Gastronomie“, so Inselkammer, „auch wenn das Wetter diese Tage vielleicht nicht so schön ist, kämpfen wir zumindest für die Möglichkeit, die Außengastronomie wieder öffnen zu dürfen. Hiermit würde ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens geleistet. Dann gäbe es bei wärmeren Temperaturen eine sichere Alternative zum wilden Picknicken auf Plätzen, in Parks, an Seen und Flüssen.“

Die Möglichkeit einer Öffnung der Außengastronomie unter der Bedingung einer „vorherigen Terminbuchung und einer Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung“ bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 wird indes von 82,7 Prozent als „schlecht“ kritisiert. „Wir verstehen bei den jüngst beschlossenen „Öffnungsschritten“ manche Regelungen schlichtweg nicht mehr“ gesteht DEHOGA Bayern-Landesgeschäftsführer Dr. Thomas Geppert, „auch stellt sich für uns die Frage der Verhältnismäßigkeit. Denn wieso darf die Außengastronomie erst im vorletzten Öffnungsschritt geöffnet werden, zeitgleich mit Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie Kinos, obwohl es außen laut Aerosol-Experten zu 99,9 Prozent sicher sei ist und auch in der Außengastronomie die strengen Schutz- und Hygienemaßnahmen des Gastgewerbes gelten? Weshalb dürfen sich in privaten Innenräumen zwei Haushalte wieder treffen und bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 ist in der Außengastronomie für dieselben beiden Haushalte ein tagesaktueller negativer Test nötig? Wir verstehen auch nicht, warum mit dieser Bedingung nicht auch gleich der Innenbereich geöffnet werden kann, wenn die Gäste dann alle einen negativen Schnelltest haben. Schließlich finden Theatervorstellungen, Konzerte und Opernaufführungen in der Regel auch in Innenräumen statt und dauern wesentlich länger als ein Mittag- oder Abendessen. Zudem stellt sich die Frage, warum es einer „vorherigen Terminbuchung mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung“ bedürfe. Im Gegensatz zum Handel findet im Gastgewerbe doch bereits eine durchgängige Gästeregistrierung statt.“