Am 27.1. ein Jahr Covid-19 in Deutschland und in der München Klinik

Am 27.1. ein Jahr Covid-19 in Deutschland und in der München Klinik
Von links nach rechts: Prof. Clemens Wendtner (Chefarzt), Dr. Wolfgang Guggemos (Leitender Oberarzt) und Sabine Müller (Krankenpflegekraft) aus dem Team der Klinik für Infektiologie und Tropenmedizin in der München Klinik Schwabing. Foto: © Klaus Krischock

Im Januar 2020 hieß Sars-CoV-2 noch „das neuartige Coronavirus 2019-nCoV“, die Erkrankung, die wir heute als Covid-19 kennen, war noch namenlos. Am 24. Januar legte eine Publikation von chinesischen Wissenschaftlern in The Lancet nahe, dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich sei. Am 26. Januar gab es rund 2.000 bekannte Infektionen in China und 38 Fälle außerhalb Chinas. Am 27. Januar kam das Virus in Deutschland und in der München Klinik Schwabing an.

Prof. Clemens Wendtner ist Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing und hat mit seinem Team den ersten Covid-19-Patienten Deutschlands betreut: „In der Infektiologie besteht das Leben aus ansteckenden Erregern und der Umgang mit neuen Erregern gehört für uns dazu. Als der erste Corona-Patient an unserer Tür klingelte, herrschte trotzdem Ausnahmezustand. Ganz Deutschland und auch die Welt blickte nach Schwabing und fieberte in täglichen Gesundheits-Updates mit den Webasto-Patienten mit – mehr als die Webasto-Patienten selbst fieberten. Da waren neun mehrheitlich „pumperlgesunde“ Menschen einen Monat lang in unserer Klinik, schauten Fußball und langweilten sich viel. Für uns im Krankenhaus sind keine oder nur sehr leichte Symptome gleichzusetzen mit „pumperlgesund“. Wir behandeln sonst schwerkranke Menschen, wer würde schon mit erhöhter Temperatur oder Halsweh einen Monat lang ins Krankenhaus gehen? Heute wissen wir, dass 80 Prozent der Infektionen so leicht verlaufen, dass die Infizierten glücklicherweise nie ein Krankenhaus von innen sehen müssen. Auch die Webasto-Patienten würden größtenteils ihre Infektion heute zuhause auskurieren. Wir sind diesen Patienten besonders dankbar, denn sie haben es erst ermöglicht, für viele andere Patienten mit schweren Covid-19 Verläufen den Weg hin zu besseren Heilungschancen zu ebnen: diese Patienten haben uns allen geholfen, das Virus besser zu verstehen. So konnten wir schon im Februar gemeinsam mit der Charité und der Mikrobiologie der Bundeswehr feststellen, dass sich das Virus vornehmlich im Nasen-Rachen-Raum in sehr hoher Konzentration festsetzt und damit wohl infektiöser ist, als es die Daten aus China bis dahin vermuten ließen. Nicht zuletzt das Prinzip der asymptomatischen Virusübertragung wurde durch diese Patienten erstmalig offensichtlich und hat wichtige Schutzmaßnahmen in der Gesellschaft, wie die AHA-Regel, begründet. Auch nach ihrem Klinikaufenthalt kamen die Webasto-Patienten regelmäßig zu Untersuchungen zu uns in die Klinik und lieferten uns allen wichtige Erkenntnisse, wie sich das Virus langfristig klinisch auswirkt und immunologisch kontrolliert wird.“

Alle neun Patienten des Webasto-Clusters, die in Schwabing versorgt wurden, konnten gesund entlassen werden, der letzte nach genau einem Monat am 27.2.

„Ich weiß noch, als der letzte Webasto-Patient am 27.2. entlassen wurde, war nicht nur die München Klinik, sondern ganz Bayern für wenige Stunden Corona-frei. Noch am Abend wurden dann die ersten Fälle mit Ursprung in Italien bestätigt – und wir bereiteten uns mit Blick auf Italien auf etwas Größeres vor. Krisenstäbe gehören seitdem zum Alltag, wir haben Kapazitäten geschaffen und Behandlungsstandards für die ganz neue Erkrankung mitgestaltet. Seit einem Jahr behandeln wir Covid-Patienten und versorgen parallel Geburten, Notfälle, Kinder und ältere Menschen. Auf unserer Intensivstation in Schwabing wurden mit Ausnahme einer einzigen Woche auch im Sommer durchgehend schwerkranke Covid-Patienten behandelt. Glücklicherweise wissen wir heute mehr über die Erkrankung als noch im Frühjahr und können den Menschen dadurch besser und schneller helfen. Doch der Ausnahmezustand ist für uns auch nach einem Jahr nicht zum Normalzustand geworden. Und er soll es auch nicht werden. Unsere Mitarbeitenden leisten seit 365 Tagen Unglaubliches, aber einer solchen Doppelbelastung hält man nicht für immer Stand. Wir müssen jetzt weiter alles tun, um die Infektionszahlen endlich zu senken und das Virus in den Griff zu kriegen. Die Impfung ist ein wichtiger Schritt. Dann habe ich Hoffnung, dass wir nächstes Jahr nicht den zweiten Jahrestag begehen müssen“, so Dr. Axel Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik.

Ein Jahr Covid-19 in der München Klinik: 2.000 behandelte Patienten, über 200.000 PCR-Tests

Über 2.000 versorgte Covid-19-Patienten, davon rund 450 Patienten auf der Intensivstation, und zusätzlich über 5.000 versorgte Covid-Verdachtsfälle: Das ist die Jahresbilanz der Covid-Versorgung in der München Klinik mit ihren Standorten in Schwabing, Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und der Thalkirchner Straße. Hinzu kommen über 200.000 durchgeführte PCR-Tests für Mitarbeitende und Patienten, bis zu 2.000 PCR-Tests werden pro Tag im eigenen Labor durchgeführt. Zusätzlich werden rund 10.000 Antigen-Schnelltests pro Woche in der München Klinik durchgeführt.

Im Schnitt bleibt ein Covid-19-Patient 10 Tage zur stationären Behandlung in der München Klinik. Die Verweildauer auf der Intensivstation beträgt im Schnitt 15,5 Tage, wobei schwerstkrankte Menschen mehrere Wochen bis Monate in der Klinik versorgt werden müssen. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Verweildauer auf der Intensivstation für Non-Covid-Patienten beträgt in der München Klinik 4 Tage – das zeigt, wie aufwändig die intensivmedizinische Versorgung von Covid-19-Patienten im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern ist. Rund 380 Stunden muss ein beatmeter Covid-19-Intensivpatient in der München Klinik durchschnittlich beatmet werden – durch High-flow-Therapien kommt die Beatmung heute seltener zum Einsatz als in der Anfangszeit der Pandemie. Schwerste Fälle wurden bis zu 60 Tage oder länger in der München Klinik versorgt. Aktuell behandelt die München Klinik rund 100 Covid-Patienten, davon rund 30 Patienten auf der Intensivstation.