Ausgemusterte Olympiastadion-Strahler: Ein zweites Leben für die Kultur

Ausgemusterte Olympiastadion-Strahler: Ein zweites Leben für die Kultur
Rund 40 ausgemusterte Scheinwerfer aus dem Olympiastadion bekommen weitere Wirkungsstätten in der Kunst und Kultur. Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer (li.), übergab die Exemplare an den Künstler Max Weisthoff (2.v.re.) und Angela Holzwig, Pressesprecherin der Akademie der Bildenden Künste in München. Ideengeber für die Spende war Felix Pfeiffer (2. v.li.) vom Technischen Service der SWM, der die Anlagen im Olympiastadion betreut. Foto: SWM Bild herunterladen Ideengeber Felix Pfeiffer (SWM) und Künstler Max Weisthoff (rechts). Foto: SWM

Übergabe an Akademie der Bildenden Künste

50 Jahre alt wird das Münchner Olympiastadion im kommenden Jahr. Auch seine Flutlicht-Beleuchtung stammt bislang original aus dem Olympia-Jahr 1972 – bis auf 50 Stück, von denen viele nun ein zweites Leben in der Kultur bekommen.

Da im Stadion ein Drittliga-Fußballverein kickt, musste eine funktionstüchtige Spielfeld-Beleuchtung hergestellt werden. Strahler, die aufgrund von größeren Defekten nicht mehr repariert werden konnten, wurden ausgebaut und durch neue Exemplare ersetzt. Der Austausch einschließlich der Auswahl der neuen LED-Scheinwerfer erfolgten in enger Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Kreative Weiterverwendung
Die Dimensionen der ausgemusterten historischen Scheinwerfer sind beeindruckend: Das Siemens-Modell 5NA 710 aus Reinst-Aluminium wartet pro Stück mit mehr als 30 Kilogramm Gewicht und einem Glas-Durchmesser von 80 Zentimetern auf. Die defekten Leuchtmittel im Inneren wurden entfernt. Einige Exemplare werden für Archivzwecke aufbewahrt sowie an Münchner Museen und Hochschulen gegeben.

Da die übrigen ausgemusterten Scheinwerfer aber als viel zu schade für eine Entsorgung befunden wurden, haben die Stadtwerke München (SWM) mit der Münchner Akademie der Bildenden Künste die kostenfreie Übergabe von rund 40 Exemplaren vereinbart. Die Akademie gibt sie an Studierende, junge Künstler und Kultureinrichtungen weiter, zum Beispiel an das Gärtnerplatztheater und Die Verpackerei in Görisried. So erwartet die bald 50-jährigen Olympia-Scheinwerfer ein spannendes zweites Leben in der Kultur.

Neue Wirkungsstätten
Helge-Uve Braun, Technischer SWM Geschäftsführer: „Die SWM sind seit 2006 von der Landeshauptstadt München als Infrastruktur-Dienstleister mit der technischen Instandhaltung des Olympiaparks betraut. Unsere Kolleginnen und Kollegen vom Technischen Service sind tagtäglich damit beschäftigt, die historischen Anlagen am Laufen zu halten und sie – wo möglich – an den heutigen Nutzungsbedarf anzupassen. Wir freuen uns sehr, dass wir den historischen Scheinwerfern neue Wirkungsstätten ermöglichen und zugleich dem lokalen Kulturbereich etwas Gutes tun können – besonders, da die Branche coronabedingt schwere Monate hinter sich hat.“

Angela Holzwig, Pressesprecherin der Akademie der Bildenden Künste: „Als wir das Angebot der SWM weitergegeben haben, die Olympiapark-Scheinwerfer für künstlerische Projekte weiter zu verwerten, sind wir auf riesige Resonanz gestoßen. Viele Studierende haben sich gemeldet mit Ideen und Plänen. Aber auch unsere Fotowerkstatt wird Olympia-Strahler in ihren Fundus aufnehmen.“

Einige Beispiele: Die Klasse von Prof. Olaf Nicolai beschäftigt sich seit nunmehr einem Jahr mit dem Thema „Attentat”, sowie damit verbundenen Begriffen wie „Erinnerungskultur” und „Dokumentation”. Im Rahmen eines Ausstellungsprojekts im Frühjahr 2022 wenden sich die Studierenden dem konkreten Ereignis des Olympiaattentats aus dem Jahr 1972 zu und integrieren im Zuge dessen einige originale Stadionstrahler in eine Installation.

Max Weisthoff, der an der Akademie bei Olaf Metzel studiert hat, wird die Olympiastrahler hingegen zum Klingen bringen und sie „zu skulpturalen Bass-Lautsprechern“ umrüsten: „Auf einer stählernen Bügelkonstruktion werden die Objekte verschraubt und skulptural im Raum positioniert. Phasenweise sendet die Struktur dabei gerichtet extrem niederfrequente Töne aus, die Architektur und Betrachterinnen und Betrachter als unhörbare Schwingung radikal physisch durchläuft“, so der Künstler.

Bruno Wank, lange Jahre Leiter der Studienwerkstatt für Erzguss an der Münchner Kunstakademie, hat im Allgäu eine alte Käserei zu einem Ort entwickelt, der als Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst und als Experimentierraum genutzt wird. „Diese Lampen mit ihrer langen Geschichte passen sehr gut zu unserer ,Verpackerei‘, die ja ebenfalls schon eine Vergangenheit als Industrieort hat. Sie ermöglichen es uns nun, auch den Außenraum noch besser zu nutzen, den sie künftig beleuchten werden.“

Bald 50 Jahre Münchner Olympiastadion
Dass eine olympische Sportstätte auch 50 Jahre nach ihrem Bau bespielt und weiterentwickelt wird, ist durchaus außergewöhnlich. Um das Münchner Olympiastadion für anstehende Veranstaltungen wie die European Championships 2022 fit zu machen, hat der Stadtrat zuletzt im Mai die Mittel für eine umfängliche Erneuerung der Beleuchtung mittels LED-Flutlichtanlage sowie eine Rasenheizung bewilligt. In wenigen Jahren ist darüber hinaus eine Komplettsanierung mit vorübergehender Sperrung des Stadions geplant.