Bayerischer Filmpreis 2021: Ministerpräsident Söder und Digitalministerin Gerlach überreichen Auszeichnungen

Symbolbild

ndlich wieder roter Teppich und persönliche Begegnungen – im Rahmen einer feierlichen Gala im Münchner Prinzregententheater wurde der Bayerische Filmpreis 2021 verliehen. Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder überreichte den Ehrenpreis an Filmemacher Sönke Wortmann. Bayerns Film- und Digitalministerin Judith Gerlach übergab den Produzentenpreis an Fritjof Hohagen für den Film „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“. Das Bayerische Staatsministerium für Digitales ist für die Ausrichtung des Filmpreises zuständig und unterstützt maßgeblich die bayerische Filmförderung durch den FilmFernsehFonds Bayern. Die Preise für die beste Darstellerin und den besten Darsteller gingen an Johanna Wokalek und Albrecht Schuch. Den Preis für die beste Regie erhielt Dominik Graf für seinen Film „Fabian oder der Gang vor die Hunde“.

Staatsministerin Gerlach erklärte: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass wir uns nicht unsere Lebensfreude nehmen lassen und auch positive Signale senden. Mit der feierlichen Verleihung des Bayerischen Filmpreises wollen wir die großartige deutsche und bayerische Filmwirtschaft würdigen. Sie hat es in diesem Jahr geschafft, höchst kritische Themen wie Antisemitismus oder die DDR-Vergangenheit unterhaltsam und doch tiefgreifend zu vermitteln. Das ist ganz großes Kino!“

Im letzten Jahr konnte der Bayerische Filmpreises aufgrund der Pandemie nur im Rahmen einer Sendung des BR-Fernsehens überreicht werden. Der Preis wird in 12 Kategorien vergeben und ist mit insgesamt 300.000 Euro dotiert. Die Preisträger wurden von einer zehn-köpfigen Fachjury ausgewählt. Außerdem verliehen werden der Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten sowie der Publikumspreis.

Begründung zum Ehrenpreis des Ministerpräsidenten an Sönke Wortmann

„Er hat mit „Das Wunder von Bern“ (2003) und „Deutschland. Ein Sommermärchen“ (2006) spektakulär den Fußball ins Kino gebracht und Kult-Komödien wie „Der bewegte Mann“ (1994), „Das Superweib“ (1997) oder „Contra“ (2019) geschaffen – Sönke Wortmann ist ein Regisseur, der sein Handwerk meisterhaft beherrscht und seine Mitwirkenden immer wieder zu mitreißender Spiellaune inspiriert.

Aufgewachsen ist er im Ruhrgebiet, wo er nach dem Abitur einige Jahre als Profi-Fußballer aktiv war. Seine Anfänge als Künstler machte er in München, wo er an der HFF Regie studierte, als Schauspieler vor der Kamera stand und Bernd Eichinger begegnete, der ihm ein Freund und Förderer wurde. Zu den Stars in Sönke Wortmanns Filmen zählen Hollywood-Größen wie Burt Reynolds oder John Goodman und deutsche Stars wie Katja Riemann, Veronika Ferres, Johanna Wokalek, Til Schweiger, Heiner Lauterbach und Christoph Maria Herbst.

Auch als Film-Produzent und Roman-Autor ist Sönke Wortmann höchst erfolgreich. Und er zeigt sich sozial stark engagiert, unter anderem als Unterstützer der SOS-Kinderdörfer. So macht die Summe seiner Talente und Leistungen Sönke Wortmann zum hochverdienten Ehrenpreisträger.“

 

Nachfolgend die Namen der weiteren Preisträgerinnen und Preisträger und die Begründungen der Jury:

Der Produzentenpreis geht mit jeweils 100.000 Euro an Fritjof Hohagen mit seiner enigma film GmbH für die Produktion des Films „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ sowie an UFA und Constantin für die Produktion des Films „Stasikomödie“.

Begründung der Jury für den Film „Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie“ (Arbeitstitel „No Name Restaurant“):

„Auf einmal sind sie allein in der Wüste unterwegs, der Beduine Adel und der orthodoxe Jude Ben, aufeinander angewiesen. Alles was sie anfangs trennt, die Religion, ihre unterschiedlichen Missionen, spielen bald nur noch eine Nebenrolle. Sie können nur hoffen und miteinander auskommen. Den Filmemachern und Autoren Peter Keller und Stefan Sarazin ist mit ´Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie´ eine so amüsante wie nachdenkliche Culture-Clash-Komödie gelungen. Es ist dabei vor allem der Vision und der Ausdauer des Produzenten Fritjof Hohagen und seiner Enigma Film zu verdanken, dass dieser Film nun das Licht der Leinwand erblickt. Denn über die Handreichung dreier Religionen zu erzählen, von Juden, Moslems und Christen, dabei zu zeigen, dass sie am Ende gar nicht so viel trennt, bedeutete für ihn und die Produktion unzählige Hürden zu überwinden, mitunter wie Diplomaten zu arbeiten. Gedreht in Jordanien im Wadi Rum, in Jerusalem, im Kloster Gerassimos am Toten Meer wurden die Dreharbeiten zu einem echten Abenteuer. Der Genius Loci, der Geist dieser schicksalsträchtigen Stätten durchdingt ´Nicht ganz koscher – Eine göttliche Komödie´ und macht es zu einem Erlebnis, in dem fundamentale Botschaften wie Humor, Menschlichkeit und Frieden in die Welt getragen werden. So ein Kino made in Germany kennt keine Grenzen.“

Begründung der Jury für den Film „Leander Haußmanns Stasikomödie“:

„Das muss man erst einmal schaffen: einen Spielfilm zu drehen, in dem Erich Mielke vorkommt, damals Minister für Staatssicherheit der DDR, und parallel auch Allen Ginsberg, Kultfigur der Beat-Generation. Wenn das einer schafft, dann Theater- und Filmemacher Leander Haußmann, der dem wiedervereinigten Deutschland so großartige Kinofilme wie ´Sonnenallee´ oder ´Herr Lehmann´ geschenkt hat.

Sein aktueller, wie immer exzellent besetzter Coup mit dem alles erklärenden und doch auch wieder völlig in die Irre führenden Titel STASIKOMÖDIE entstand unter den Fittichen von Sebastian Werninger (UFA Fiction) und Herman Weigel sowie der Münchner Constantin Film (Christoph Müller). Die überbordende Energie und die sorgfältige, bis ins kleinste Detail präzise Arbeit dieses aufwändigen Projekts, das zugleich bezaubernd leichtfüßig daherkommt, spürt man in jeder Minute. Die darunter verborgene Wahrheit erst ein bisschen später, wenn die einstigen Gruselgestalten der Staatssicherheit zu lächerlichen Kasperlefiguren eingedampft sind und Schwarz oder Weiß nur noch Farbnuancen eines neuen, frischen Deutschlandbildes darstellen. Denn Satire darf nicht nur alles. Sie kann auch alles.“

Der Preis für die beste Regie geht mit 10.000 Euro an Dominik Graf für seinen Film „Fabian oder der Gang vor die Hunde“:

Begründung der Jury:

„Manchmal passiert es noch. Man sitzt im Kino und weiß bereits wenige Minuten nach Filmbeginn, dass hier gerade etwas noch nie Dagewesenes über die Leinwand flackert. Dass man dabei ist, eine filmische Erfahrung zu machen, die völlig andersartig ist und seinesgleichen vergeblich sucht. Kann Kino noch neu erfunden werden? Ja, sagt Dominik Graf und legt ´Fabian oder der Gang vor die Hunde´ vor. Noch nie hat sich ein historischer Film so greifbar, so haptisch, so authentisch und gleichzeitig gegenwärtig angefühlt. Wenn der Regiepreis einer für die beste und visionärste Umsetzung ist, dann hat diese fulminante Literaturverfilmung ihn definitiv verdient: Kameraführung, Montage, Szenenbild, Schauspiel-Inszenierung – das ist alles derart dynamisch, gekonnt und originell, dass es zu einer eindringlichen, beinah schwindelerregenden Vermischung von Vergangenheit und Gegenwart führt. Mit seinem Meisterwerk ´Fabian´ hat Dominik Graf all sein filmisches Können in eine Waagschale geworfen und ein für alle Mal bewiesen, dass er einer der virtuosesten, mutigsten und, in diesem Fall gibt es kaum ein passenderes Wort, ´coolsten´ Filmemacher unserer Zeit ist – und das über die Grenzen Deutschlands hinaus.“

Der Nachwuchsregiepreis (dotiert mit 10.000 Euro) geht an York-Fabian Raabe für den Film „Borga“:

Begründung der Jury:

„Die von Leid und Entbehrungen geprüften Menschen auf der Flucht nach Europa sind einem mittlerweile auf beschämende Weise vertraut. In zahllosen Nachrichtenbeiträgen, Reportagen und Dokumentationen hat man sie schon gesehen, die hoffnungsvollen Gesichter, die verzweifelten, traumatisierten und resignierten. York Fabian Raabe hat diese millionenfachen Tragödien kondensiert zu einem beklemmenden, aber auch extrem spannend anzusehenden Spielfilm, der in jeder Minute absolut authentisch wirkt und dennoch ein hohes Stilbewusstsein zeigt und auch große Emotionen nicht scheut. Mit dem schillernden Kojo (großartig gespielt von Eugene Boateng) hat Raabe eine facettenreiche Figur gestaltet, die zum Dreh- und Angelpunkt dieses überaus wahrhaftigen Films avanciert. In eindringlichen Bildern umreißt er Kojos bewegte Reise von Ghana nach Mannheim und wieder zurück. Es wird eine so erlesen wie liebevoll bebilderte Lebensreise werden, und Kojos Träume werden anschließend nie mehr dieselben sein. All dieses Weltbewegende, was sich in ´Borga´ häufig hinter einer Fassade abspielt, umreißt York-Fabian Raabe dramaturgisch virtuos, immer politisch relevant und mit einem untrüglichen Gespür, auch für kleinste Details.“

Den Preis als bester Darsteller (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Albrecht Schuch für seine Rollen in „Lieber Thomas“.

Begründung der Jury:

„Er schaut uns an, dieser Poet und Filmemacher Thomas Brasch, den Albrecht Schuch unvergleichlich vital, kämpferisch, neugierig, verführerisch und ungebremst zeigt. Und wir, die Zuschauer, schauen in ihn rein, wie er das Leben in sich aufsaugt, zunächst in der DDR als Störenfried und dann im Westen als gefeierter Literat und Filmschaffender. ´Lieber Thomas´ ist ein aufwühlender Film, in dem Leben und Werk von Thomas Brasch zum Klingen kommen. Und es ist der Leistung und den Möglichkeiten des Ausnahmeschauspielers Albrecht Schuch zu verdanken, dass wir ein Gefühl für die Bedeutung dieses Mannes und Künstlers bekommen, in all seiner Widersprüchlichkeit. Schuchs Brasch ist ein moderner Satyr, liebeshungrig und fordernd, dessen Herzschlag man in jedem Moment spürt. Er ist aber auch einer der verzweifelt, an der Familie, Herkunft und den Aussichten. Albrecht Schuch verausgabt sich in dieser Darstellung bis an die Grenzen, in dem das Innen und Außen miteinander verschmelzen. Es ist eine sensationelle Performance, großes Kino, das dieses Leben vor dem Vergessen bewahrt und die Poesie erlebbar macht, Dank Albrecht Schuch.“

Der Preis als beste Darstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) wird verliehen an Johanna Wokalek für ihre Rolle in „Beckenrand Sheriff“.

Begründung der Jury:

„Im fiktiven bayerischen Ort Grubberg bemüht sich auf bewundernswerte Weise Trainerin Silke Wilhelm das Wasserball Team endlich zum Erfolg zu führen.

Silke ist ernst und hat eigentlich wenig zu lachen in dieser heiter, leichten und dabei doch auch tiefsinnigen Tragekomödie, die vom Schwimmmeister Karl Kruse, dem Überleben eines Freibades und vor allem der Integration des Flüchtlings Sali Amadi, der nicht schwimmen kann, erzählt. Warum gerade in Markus H. Rosenmüllers Film diese Figur, die so eigenwillig und konzentriert wirkt, uns alle bezaubert und vor allem fesselt, hat einen einfachen Grund: Silke Wilhelm wird von der großartigen Schauspielerin Johanna Wokalek verkörpert. In jedem Augenblick bleibt sie geheimnisvoll, öffnet nur sparsam für uns ihre Gedanken und ihre Gefühle. Die Akkuratheit und Konzentration, mit der Silke Wilhelm als Trainerin agiert, packt uns in jeder Szene. Ob mit der Trillerpfeife am Beckenrand oder beim Kochen bei einem ersten privaten Moment mit Beckenrand Sheriff Karl Kruse. Ihre Kontrolle entwickelt sich zum Magneten – man muss dieser Frau einfach zuschauen! Wenn diese Silke Wilhelm Puzzle spielt – wo sie doch eigentlich flirten sollte – dann ist das einfach nur einzigartig und umwerfend! Hat das deutsche Kino jemals einen erotischeren sinnlicheren Puzzle Einsatz im Film gesehen? Die Jury findet nein und sagt danke und herzlichen Glückwunsch zum Bayerischen Filmpreis!“

Der Preis für den besten Nachwuchsdarsteller (dotiert mit insgesamt 5.000 Euro) wird verliehen an Emil von Schönfels und Mekyas Mulugeta für ihre Rollen in „Räuberhände“.

Begründung der Jury:

„Das Abitur ist überstanden. Jetzt geht es endlich los, das wahre Leben! Vor den besten Freunden Janik (Emil von Schönfels) und Samuel (Mekyas Mulugeta) liegt eine Zukunft voller Verheißungen und Partys. Glauben sie. Aber tatsächlich wird alles dann doch ganz anders. Der Berliner Regisseur Ilker Catak (´Es gilt das gesprochene Wort´) hat mit ´Räuberhände´ aus dem gleichnamigen Roman von Finn-Ole Heinrich einen dichten, atmosphärisch mitreißenden Spielfilm geschaffen. Kamerafrau Judith Kaufmann liefert die wunderbar stimmigen, hypnotischen Bilder dazu.

Dass diese Adaption von ´Räuberhände´ aber so meilenweit aus dem Meer vergleichbarer Coming-of-Age-Filme herausragt und bis zu ihrem Ende einen regelrechten Sog entwickelt, liegt auch an den beiden so präzise wie unprätentiös agierenden jungen Schauspielern. Emil von Schönfels kennt man bereits aus ´Babylon Berlin´. Mekyas Mulugeta gibt in ´Räuberhände´ sein beachtliches Debüt. Ihr Zusammenspiel als beste Freunde, die mal zusammen träumen und mal erbittert streiten, hat vom ersten Auftritt an etwas herrlich Selbstverständliches und Ungekünsteltes. Scheinbar mühelos machen sie diese fragile Zeit des Erwachsenwerdens mit all den dazugehörigen Bruchlinien und Irritationen erlebbar.“

Den Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin (dotiert mit 5.000 Euro) wird verliehen an Sara Fazilat für „Nico“.

Begründung der Jury:

„Im Zentrum des rundherum gelungenen Spielfilmdebüts ´Nico´ von Eline Gehring steht eine junge deutsch-persische Frau, die von Sara Fazilat mitreißend und absolut authentisch verkörpert wird. Die selbstbewusste, allseits beliebte Krankenpflegerin Nico genießt den Sommer in der Stadt, als ein brutaler, fremdenfeindlicher Übergriff sie jäh aus ihrem Alltag reißt. Die Geschichte, die ´Nico´ in präzisen Schlaglichtern erzählt, wirkt mitten aus dem Leben gegriffen. Das kann jeder passieren, jeden Tag, überall. Eline Gehring erzählt stimmig, extrem realitätsnah und weiß die cineastischen Mittel geschickt und überzeugend einzusetzen. Dass uns ´Nico´ aber derart ungebremst voll ins Herz trifft, liegt in erster Linie an der schauspielerischen Tour de Force von Sara Fazilat, Ihrer enormen Wucht und Ausdruckskraft, ihrer ungekünstelten Natürlichkeit und wunderbaren emotionalen Wandlungsfähigkeit. Dank des klug verdichtenden Drehbuchs (an dem Fazilat zudem als Co-Autorin mitwirkte) und der bestechenden Umsetzung packt uns diese Figur und lässt uns bis zum Schluss des Films nicht mehr los, nicht mehr in Ruhe. Ganz egal ob es um Karate oder um ihre Freundschaft zu Rosa oder Ronny geht: Sara Fazilat verkörpert ein unprätentiöses, zeitgemäßes Frauenbild, das man sich viel häufiger auf die Leinwand wünscht.“

Den Drehbuchpreis (dotiert mit insgesamt 10.000 Euro) erhalten Maria Schrader und Jan Schomburg für den Film „Ich bin dein Mensch“.

Begründung der Jury:

„Ein Mensch stellt seine Liebe bedingungslos in den Dienst der Glücksempfindung seiner Partnerin: ICH BIN DEIN MENSCH – ein Traum oder eher ein Albtraum?

Für die Wissenschaftlerin Alma erscheint dieser neue Mann, der ihr jeden Wunsch erfüllen möchte, definitiv als dunkler Fleck in ihrem Leben. Erstens sucht sie keinen Mann und zweitens ist Tom, so heißt der neue Mensch, ein Roboter. Sie soll also Probandin spielen, in einem Selbstversuch, bei dem sie ein Gutachten erstellen muss. Dass sie sich auf dieses Wagnis schließlich einlässt, geschieht nicht selbstlos, sondern aus purer Berechnung für eigene Forschungsmittel. Maria Schrader und Jan Schomburg starten ihr Drehbuch ohne Schnörkel und Umwege, sie vertrauen vollkommen ihrer Prämisse und ihrem Können. Dabei begeben sich die beiden in einen Bereich, der in der deutschen Filmlandschaft eher gemieden wird: das Genre Science-Fiction. Und als ob das nicht schon genug an Schreibabenteuer und Neuland bedeuten würde, setzen sie noch eins drauf und flirten leicht und spielerisch mit der Komödie. Dass dieser Mix so fantastisch funktioniert, liegt an einem klugen, auf das Wesentliche fokussierten Plot, aber vor allem an den intelligenten Dialogen, die uns mit Wortwitz und Originalität überraschen. Hier werden große Menschheitsfragen vielstimmig verhandelt und nicht selten vergessen wir beim Zuschauen und vor allem Zuhören, dass einer der beiden Liebenden seine Sprache einem Algorithmus verdankt. ICH BIN DEIN MENSCH ist große sprachliche Filmkunst die uns auf virtuose Weise und dank der großartigen Umsetzung sowie dem fantastischen Cast bewegt, berührt, unterhält und vor allem lange nachhallt. Danke und herzlichen Glückwunsch für ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Drehbuch an Maria Schrader und Jan Schomburg.“

Den Preis für die beste Bildgestaltung (dotiert mit 10.000 Euro) bekommt Hanno Lentz für den Film „Fabian oder der Gang vor die Hunde“.

Begründung der Jury:

„Was davon ist gestern, wieviel heute? Bereits die erste Einstellung führt elegant und unmerklich von der Jetztzeit in den Beginn der 1930er Jahre – die Frische, die Skizzenhaftigkeit der Bildsprache widersetzt sich dem monströsen Gewicht der Historie und langt immer wieder nach der Gegenwart. Hanno Lentz erfindet dafür ein im Wortsinne ungewöhnliches Repertoire an visuellen Vokabeln, scheinbar mühelos zusammengefügt (in meisterlicher Montage von Claudia Wolscht) zu einer selten gesehenen Poesie der Flüchtigkeit und Vielschichtigkeit, und gibt so der fast hundert Jahre alten Vorlage ganz aktuellen emotionalen und gesellschaftspolitischen Resonanzraum.“

Den Preis für den besten Kinder- und Jugendfilm (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Lars Montag für „Träume sind wie wilder Tiger“

Begründung der Jury:

„Ja, gibt’s denn so was? Der 12jährige Inder Ranji will nicht – wie seine Eltern – nach Deutschland. Er träumt davon mit dem Bollywood-Star Amir vor der Kamera zu stehen.

Auf Germany hat er gar keine Lust und es gibt gute Gründe, denn in Berlin mag es Geld geben, aber wenig Freude, Tanz und Musik. Lars Montag unternimmt ein gewagtes Spiel, indem er in seiner Culture-Clash-Komödie mit deutschen wie indischen Stereotypen arbeitet. In den großartigen Showeinlagen seines Ensembles, gelingt es ihm aber, alles sehr gekonnt abzufedern und unterhaltsam aufzunehmen. TRÄUME SIND WIE WILDE TIGER ist ein in jeder Hinsicht feurig überbordender, lustiger, farbenfroher und ungewöhnlicher Kinderfilm. Es ist der Versuch, aus einer indischen Perspektive Deutschland zu erleben. Dass dieser deutschen Produktion um Lars Montag so viel Bollywood gelungen ist, hat die Jury kaum stillhalten lassen.“

Der Dokumentarfilmpreis (dotiert mit 10.000 Euro) geht an Michael Kranz für den Film „Was tun?“.

Begründung der Jury:

„Eine Szene aus Michael Glawoggers Film WHORES‘ GLORY von 2011 konnte Regisseur Michael Kranz nie vergessen. Jetzt will der weiße Filmstudent ein bengalisches Mädchen aus der Prostitution retten. Was zunächst nach einer White-Saviour-Narration klingt, wird zur Dissektion genau dessen, mit dokumentarischen Mitteln. WAS TUN durchspielt eine ethisch komplexe Frage in der Praxis. „Aus guten Gründen nichts getan hab ich schon oft genug“, sinniert Michael Kranz in seinem selbstreflektierenden Dokumentarfilm und begibt sich auf die Suche nach dem Mädchen und nach Antworten auf Fragen, die ihn und das Publikum nicht mehr loslassen werden. Seine Reise erfordert Ergebnisoffenheit und den Mut zum Scheitern, was Michael Kranz zu einem wahren Reisenden macht. Aber er reist nicht nur in ein fernes Land, sondern auch in einen filmischen Raum, in die Leinwand von Glawoggers Film, und führt dessen Geschichte fort. Er schafft es, eine sonst unüberwindbare Grenze zu durchqueren: die Grenze zwischen Publikum und Kinoleinwand. Durch die direkte Erzählweise und lebendige Kameraführung, entzieht Michael Kranz dem Zuschauer jede Möglichkeit sich durch Intellektualisierung Distanz zu schaffen. So endet dieses essayistisch-investigative Zeitdokument mit Fragen an uns, ans Leben, und an den Dokumentarfilm selbst.“

Der Preis für den besten Schnitt (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Maria Speth für den Film „Herr Bachmann und seine Klasse“.

Begründung der Jury:

„Maria Speth lässt uns in die Klassengemeinschaft einer Gesamtschule in Hessen eintauchen, einer völlig heterogenen Gruppe mit der drängenden Frage im Gepäck, wie es nach der Sechsten schulisch weitergeht. Und wir dürfen den Lehrer Bachmann kennenlernen, der mit seinen außergewöhnlichen Methoden uns alle zum Träumen von einer besseren (Schul-)Welt bringt.

Etwa 200 Stunden Material hat Maria Speth durch ihre geduldigen, genauen Beobachtungen zusammengetragen. Daraus entstanden ist in drei langen Jahren Schneideraum ein so gar nicht lang anmutender dreieinhalbstündiger Dokumentarfilm, der liebevoll die Entwicklung seiner Heldinnen und Helden herausarbeitet, klaren dramaturgischen Linien folgt und gekonnt auch komische Szenen und kleine Running Gags einstreut. Man kann nur ahnen, welch unglaubliches erzählerisches Können, Durchhaltevermögen und welch Hingabe dafür nötig waren.

Diese Leistung von Maria Speth im Schneideraum macht aus ´Herr Bachmann und seine Klasse´ ein ganz großes Kinoerlebnis.“

Der Publikumspreis geht an den Film „Catweazle“ von Regisseur Sven Unterwaldt mit Otto Waalkes in der Hauptrolle.

Vom 4. bis zum 30. April 2022 konnten Kinofans aus den fünf zuschauerstärksten deutschen Filmen des Jahres ihren Lieblingsfilm auswählen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer von kinokino, dem Filmmagazin des Bayerischen Rundfunks, und die Hörerinnen und Hörer von BAYERN 1 haben den Film „Catweazle“ von Regisseur Sven Unterwaldt mit Otto Waalkes in der Hauptrolle zu ihrem Favoriten gewählt.

Die Mitglieder der Jury zum Bayerischen Filmpreis 2021 sind: Dagmar Biller, Daniel Curio (Vorsitz), Dorothee Erpenstein, Tim Fehlbaum, Matthias Fleischer, Ulrike Frick, Alireza Golafshan, Carlos Gerstenhauer, Rudolf Huber und Bettina Reitz.