Bayerischer Gesundheitsminister Klaus Holetschek besucht Post-COVID-Ambulanz am LMU Klinikum Großhadern

Bayerischer Gesundheitsminister Klaus Holetschek besucht Post-COVID-Ambulanz am LMU Klinikum Großhadern
Quelle: LMU Klinikum München

Die Behandlung der Langzeitfolgen einer Erkrankung mit dem Corona-Virus, Post- oder Long-COVID genannt, werden Gesundheitssystem und Gesellschaft lange über die Zeit der eigentlichen Pandemie hinaus beschäftigen. „Denn diese Langzeitfolgen haben das Potenzial zur Volkskrankheit und für die Betroffenen müssen nachhaltige und qualitativ hochwertige Versorgungsstrukturen geschaffen werden“, betont der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek.

Fachleute schätzen, dass etwa zehn Prozent aller Corona-Infizierten mit unterschiedlichsten Langzeitfolgen zu kämpfen haben dürften. Das entspräche in Bayern aktuell rund 60.000 Menschen. Die Dunkelziffer könnte aber noch höher liegen. Zu den möglichen Spätfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion gehören unter anderem Lungenfunktionsstörungen, Herzbeschwerden, geringere Leistungsfähigkeit, Schmerzen und Erschöpfungszustände sowie psychische Beschwerden wie Depressionen oder Angstzustände.

Interdisziplinäre Post-COVID-Ambulanz am LMU Klinikum
Das LMU Klinikum München hat bereits im September 2021 eine interdisziplinäre Post-COVID-Ambulanz aufgebaut. Diese Ambulanz wird aktuell im Rahmen des vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderten Projekts „Post-COVID LMU“ erweitert. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek informierte sich bei seinem Besuch über das Projekt des LMU Klinikums München, das der Freistaat Bayern seit November 2021 mit fast 580.000 Euro unterstützt. Er betonte: „Post-COVID kann die Lebensqualität Betroffener massiv einschränken. Klar ist: Corona-Langzeitfolgen können jeden Erkrankten treffen, unabhängig vom Verlauf der Infektion. Long-COVID könnte das neue Volksleiden werden. Die Beschwerden der Menschen müssen sowohl gesellschaftlich als auch medizinisch ernst genommen werden! Wir dürfen sie mit ihren teils gravierenden Einschränkungen nicht alleinlassen. Mein Ziel ist es, Post-COVID-Betroffenen einen schnellen und adäquaten Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen.“

Ziel von Post-COVID LMU ist eine interdisziplinäre und sektorenübergreifende Versorgungs- und Forschungsstruktur zur Behandlung von Post-COVID-Patient:innen zur Verfügung zu stellen. Das universitäre Behandlungsangebot wird dabei ergänzt durch telemedizinische Sprechstunden und fachübergreifende Fallkonferenzen. So soll fundiertes Wissen über die Mechanismen hinter der neuartigen Erkrankung erlangt werden und interdisziplinäre Therapiekonzepte für Patient:innen mit dem Post-COVID-Syndrom entwickelt werden. „Die Beschwerdebilder der Patient:innen sind oft sehr vielfältig und bedürfen der engen Zusammenarbeit spezialisierter Fachrichtungen“, sagt Dr. Hans Christian Stubbe von der Medizinischen Klinik II. „Weil die Symptome der Patienten so vielschichtig sind und von Müdigkeit und Energielosigkeit bis zu Seh- oder Bewegungsstörungen reichen ist es so wichtig, dass das LMU Klinikum die Behandlung aus einer Hand, mit einer Anlaufstelle, aber mit vielen Spezialisten anbietet“ sagt Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, der Ärztliche Direktor des LMU Klinikums München.

Zusätzlich soll Post COVID LMU einer strukturierten wissenschaftlichen Aufarbeitung der Erkrankung, dem Wissenstransfer in die Breite sowie der Etablierung eines Behandlungsnetzwerks zwischen niedergelassenen Ärzt:innen sowie Rehaeinrichtungen in Bayern und dem LMU Klinikum dienen. Inzwischen wurden rund 250 Patient:innen mit Post-COVID behandelt.

Duales Behandlungskonzept
Neben der somatischen Medizin spielen auch die psychiatrischen Erkrankungen und psychische Belastungen wie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, gedrückte Stimmungslage und Schlafstörungen im Zusammenhang mit einer COVID-19 Erkrankung eine wichtige Rolle – insbesondere bei Long- oder Post-COVID. „Wir empfehlen deshalb ein duales Behandlungskonzept mit zeitgleicher Beurteilung des Patienten durch einen somatischen und psychiatrischen Experten, um das komplexe Krankheitsbild adäquat zu erkennen und unnötige und redundante Maßnahmen zu vermeiden sowie Patienten schnellstmöglich der individuell am besten geeigneten Behandlung zuzuführen“, betont Frau PD Dr. Adorjan von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie.

Bereits Anfang 2022 wurde die ebenfalls an dem Projekt beteiligte Physikalische Medizin und Rehabilitation am LMU Klinikum mit dem hochmodernen „hunova“-Robotersystem ausgestattet. Damit lassen sich neurologische und kognitive Folgestörungen einer COVID-19-Erkrankung quantitativ erfassen sowie individuelle Rehabilitationsansätze entwickeln. „Koordinationsstörungen und die eingeschränkte Fähigkeit, die eigene körperliche Belastbarkeit richtig einzuschätzen, können hier mit Hilfe von direktem digitalen Feedback trainiert und verbessert werden“, erklärt PD Dr. med. Eduard Kraft, Leiter der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin und der interdisziplinären Schmerzambulanz der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am LMU Klinikum.

Defizite sollen so frühzeitig, zielgerichtet und personalisiert erkannt und behandelt werden können, damit sich die Symptome der Patient:innen nicht dauerhaft verfestigen.

Weitere COVID-Projekte am LMU Klinikum
Der Bayerische ambulante COVID-19-Monitor (BaCoM) wird vom Gesundheitsministerium mit 3,4 Mio. Euro gefördert. BaCoM ist eine interdisziplinäre Studie, die psychische, soziale, klinische und physiologische Auswirkungen von COVID-19-Erkrankungen bei Pflegebedürftigen in der ambulanten und stationären Langzeitpflege untersucht.

Die bayernweite Langzeitstudie COVID Kids Bavaria, an der alle sechs bayerischen Universitätskliniken unter Federführung des Dr. von Haunerschen Kinderspitals teilgenommen haben, ist ein weiteres innovatives, vom Gesundheitsministerium mit 1 Mio. Euro gefördertes Projekt.