BMW stiftet TUM-Lehrstuhl für Quantencomputing

BMW stiftet TUM-Lehrstuhl für Quantencomputing
v.l.n.r.: Frank Weber Mitglied des Vorstands BMW Group ; Prof. Thomas Hofmann Praesident der Technischen Universitaet Muenchen ; Alexander Buresch CIO und Senior Vice President BMW Group IT - © Uli Benz / TUM

BMW und TUM schließen Vertrag für Stiftungslehrstuhl „Quantenalgorithmen und -anwendungen“.

Die BMW Group unterstützt künftig die Forschung an Quantencomputern an der Technischen Universität München (TUM). Der Vertrag für die Gründung des Stiftungslehrstuhls „Quantenalgorithmen und -anwendungen“ wurde von Prof. Dr. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM, Frank Weber, Mitglied des Vorstands der BMW AG, Entwicklung, und Alexander Buresch, CIO der BMW AG, unterzeichnet. Die BMW Group stellt über eine Laufzeit von sechs Jahren 5,1 Mio. Euro für Professur, Ausstattung und Mitarbeiter an der TUM bereit.

Mit diesem Schritt schlagen BMW Group und TUM eine Brücke zwischen herausragender Grundlagenforschung in Deutschland und konkreter industrieller Anwendung. Der Lehrstuhl wird anwendungsorientiert an konkreten Problem- und Fragestellungen im Bereich Quantencomputing forschen und einen stetigen Wissens- und Erkenntnistransfer zwischen TUM und der BMW Group etablieren.

Frank Weber: „Für die BMW Group steht fest, dass Quantencomputing eine wegweisende Zukunftstechnologie ist und erhebliches Potenzial für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen hat – z. B. in der Materialforschung, wie der Batteriezellchemie, oder für die Zukunft des automatisierten Fahrens mit Quantum Machine Learning. Die Technologiereife befindet sich aber noch am Anfang. Deshalb ist es für uns besonders wichtig, Spitzenforschung sowie ihren Transfer in die industrielle Anwendung bestmöglich zu unterstützen.“

Prof. Dr. Thomas F. Hofmann: „Mit dieser Kooperation stärkt die Achse BMW-TUM das Munich Quantum Valley als bundesweit führendes Ökosystem für Quantentechnologien. Quantencomputing hat das Potential künftig komplexe Aufgaben zu lösen, die selbst mit heutigen Supercomputern undenkbar sind. Am neuen Stiftungslehrstuhl werden dazu Quantenalgorithmen entwickelt und Anwendungsfelder erprobt. Die großzügige Unterstützung durch die BMW Group wird die notwendige Hebelwirkung erzeugen, um die Erkenntnisse der Quantenphysik in industrielle Anwendungen zu übersetzen.“

Alexander Buresch: „Um eine wirtschaftliche Umsetzung unserer konkreten Anwendungsfälle zu ermöglichen, muss eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Startup-Landschaft sichergestellt werden. Dabei geht es darum, dass Anforderungen aus Industrieapplikationen an die Entwicklung von Quantencomputing-Demonstratoren weitergegeben werden. Unser Expertenteam freut sich darauf, gemeinsam mit der TUM dieses wichtige Forschungsfeld anwendungsorientiert voranzubringen.“

Die Einrichtung des Lehrstuhls bekräftigt das Bestreben der BMW Group, die Region München als Hochtechnologiestandort nachhaltig weiterzuentwickeln und stellt einen wesentlichen Baustein für den Aufbau des Munich Quantum Valley dar, dessen unterschiedliche Initiativen von der bayerischen Landesregierung mit 300 Mio. Euro gefördert wurden.

In vielen weiteren Themenfeldern besteht bereits eine enge Partnerschaft zwischen der TUM und der BMW Group. Hervorzuheben sind hierbei die Batterieforschung, Circular Economy, automatisiertes Fahren, künstliche Intelligenz in der Produktion und die Mobilitätsforschung. In der Lehre unterstützt die BMW Group die Praxisnähe durch unterschiedliche Gastvorlesungen und Projektarbeiten. Außerdem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem TUM Institute for Lifelong Learning.

Großes Potenzial für die Lösung von Optimierungsproblemen

Bei der BMW Group erledigen High-Performance-Computer täglich für rund 3.000 Anwender aus Forschung und Entwicklung etwa 2.000 Rechen-Jobs, zum Beispiel für High-End-Visualisierungen, Crash- und Strömungssimulationen. Ein Großteil der Rechenoperationen läuft auf Servern in Island und Schweden ab, die Grünstrom aus Wasserkraft und Geothermie beziehen und somit pro Jahr etwa 5.900 Tonnen CO2 einsparen. Ab einer gewissen Berechnungs-Komplexität stoßen High-Performance-Computer heute an ihre Grenzen, da sie wie Laptops oder Smartphones Informationen in einem Binärsystem verarbeiten. Die Bits – eine Wortkreuzung aus „binary“ und „digit“ – haben entweder den Wert 0 oder 1. Bei Quantencomputern heißt die kleinste Informationseinheit Qubit – eine Kurzform für „quantum bit“. Diese Qubits können viel mehr sein als nur 0 oder 1. Quantenmechanische Phänomene wie der „Tunneleffekt“, die „Quantenverschränkung“ und „Quanteninterferenz“ werden genutzt, um Qubits in einen Zustand zu versetzen, der auch Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann – und zwar theoretisch unendlich viele zur selben Zeit. Dabei spricht man vom Superpositionszustand.

Die BMW Group hat Quantencomputing bereits 2017 als wegweisende Zukunftstechnologie identifiziert und ein interdisziplinäres, bereichsübergreifendes Projektteam aufgesetzt, um Anwendungspotenziale zu identifizieren.

Eines der ersten Forschungsprojekte der BMW Group beschäftigte sich mit der Berechnung des optimalen Rundwegs für einen Roboter, der Schweißnähte an einem Fahrzeug abdichtet. Auf Grund von hochkomplexen Rahmenbedingungen ist der Lösungsraum so groß, dass die Identifikation des Optimums sogar auf aktuellen High-Performance Computern Jahre dauern würde. Mit Quantencomputern ist eine Berechnung aller Möglichkeiten in nur wenigen Sekunden möglich.

Durch die hohe Komplexität in der automobilen Wertschöpfungskette entstehen u. a. in der Produktion, Teile-Logistik und Fahrzeugentwicklung vielschichtige Optimierungsprobleme. In der Materialforschung werden Quantencomputer die Möglichkeit bieten, das Verhalten von Materialzusammensetzungen auf einer bisher nicht dagewesenen Ebene zu simulieren, beispielsweise für die Forschung an neuartigen Batterien.

Ein immer stärker wachsendes Forschungsgebiet ist auch das sogenannte Quantum Machine Learning. Hier werden Quantencomputer eingesetzt, um bestimmte Prozesse im klassischen Machine Learning zu beschleunigen. Diese neuartigen Lernprozesse für künstliche Intelligenzen könnten insbesondere auch beim automatisierten Fahren eingesetzt werden.