Bürgerforscherprojekt „Igel in Bayern“ wird fortgesetzt

Viele Menschen nahmen an der Igelzählung teil – Gärten sind für Igel wichtiger als angenommen

Wie geht es dem Igel in Bayern und seinem Lebensraum? Diese Frage will das Bürgerforscher-Projekt „Igel in Bayern“ klären, das der Bayerische Rundfunk und der Landesbund für Vogelschutz gemeinsam am 23. März dieses Jahres gestartet haben. Bürger in ganz Bayern waren aufgerufen, gesichtete Igel über das Internet oder per App zu melden. Über 20.000 Meldungen sind eingegangen, über 28.500 Tiere wurden gesichtet – zwei Drittel davon lebendig. Damit hat „Igel in Bayern“ die Erwartungen der beiden Projektpartner BR und LBV weit übertroffen, das Projekt  wird im Frühjahr 2016 fortgesetzt.

Derzeit gleichen  Fachleute der Hochschule Rottenburg alle Meldedaten unter der Fragestellung „Wo werden Igel gefunden?“ mit den bayerischen Landnutzungsdaten ab.
Per Hochrechnung soll daraus eine Karte der Igelpopulationen für ganz Bayern entstehen, die mit den Daten aus dem kommenden zweiten Projektjahr verifiziert werden kann. Mittelfristig soll das Projekt klären, wie es dem Igel in Bayern und seinem Lebensraum geht, um konkrete Schutzmaßnahmen für ihn zu entwickeln.

Nach den bisherigen Erkenntnissen starb die Mehrzahl der erfassten toten Tiere wie erwartet im Straßenverkehr. Dabei ist jedoch auffällig, dass die meisten überfahrenen Igel in der Nähe von Siedlungsbereichen gemeldet wurden. „So liegt die Vermutung nahe, dass sich der Igel als Kulturfolger tatsächlich weitgehend aus dem Waldrandbereich und der Feldflur zurückgezogen hat und nun hauptsächlich in unseren Gärten wohnt“, erklärt Martina Gehret, LBV-Igel-Expertin. Dieses Ergebnis unterstreicht, wie wichtig es ist, Gärten naturnah anzulegen.

Während der Projektlaufzeit wurde bereits deutlich, dass der Igel nicht nur unter dem Verlust des Lebensraums, erhöhtem Verkehrsaufkommen und dem Einsatz von Giften leidet. „Durch seine Beliebtheit und seine scheinbare Unbeholfenheit wird der Igel allzu oft Opfer falsch verstandener Tierliebe“, berichtet Martina Gehret. Menschliche Hilfe benötigen nur verletzte, kranke, mit Parasiten befallene, unterernährte Igel sowie verwaiste junge Igel – gerade zur Herbstzeit werden Igel jedoch viel zu oft eingesammelt und in Kellern überwintert.

Diesem Problem wirkt neben zahlreichen Berichten in den BR-Programmen insbesondere die Homepage www.igel-in-bayern.de entgegen, über die auch die meisten Igelmeldungen eingingen. BR und LBV bieten dort einer aktiven Nutzer-Community regelmäßig Wissen an über die Tiere und den artgerechten Umgang mit ihnen. Armin Olbrich, Ressortleiter Wissen im Bayerischen Fernsehen: „Der BR kann so nicht nur viele Menschen aufmerksam machen und informieren, sondern auch dazu motivieren, aktiv im Garten etwas für den Igel zu tun. Letztendlich – und das ist das Wichtigste – können wir damit alle einen wertvollen Beitrag zum Naturschutz leisten.“

Neben der Igel-Erfassung über Homepage und App waren für das Projekt auch 50 sogenannte Berufspendler auf Bayerns Straßen unterwegs. Die Bekannteste unter ihnen ist die Schauspielerin Anna Maria Sturm. Außerdem steht der LBV mit dem Wissenschaftler Prof. Josef H. Reichholf in Kontakt. Letzterer sammelt bereits seit 40 Jahren auf der Strecke München-Bad Füssing Daten über Igel. Durch den Vergleich über Jahrzehnte konnte Josef Reichholf auf seiner Stammstrecke bereits einen Rückgang der Igelpopulation um 40 Prozent nachweisen.

Nach dem Winterschlaf der Igel werden der Bayerische Rundfunk und der Landesbund für Vogelschutz im Frühling 2016 in ein zweites Projektjahr starten.

Weitere Informationen unter: www.igel-in-bayern.de