Bundespolizei zieht positives Wiesnfazit 2016

Auch wenn das Münchner Oktoberfest noch einige Stunden läuft – nach 17 Tagen und Nächten im „Wiesnwahnsinn“, in denen sich die Landeshauptstadt im Ausnahmezustand befindet – zieht die Münchner Bundespolizei eine positive Bilanz des 183. Oktoberfestes.

„Der Besucherrückgang auf der Wiesn war auch in unseren Einsatzabschnitten Hauptbahnhof und Hackerbrücke deutlich zu spüren“ so Polizeidirektor Jürgen Vanselow. Der Dienststellenleiter, dem während des diesjährigen Oktoberfestes rund 175 zusätzliche Beamtinnen und Beamten unterstanden, darunter ca. 60 Beamte von Spezialeinsatzverbänden, zog aber nicht nur deswegen eine positive Bilanz. „Es gab auch einen weiteren leichten, erfreulichen Rückgang in der Gesamtsicht aller Strafanzeigen“

Deutlich rückläufig gegenüber den Vorjahren nahm die Bundespolizei das Reisendenaufkommen am Münchner Hauptbahnhof und am S-Bahnhaltepunkt Hackerbrücke wahr. „Der reibungslose Zu- und Abfluss der Festbesucher ist für alle Einsatzkräfte ein zentraler Schwerpunkt“, so der Chef der Münchner Bundespolizei zur Aufgabenstellung. „Deswegen sehe ich es mit einem lachenden Auge, wenn sich die Massenproblematik der Vorjahre leicht zurückentwickelt. Einzig am letzten Wiesnsamstag war das Aufkommen im Hauptbahnhof – sowohl von der Anzahl der Reisenden aber auch den Einsatzanlässen, die es Abends fast im Minutentakt zu bewältigen gab – mit Schwerpunkttagen früherer Jahre vergleichbar. Und auch auf der Hackerbrücke nahmen die Einsatzkräfte deutlich weniger mit der S-Bahn reisende Wiesnbesucher wahr. Die vor Jahren eingeführte Blockabfertigung musste – wie schon im Vorjahr – auch 2016 nicht angewandt werden!“

„Weniger Störungen im S-Bahn- und Zugverkehr sowie ein Rückgang von Alkoholisierten in den Gleisbereichen (1* statt 6) bewahrten die Fahrgäste vor größeren Behinderungen oder Störungen“ so Vanselow. Lediglich ein betrieblich bedingter Oberleitungsschaden am Freitag, den 1. Oktober, im Bereich der S1 bei Freising, sorgte für erhebliche Behinderungen im Abreiseverkehr.

„Die deutliche Zunahme von herrenlosen Gepäckstücken (+33%*) brachte für die Beamten mehr Einsätze. Darauf waren wir aber mit Sprengstoffsuchhunden und Entschärfern bestens vorbereitet.“ Diese Zunahme hing aber nicht wesentlich mit dem Wiesneinsatz zusammen. Bereits seit Jahresbeginn zeigt sich, dass Reisende und DB-Mitarbeiter immer häufiger „verdächtige“ Gegenstände an die Bundespolizei melden. Im Durchschnitt galt es pro Wiesntag vier (51*, damit +17) solcher Einsatzanlässe zu bewältigen. Dabei kam es nur einmal, am 20. September, zwischen 16:45 und 17:10 Uhr zu größeren Auswirkungen. Am S-Bahnsteig des Hauptbahnhofes mussten Spezialkräfte einen herrenlosen Koffer genauer in Augenschein nehmen. Insgesamt lobt der Inspektionsleiter aber die Wiesnbesucher: „Viele Reisende hatten sich auf das Rucksack- und Taschenverbot auf der Wiesn vorbereitet und haben uns damit die Arbeit erleichtert.“

„Als hilfreich bei der Aufklärung von Straftaten hat sich einmal mehr die in München gut ausgebaute Videoüberwachung an Bahnhöfen, Haltepunkten und S-Bahnen gezeigt“, so Vanselow. „Dass unsere Einsatzleiter sich an nahezu allen Brennpunkten des Hauptbahnhofes, der Hackerbrücke sowie den Tunnelbahnhöfen zudem einen schnellen Überblick über die Lage verschaffen und damit noch schneller reagieren können“, wertet er erneut als eines der Erfolgsrezepte des am späten Abend zu Ende gehenden Einsatzes. Bedeuten doch die über fünf Millionen Oktoberfestbesucher den personenmäßig größten Einsatz, den die Bundespolizei in zwei Wochen bundesweit an einem Stück zu bewältigen hat. Erstmals zum Einsatz kam dabei ein sogenannter Mast-Lastkraftwagen. Ein weißer Transporter auf dem an einem Mast eine ausfahrbare und schwenkbare Videokamera Livebilder direkt in die Einsatzzentrale sendet. So konnte bei brenzligen Situationen oft schnell der richtige Personaleinsatz entsandt werden.

Ungebremster Anziehungsmagnet für viele über die Hackerbrücke reisende Wiesngäste -aber auch Journalisten- war auch heuer wieder der Lautsprecherkraftwagen der Bundespolizei. „Auch wenn manche meinen, das Abspielen von Partymusik wäre dem Polizeieinsatz nicht angemessen. Die Erfahrungen zeigten erneut, wer singt und tanzt, kann Wartezeiten besser ertragen, wird weniger  aggressiv und befolgt auch notwendige Lenkungsmaßnahmen“, so der Inspektionsleiter.

Bei den großen Menschenmassen und der Vielzahl stark alkoholisierter Wiesnbesucher kann es trotz vielfältigem Bemühen um Deeskalation nicht ausbleiben, dass es auch zu Straftaten kommt. „Bei den Straftaten“, so Vanselow „gab es zwar einen erfreulichen leichten Rückgang“, allerdings bereite ihm „die auf hohem Niveau stagnierende Gewaltkriminalität Sorge. Obwohl deutlich weniger Menschen kommen, bewegen sich Körperverletzungsdelikte (wie im Vorjahr 71*) weiter auf hohem Niveau.“

„Auch wenn Straftaten und Verletzungsintensität nur selten vergleichbar sind“, so der Polizeidirektor, „sollte man nicht unerwähnt lassen, dass die betroffenen Opfer glücklicherweise fast ausnahmslos lediglich leichtere Blessuren davongetragen haben“. Sicher auch ein Verdienst des oft frühen Einschreitens der Einsatzkräfte, die vor allem im Zugangsbereich Bayerstraße zumeist alkoholbedingte Animositäten oft vorzeitig im Keim erstickten.

Als „ungewöhnlich und gegen den Bundestrend“ kommentiert der Inspektionsleiter den Rückgang von Diebstählen. Statt 80 wie im Vorjahr gab es heuer nur mehr 68* bisher angezeigte Diebstähle. „Hier dürften sich zurückliegende Erfolge unserer Taschendiebstahlsfahnder bei dem einen oder anderen Täter(kreis) herumgesprochen haben. Die meisten der Bestohlenen haben es den Tätern mit ihrem Verhalten oder ihrem physischen Zustand aber oft auch sehr einfach gemacht“, tadelt Vanselow manches Opfer, dass selbstverschuldet leichte Beute wurde.

Während sich Beleidigungsstraftaten (36*) auf Vorjahresniveau (35) bewegten, gingen gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr von 7 auf 3* Delikte deutlich zurück. Einen starken Anstieg gab es im Bereich der Festnahmen. Zwar waren die straftatenbedingten Einschließungen (4*) annähend gleich (5), doch die präventiv ausgesprochenen Gewahrsamnahmen haben um rund zwei Drittel (von 10 auf 30*) zugenommen. Zumeist handelte es sich dabei um den Schutzgewahrsam deutlich alkoholisierter Personen, die ihren Weg nicht mehr alleine fortsetzen konnten.

Die Zahl registrierter Hilfeleistungen stieg von 17 im letzten auf 26* in diesem Jahr. In einem Fall am 30. September erkannten Einsatzkräfte einen im Hauptbahnhof in Tracht gekleideten, stark schwanken Mann mit Babytrage-Rucksack auf dem Rücken. Motorisch konnte er sich kaum auf den Beinen halten und torkelte umher. In der Trage saß ein kleiner Junge! Der unverantwortliche Vater wurde gestoppt, die Behelfswache kurzerhand zur Krabbelstube umfunktioniert. Der klägliche Zustand des Vaters schien dem Jungen augenscheinlich nichts auszumachen. Papierflieger sorgten für Ablenkung; ein kurzfristig in der Wache zubereiteter Brei für leibliches Wohl. Irgendwie war der Familienausflug (der Vater hatte die Mutter besucht, die als Bedienung auf der Wiesn arbeitet) aus dem Ruder gelaufen. Der informierte Großvater holte den Enkel und den angetrunkenen Sohn, der nicht nur „einen über den Durst getrunken“ hatte, ab.

Nachdem im letzten Jahr erstmals der Mikrobloggingdienst Twitter genutzt wurde feierte am Samstag, 24. September der erste mehrstündige Twitter-Marathon, bei dem über die Einsatzanlässe der Münchner Bundespolizei informiert wurde, Premiere. Die Reaktionen auf das achtstündige „Zwitschern“ im sozialen Netzwerk waren durchweg positiv. Konnten so doch auch direkt Fragen beantwortet und Hintergründe des Einsatzes oder von Maßnahmen erläutert werden.

Ein Highlight der 2016er Bundespolizei-Wiesn war sicherlich die bundesweit Beachtung findende Präventiv-Maßnahme eines Beamten. Er hatte am 30. September einen im Hauptbahnhof fahrradfahrenden Bodyguard von Arnold Schwarzenegger „vom Fahrrad“ geholt. Das anschließende Twitter-Selfie mit dem „Terminator“ fand zur TV-Prime-Time in der ARD-Sendung „Spiel für Dein Land“ Erwähnung.

Polizeidirektor Jürgen Vanselow vergaß bei seinem Resümee auch die personelle Unterstützung nicht, die seine Inspektion fast aus dem gesamten Bundesgebiet erfuhr: „Ein Anlass, mich bei allen Beamtinnen und Beamten, Fremd- wie eigenen Kräften, ganz herzlich zu bedanken. Engagiert und motiviert haben alle mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl zu einem gelungenen Wiesneinsatz der Münchner Bundespolizei beigetragen“.