Corona-Pandemie: 7.289 Corona-Infektionen in Bayern

Corona-Pandemie:: Update
Symbolbild

Innenminister Joachim Herrmann: Stand gestern, 10:00 Uhr haben wir in Bayern 7.289 Corona-Infektionen (+ 927 im Vergleich zum Vortag) und weitere zehn Corona-Tote zu verzeichnen, sodass sich deren Gesamtzahl auf 41 erhöht.

Unter dem Eindruck dieser pandemischen Krise hat der Bayerische Landtag heute das Bayerische Infektionsschutzgesetz (BayIfSG) beschlossen. Dieses gibt der Staatsregierung als Kollegialorgan die Möglichkeit, den Gesundheitsnotstand auszurufen, wenn eine übertragbare Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes in der bayerischen Bevölkerung so zahlreich oder in so schwerer Ausprägung auftritt oder aufzutreten droht, dass die Versorgungssicherheit durch das öffentliche Gesundheitswesen ernsthaft gefährdet erscheint. Im Sinne einer effektiven parlamentarischen Kontrolle erhält der Landtag ausdrücklich die Befugnis, jederzeit das Vorliegen eines Gesundheitsnotstandes zu prüfen und dessen Aufhebung zu erklären. Das BayIfSG steht systematisch selbständig neben dem Katastrophenschutzgesetz, insbesondere bleibt hiervon die Ausrufung des Katastrophenfalles unberührt.

Die Befugnisse dieses Gesetzes sind anwendbar, sobald der Gesundheitsnotstand ausgerufen wurde. Dieser erlaubt es den zuständigen, noch durch Rechtsverordnung festzulegenden Behörden insbesondere, medizinisches, pflegerisches oder sanitäres Material zu beschlagnahmen, soweit dies zur Aufrechterhaltung der notwendigen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich ist. Konkret könnten dies z.B. Beatmungsgeräte sein, die ein niedergelassener Arzt nicht freiwillig herausgibt, diese aber benötigt werden, um in einem Klinikum Intensivbetten auszustatten. Gleichfalls können bestimmte Handelsverbote erlassen werden, wodurch es etwa Medizinprodukteherstellern oder Arzneimittelhändlern untersagt wäre, einschlägige Materialien oder Arzneien zu verkaufen. Stattdessen könnten diese auf behördliche Weisung Kliniken überlassen werden, die Infektionspatienten behandeln. Unter denselben Voraussetzungen könnten Unternehmen verpflichtet werden, im epidemischen Geschehen erforderliche Materialien herzustellen und hierfür notfalls auch die Produktion umzustellen. Zu denken wäre etwa an Textilbetriebe, die dann Schutzmasken oder Kittel produzieren.

Weiterhin können geeignete Personen unter den gleichen Voraussetzungen auch zur Erbringung von Dienst-, Sach- und Werkleistungen an Einrichtungen der medizinischen oder pflegerischen Versorgung verpflichtet werden. In der Praxis könnte dies etwa bedeuten, dass Pflegepersonal, das vor nicht allzu langer Zeit in den Ruhestand getreten ist, reaktiviert wird. Es könnte beispielsweise aber auch jeder, der eine Fahrerlaubnis besitzt, für einfache Kurierfahrten herangezogen werden u.v.a.m..

Wer vorsätzlich oder fahrlässig den skizzierten und im Gesetz genau beschriebenen Pflichten zuwiderhandelt, der begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

Staatsregierung und Gesetzgeber sind sich bewusst, dass mit diesen Befugnissen tief in von Verfassungs wegen verbürgte Grundrechte wie Eigentum, allgemeine Handlungsfreiheit oder körperliche Unversehrtheit eingegriffen werden kann. Deshalb haben diese Maßnahmen absoluten Ausnahmecharakter und werden nur dann zur Anwendung kommen, wenn etwa notwendige Maßnahmen einvernehmlich nicht zu erzielen sind oder sprichwörtlich absolute „Not am Mann“ ist.

Ausdrücklich unberührt bleibt die besondere Stellung der Angehörigen des Bayerischen Roten Kreuzes und der anderen freiwilligen Hilfsgesellschaften im Sinne des I. Genfer Abkommens. Mit dem Verweis auf dieses Kernstück des humanitären Völkerrechts stellt der bayerische Gesetzgeber klar, dass er auch unter den spezifischen Umständen einer Pandemie die besondere rechtliche Stellung derer wahrt, die den Kranken und Hilflosen zu Hilfe kommen.

Das Gesetz gilt vorerst befristet bis zum 31. Dezember 2020. Vor einer ggf. anzudenkenden Verlängerung wird der Nutzen des heute erlassenen Gesetzes in geeigneter Weise zu evaluieren sein.

Mit Blick auf die aktuelle Infektionslage ist es nach wie vor so, dass die Hauptlast der Neuinfektionen auf dem Süden Bayerns liegt. Mittlerweile treten mehr als die Hälfte aller Corona-Erkrankungen im Regierungsbezirk Oberbayern auf, in der Landeshauptstadt München etwa ein Viertel. Im restlichen Staatsgebiet ist die Situation noch deutlich ruhiger, gleichwohl darf man sich dort nicht in Sicherheit wiegen. So haben die Geschehnisse in Mitterteich und Hohenberg a.d.Eger auf drastische Weise gezeigt, dass sich im Grunde von einer Minute auf die andere lokale Hotspots entwickeln können. Beide Szenarien – die hohe Dauerlast und das schnelle Auftreten lokaler Phänomene – führen unweigerlich zu der Frage, ob bei einer deutlichen Verschärfung der Lage das Gesundheitssystem vor Ort gerade in den besonders betroffenen Gebieten alle schwer erkrankten Patienten gut versorgen kann. Nach wie vor arbeitet das Gesundheitsministerium mit Hochdruck daran, die vorhandenen Kapazitäten an Intensivbetten und Beatmungsplätzen stetig auszubauen. Darüber hinaus hat das Gesundheitsministerium zusammen mit meinem Haus ein Konzept erarbeitet und als Allgemeinverfügung gestern umgesetzt, wie ein vor Ort nicht mehr zu bewältigender Anfall an Intensivpatienten effektiv gesteuert und Patienten rechtzeitig nach einem „Überlaufsystem“ in andere Regionen mit freien Kapazitäten verlegt werden können.

Es steht außer Zweifel, dass solche Entscheidungen allein ärztlich zu treffen sind. Denn nur fachkundige Mediziner können beurteilen, ob eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich, in welcher Klinik diese am besten erbracht werden kann oder für welche Strecken und mit welchem Transportmittel – bis hin zum Rettungshubschrauber – ein Patient transportfähig ist.

Ebenso wenig steht außer Zweifel, dass es bei derlei gebietsübergreifenden Szenarien einer überörtlichen Koordination und einer Stelle bedarf, die im Zweifel eine durchgreifende Weisungsbefugnis besitzt und notfalls Kliniken zur Aufnahme eines Patienten verpflichten kann.

Um Koordination und Weisungsbefugnis mit einer leistungsfähigen Arbeitsstruktur zu unterfüttern wurde die Funktion des Ärztlichen Leiters Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) eingerichtet. Die regionale Bezugsgröße bilden die Rettungszweckverbände. Dies sind kommunale Zusammenschlüsse, die meist mehrere Landkreise und/oder kreisfreie Städte umfassen und gebildet wurden, um die Aufgabe „Rettungsdienst“ in einem definierten Gebiet gemeinsam zu bewältigen. Bei den regelmäßig von den Rettungszweckverbänden in Bayern betriebenen 26 Integrierten Leitstellen (ILS), die im täglichen Dienst den Einsatz von Rettungskräften, Rettungsfahrzeugen, Notarztwagen und Rettungshubschraubern routiniert steuern und deshalb schon thematisch sehr nahe an der neuen Aufgabe „dran sind“, werden die neu geschaffenen Ärztlichen Leiter FüGK angesiedelt. Ernannt werden sie vom Leiter des Rettungszweckverbandes und sind insoweit autorisiert, in dessen Zuständigkeitsbereich Weisungen zu erteilen, Kliniken bis hin zur Widmung als „Quarantänekrankenhaus“ mit bestimmten Aufträgen zu versehen und Verteilentscheidungen zu treffen.

Dasselbe Prinzip gilt auch überregional. Jeweils bezogen auf die Regierungsbezirke werden sieben sog. Ärztliche Bezirksbeauftragte Leiter Rettungsdienst berufen. Diese stehen untereinander in ständigem Austausch und ermöglichen bei Bedarf auch eine kurzfristige bayernweite Steuerung der Patientenströme. Technisch unterstützt wird die Koordination auf allen Ebenen durch das bayernweit neu einzuführende und in München und Nürnberg bereits im Einsatz befindliche System IVENA (Akronym für Interdisziplinärer VErsorgungsNAchhweis). Mit IVENA können die verfügbaren Behandlungskapazitäten sowie in klinischer Behandlung befindliche Corona-Patienten stets aktuell erfasst und nachweisbar gemacht werden. IVENA wird voraussichtlich noch diese Woche flächendeckend in Betrieb gehen.

Abschließend noch ein Wort zur Durchführung der Stichwahlen als reine Briefwahl: Gestern hatte ich Sie darüber informiert, dass ich mit der Deutschen Post AG in Kontakt stehe, um für das kommende Wochenende eine Sonderleerung der Briefkästen der Deutschen Post zu vereinbaren. Dankenswerterweise hat der zuständige Vorstand der Post AG nun veranlasst, dass in ganz Bayern am kommenden Samstag um 18:00 Uhr sämtliche 19.559 Postbriefkästen einmalig außer der Reihe geleert werden. Die Post sichert weiterhin zu, dass bis zu diesem Zeitpunkt in einen ihrer Briefkästen in Bayern eingeworfene Wahlbriefrücksendungen den zuständigen Gemeindeverwaltungen bis Sonntag, 18:00 Uhr, zugestellt werden und damit termingerecht eingehen. Nach Samstag, 18:00 Uhr, bis Sonntag, 18:00 Uhr, können Rückkuverts nur noch direkt bei den jeweils zuständigen Gemeindeverwaltungen in die amtlichen Briefkästen eingeworfen werden. Der Gang zu Postbriefkasten oder zur Gemeindeverwaltung sind triftige Gründe im Sinne der Bayerischen Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie, um die Wohnung zu verlassen.

Unsere Bayerische Polizei bitte ich, bis zur Leerung der Briefkästen ein besonderes Augenmerk darauf zu haben, dass diese nicht in rechtswidriger Art und Weise angegangen werden und dadurch die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gefährdet wird, so Innenminister Joachim Herrmann.