E-Scooterunfälle vermeiden: Klinikum rechts der Isar und Voi evaluieren den Einfluss von Verkehrswissen

E-Scooterunfälle vermeiden: Klinikum rechts der Isar und Voi evaluieren den Einfluss von Verkehrswissen
Foto: © Voi.

Die Nutzung von E-Scootern ist in Deutschland 2021 stark angestiegen. Daher wird es immer wichtiger, Unfällen vorzubeugen. Erste Erhebungen deuten darauf hin, dass mangelndes Verkehrswissen einer der primären Risikofaktoren beim E-Scooterfahren ist. Um mehr Aufschluss über geeignete Maßnahmen zu bekommen, führt die Klinik für Unfallchirurgie der Technischen Universität München und Voi eine Studie mit FahranfängerInnen durch.

Eine praktische Lösung für die erste und letzte Meile – das ist das fehlende Puzzleteil, um mehr Leute für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Dass solche Initiativen dringend nötig sind, um die Emissionen im Verkehrssektor zu senken, betonen KlimaforscherInnen schon seit langem. Die seit 2019 in Deutschland aktiven E-Scooter könnten der Schlüssel sein, der dieses Problem löst: Binnen der ersten zwei Jahre hat sich die Nutzung beim schwedischen Sharing Anbieter Voi deutschlandweit versechsfacht, rund 30 Prozent verwenden die Roller zusammen mit Fußwegen und öffentlichem Nahverkehr.

Doch mit steigender Nutzung erhöht sich auch die Anzahl der Unfälle. In München, wo sich die Anzahl der Scooterfahrten im Vergleich zum Vorjahr näherungsweise versiebenfacht hat, wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2021 mehr als doppelt so viele Unfälle verzeichnet wie im Vergleichszeitraum 2020. Zwar ist die Unfallwahrscheinlichkeit damit statistisch sogar gesunken. Trotzdem fallen mit steigender Nutzung auch die absoluten Zahlen ins Gewicht. Voi hat sich hier hohe Ziele gesteckt und will bis 2030 alle schweren Unfälle komplett vermeiden.

Erste Studie zu E-Scooter Verkehrswissen
Um dies zu erreichen, gilt es, die größten Risikofaktoren zu identifizieren und durch konkrete Maßnahmen gegenzusteuern. “Wir vermuten stark, dass ein großer Teil aller Unfälle auf mangelndes Verkehrswissen und mangelnde Übung am Gefährt zurückgeht”, erklärt Dr.med. Michael Zyskowski, Funktionsoberarzt bei der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie Klinikum rechts der Isar. “Maßnahmen zur Schulung der NutzerInnen in Verkehrsregeln, Sicherheitsvorkehrungen und dem Gebrauch der Scooter könnten hier einen entscheidenden Beitrag leisten”, ergänzt Prof. Chlodwig Kirchhoff, Leitender Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie die Sachlage.

Während der nächsten Monate führt das Team der Unfallchirurgie der Technischen Universität München unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Peter Biberthaler zusammen mit Voi eine Studie durch, die den Einfluss von Verkehrswissen und Fahrtraining auf das Fahrverhalten evaluiert. Den Auftakt machte gestern ein begleitetes E-Scooterssicherheitstraining mit ErstnutzerInnen am 23 September. Die TeilnehmerInnen konnten ihre erste Fahrt auf einem E-Scooter dort unter Aufsicht und in einem geschützten Umfeld unternehmen. Vorab erhielten sie eine Einweisung zum Fahrzeug, sowie den geltenden Verkehrsregeln. Nach einem Zeitraum von 2 und 12 Monaten wird dann im Rahmen einer wissenschaftlichen Erhebung ermittelt, ob und welchen Einfluss die Schulungsmaßnahmen auf Fahrverhalten, Sicherheitsbewusstsein und Unfallwahrscheinlichkeit hatten.

Risikofaktor: Unwissenheit
Tatsächlich ereignen sich ganze 16% aller Unfälle während der ersten Fahrt – zu diesem Ergebnis kommt der im Juni erschienene jährliche Sicherheitsbericht von Voi. Häufige beobachtete Ursachen sind das Fahren auf dem Gehweg oder unter Alkoholeinfluss. “Es gibt hier ganz klare Regeln, die in der deutschen Elektrokleinstfahrzeugeverordnung (EkfV) festgehalten sind”, erklärt Dr. Zyskowski. “Doch vielen ist das noch gar nicht bewusst. Fahrradfahren ist in der Pandemiezeit sehr beliebt geworden und fügt sich gut in den Straßenverkehr ein. Dies kann auch dem E-Scooter als modernes Transportmittel gelingen. Es besteht die Chance , dass sich der E-Scooter durchaus in den städtischen Transportmix einfügen könnte. Diesen Prozess gilt es jedoch zu begleiten und so dafür zu sorgen, dass E-Scooterfahrten für alle sicher und risikoarm im Innerstädtischen-Verkehr zu absolvieren sind.

Um hier einen Anfang zu machen, entwickelte Voi 2019 die erste digitale Fahrschule für E-Scooter. Dort können FahrerInnen – ähnlich wie beim theoretischen Teil einer Führerscheinprüfung – Fragen zum E-Scooter und den geltenden Verkehrsregeln beantworten. AbsolventInnen erhalten als Anreiz Guthaben für ihre ersten Fahrten. In Deutschland haben bis jetzt über 200.000 NutzerInnen an der Fahrschule teilgenommen.

Auch schmerzhafte Erfahrungen fördern nachweislich den Lernprozess, vor allem auch dann, wenn sie den Geldbeutel betreffen. Voi setzt sich deshalb für eine strengere Kontrolle der E-ScooterfahrerInnen durch die Polizei ein. “Zu zweit auf einem E-Scooter zu fahren kostet in Deutschland bis zu 50€, bei Trunkenheitsfahrten kann man sogar den Führerschein verlieren”, erklärt Stephan Boelte, Vois Deutschlandchef. “Auch die passive Schulung der NutzerInnen ist deshalb wichtig. Wir empfehlen, bei Verkehrssündern hart durchzugreifen und Exempel zu statuieren.”