Entlastung geplant: Gebührenfreie und -reduzierte Kindertagesstätten

Entlastung geplant: Gebührenfreie und -reduzierte Kindertagesstätten

Die Landeshauptstadt München will die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Münchner Familien weiter verbessern und Eltern und Kinder bestmöglich unterstützen – insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Lebenshaltungskosten in München. Das Referat für Bildung und Sport hat eine Beschlussvorlage erstellt für eine gebührenfreie beziehungsweise deutlich gebührenreduzierte Kinderbetreuung in München. Die Vorlage wird am kommenden Mittwoch, 10. Oktober, in den Bildungssausschuss des Münchner Stadtrats eingebracht.

In einer Pressekonferenz haben Oberbürgermeister Dieter Reiter, Bürgermeisterin Christine Strobl und Stadtschulrätin Beatrix Zurek die Eckpunkte des neuen Konzepts vorgestellt.

Die neue Gebührenordnung soll am 1. September 2019 in Kraft treten. Mit der geplanten Neuregelung werden Münchner Familien umfassend entlastet. Sie betrifft fast 54.000 Kinder im Alter von null bis zehn Jahren, die betreut werden in 432 Kindertageseinrichtungen städtischer Trägerschaft und in 394 Kindertagesstätten freier Trägerschaft, die über die Münchner Förderformel (MFF) gefördert werden. Auch die „Kooperative Ganztagsbildung“, die neue Betreuungsform im Grundschulbereich, soll inbegriffen sein. Durch die neue Gebührenstruktur können dann fast 24.000 Kinder beitragsfrei eine Kindertageseinrichtung besuchen. Zudem sollen mehr als 30.000 Kinder eine Beitragsreduzierung bekommen.

Für den gebührenfreien beziehungsweise -reduzierten Besuch von Kindertageseinrichtungen rechnet die Landeshauptstadt München mit Mehrausgaben von rund 45,5 Millionen Euro im Jahr. Durch die neue Regelung wird der niedrigschwellige Zugang zur Kindertagesbetreuung für alle Bildungs- und Einkommensgruppen erleichtert – und somit ein wichtiger Beitrag zu Bildungsauftrag, Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit geleistet.

Die Eckpunkte der geplanten Gebührenstruktur: Beitragsfreiheit bis 50 000 Euro Brutto-Jahresgehalt

Die Einkommensgrenze der Familien für die vollständige Beitragsbefreiung („Null-Euro-Zahlende“) wird von 15.000 Euro auf 50.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen angehoben. Zunächst war eine Grenze von 40.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen vorgesehen. Oberbürgermeister Dieter Reiter konnte sich jedoch mit der Bayerischen Staatsregierung darauf verständigen, dass es möglich sein wird, das Brutto-Jahreseinkommen für die gebührenfreie Kinderbetreuung auf 50.000 Euro anzuheben – ohne dass es zu Zuschussverlusten durch den Freistaat kommt.

Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hat OB Dieter Reiter bestätigt, dass es keine förderrechtlichen Bedenken gibt. Von der neuen Einkommensgrenze würden 23.745 Kinder profitieren – das sind 12.789 Kinder mehr als mit der jetzigen Gebührenregelung.

Deutlich abgesenkte Gebühren

Ab 50.000 Euro Brutto-Jahresgehalt sind die Besuchsgebühren gestaffelt in 10.000-Euro-Schritten. Es gibt fünf Einkommensstufen und die Gebühren sind im Vergleich zu heute deutlich abgesenkt, die Krippen- und die Kindergartengebühren werden vereinheitlicht.

Beispiel: Die Gebühr bei einem Brutto-Jahreseinkommen bis 60.000 Euro und bis 9 Stunden Buchungszeit für einen Krippenplatz beträgt dann 68 Euro im Monat (heute: 354 Euro im Monat). Ersparnis: 286 Euro im Monat.

Einkommenshöchstgrenze 80.000 Euro Brutto-Jahresgehalt

Die reguläre Gebühr für den Besuch einer Kindertageseinrichtung wird erst ab einem Brutto-Jahreseinkommen von 80.000 Euro erhoben (heute: 60.000 Euro) – und liegt deutlich unter dem heutigen Betrag.

Beispiel: Die Gebühr für einen Krippenplatz für über 9 Stunden Buchungszeit bei über 80.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen beträgt 162 Euro (heute: 421 Euro). Ersparnis: 259 Euro im Monat.

Die Gebührenstaffelung ist so optimiert, dass Familien mit Kindern aller Altersgruppen profitieren und aktuell könnten 30.088 Kinder eine Beitragsreduzierung bekommen.

Drittes Kindergartenjahr für viele Kinder komplett beitragsfrei

Das dritte Kindergartenjahr ist für alle Einkommensstufen bei einer täglichen Buchungszeit bis inklusive 6 Stunden vollständig gebührenfrei. Der Grund: Im Kindergartenjahr vor dem Eintritt der Schulpflicht gibt es pro Kind einen staatlichen Zuschuss von 100 Euro im Monat zum Elternbeitrag. Dieser staatliche Zuschuss deckt im neuen Modell die Besuchsgebühren aller Einkommensstufen bis 6 Stunden Buchungszeit komplett ab. In niedrigeren Einkommensstufen sind auch längere Buchungszeiten im dritten Kindergartenjahr komplett beitragsfrei.

Beispiel: Bei einer Buchungszeit von über 9 Stunden im dritten Kindergartenjahr kostet der Besuch bis 60.000 Brutto-Jahreseinkommen 75 Euro im Monat. Durch den staatlichen Zuschuss reduziert sich die Gebühr auf Null Euro. Aktuell beträgt die Gebühr 185 Euro abzüglich 100 Euro Zuschuss, also 85 Euro. Ersparnis: 85 Euro im Monat.

Geschwisterermäßigung bleibt

Das aktuelle gültige Modell der Geschwisterermäßigung hat sich in der Praxis und im Verwaltungsvollzug bewährt – Familien werden einheitlich und bestmöglich entlastet. Auch in der neuen Gebührenstruktur werden die Gebühren ab dem zweiten Kind gesenkt – allerdings gemäß der neuen Einkommensstaffelung um eine Einkommensstufe (und nicht mehr um zwei). Ab dem dritten Kind muss keine Besuchsgebühr entrichtet werden. Die Regelung der Geschwisterermäßigung soll auch für die „Kooperative Ganztagsbildung“ gelten.

Kooperative Ganztagsbildung

Zum Schuljahr 2018/19 ist an der Grundschule Pfanzeltplatz die „Kooperative Ganztagsbildung“ als Modellprojekt gestartet, für diese Betreuungsform werden Gebühren erhoben. Im Schuljahr 2019/20 soll es bayernweit bis zu 50 weitere Modellstandorte geben, davon bis zu zehn in München. Die aktuelle gültige Gebührentabelle der „Kooperativen Ganztagsbildung“ wird angepasst:

Beitragsfreiheit bis 50.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen und Senkung der Beiträge. Volle Besuchsgebühr ab 80.000 Euro Brutto-Jahreseinkommen.

Landeshauptstadt München investiert 45,5 Millionen Euro im Jahr

Im Jahr 2020 wird die gebührenfreie und -reduzierte Kindertagesbetreuung den städtischen Haushalt mit 45,5 Millionen Euro belasten.

Ausgehend von der aktuellen Belegung der städtischen Kindertageseinrichtungen ergeben sich für diese Einrichtungen jährlich Mindereinnahmen von rund 19,3 Millionen Euro jährlich. Für Kindertageseinrichtungen freier Träger, die an der Münchner Förderformel teilnehmen, errechnen sich für die Landeshauptstadt München Mehrkosten in Höhe von 26,5 Millionen Euro im Jahr – die Landeshauptstadt München gleicht den freien Trägern ihre Mindereinnahmen aus. Einsparungen bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe in Höhe von 300.000 Euro/Jahr können gegengerechnet werden – weil weniger Familien Anträge auf Unterstützung stellen werden.

Die neue Gebührenstruktur soll am 1. September 2019 in Kraft treten. Im Jahr 2019 beträgt die Belastung des Haushalts hierfür 15,268 Millionen Euro. Im Jahr 2020 liegt sie bei 45,5 Millionen Euro. Folglich will die Landeshauptstadt München in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt für die gebührenfreie und gebührenreduzierte Kindertagesbetreuung rund 60 Millionen Euro investieren. Eine komplette Beitragsfreiheit ist nicht finanzierbar. Die Landeshauptstadt München müsste für eine komplette Beitragsfreiheit mit kompletter Kürzung der Betriebskostenzuschüsse durch den Freistaat rechnen. Die Ausgaben für komplette Beitragsfreiheit würden sich im Jahr auf 469 Millionen Euro belaufen.

Die Münchner Förderformel (MFF)

Sie ist eine freiwillige Förderung von Kindertageseinrichtungen der Landeshauptstadt München mit einem Volumen von 160 Millionen Euro im Jahr. Im Rahmen der MFF kann die Landeshauptstadt München Vorgaben machen bei der Betreuung von Kindern, um die Ziele Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit und insbesondere Entlastung der Familien zu erreichen. Die Münchner Förderformel wurde im Jahr 2011 eingeführt, damals nah- men 41 Kindertageseinrichtungen teil. Bis heute hat sich die Zahl erhöht auf 864 Kindertageseinrichtungen erhöht.

An der Münchner Förderformel nehmen 214 Eltern-Kind-Initiativen und 310 Einrichtungen freier Träger mit insgesamt zirka 18.800 Kindern nicht teil. Momentan prüft das Referat für Bildung und Sport Möglichkeiten einer Elternbeitragsentlastung für Eltern-Kind-Initiativen, die im Rahmen des Münchner EKI-Modells gefördert werden.

Im EKI-Modell der Landeshauptstadt München sind keine Beitragsregelung und daher auch keine Beitragsobergrenzen festgelegt. Die Förderung besteht im Kern darin, dass die Landeshauptstadt München von Eltern-Kind-Initiativen 80 Prozent der Personal- und Mietkosten übernimmt. Im Jahr 2017 beliefen sich die freiwilligen Ausgaben der Landeshauptstadt München im Rahmen des EKI-Modells auf 10,8 Millionen Euro. Grundsätzlich können alle Kindertageseinrichtungen inklusive Elternvereinen die Förderung nach der Münchner Förderformel beantragen und damit eine Entlastung der Elternbeiträge erhalten. Bildungsgerechtigkeit ist erklärtes Ziel der Landeshauptstadt München. Deshalb wird langfristig angestrebt, dass möglichst viele Träger in die Münchner Förderformel einsteigen und auf diesem Wege möglichst alle Plätze umfasst sind und damit alle Kinder von den Regelungen profitieren können.

Ausblick

Im Frühjahr 2019 soll dem Münchner Stadtrat eine weitere Beschlussvorlage vorgelegt werden – damit sollen u.a. die Kindertageseinrichtungssatzung und die Tagesheimsatzung angepasst werden. Etwa drei Jahre nach Beginn der neuen Beitragsregelung sollen mit einer Evaluation deren Wirkung auf Familien und Kinder und die Auswirkungen auf die Verwaltung überprüft werden. Dies wird dem Stadtrat zu gegebenem Zeitpunkt vorgelegt.

Oberbürgermeister Dieter Reiter: „München hat hohe Lebenshaltungskosten das spüren gerade Familien. Mein oberstes Ziel ist es, Familien mit geringen und mittleren Einkommen zu entlasten. Die beitragsfreie und gebührenreduzierte Kinderbetreuung ist dafür ein wichtiger Baustein.“ Bürgermeisterin Christine Strobl: „Ich freue mich, wenn mehr Familien Zugang haben zu einer pädagogisch hochwertigen Kinderbetreuung. Das ist ein wichtiger Beitrag zu Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit und ermöglicht Kindern aus verschiedensten Lebensumständen, teilzuhaben an Bildung und sinnstiftender Gemeinschaft.“

Stadtschulrätin Beatrix Zurek: „Der Ausbau der Kinderbetreuung in München schreitet zügig voran. Wir konnten die Zahl der Krippenplätze von 4.366 im Jahr 2000 auf 21.648 Plätze im Jahr 2018 steigern. Auch bei einer gebührenfreien und gebührenreduzierten Kinderbetreuung wird die Lan- deshauptstadt München den Ausbau qualitativ hochwertiger Betreuungsplätze stetig vorantreiben.“