Gemeinsam gegen Covid-19: München Klinik teilt gewonnenes Wissen mit anderen Kliniken

Symbolbild

In der München Klinik begann die Versorgung von Covid-19 Patienten bereits Ende Januar mit dem ersten bestätigten Fall in Deutschland – bis heute hat die München Klinik mehrere hundert Covid-19 Patienten klinisch versorgt. Und insgesamt über 100 Patienten auch wieder entlassen.

Die frühzeitige Befassung und Vorbereitung auf die aktuelle Situation macht die München Klinik zum Ratgeber für Politik, Behörden und andere Kliniken. Die Klinik beteiligt sich intensiv am internationalen Wissensaustausch und forscht in klinischen Studien gemeinsam mit anderen Zentren an möglichen Gegenmitteln zur Behandlung von Covid-19.

Über eine neue Online-Plattform und wissenschaftliche Publikationen teilt die München Klinik ihre Expertise, um das gewonnene Wissen zeitnah anderen Kliniken und Gesundheitsversorgern zur Versorgung von Covid-19-Patienten sowie für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Nur durch gegenseitig schnell verfügbar gemachtes Wissen der internationalen Experten kann die Corona-Pandemie weltweit eingedämmt werden.

München, 10. April 2020.Als der Erreger Sars-CoV-2 und die Erkrankung Covid-19 in der München Klinik Schwabing Ende Januar im Rahmen der mittlerweile als „Webasto-Cluster“ bekannt gewordenen ersten Fall-Gruppe auftraten, hießen sie noch gar nicht so. Zu Übertragungswegen des Virus und Verlauf der Erkrankung war zu dem Zeitpunkt auf Basis der Erfahrungen des damaligen Epizentrums China ebenso wenig bekannt – eine Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch war noch Tage zuvor für unwahrscheinlich gehalten worden. Seitdem hat sich viel getan und weltweit versuchen Forscher, Virologen, Infektiologen, Laboranten, Tropenmediziner und viele mehr schnellstmöglich weitere gesicherte Erkenntnisse zu Virus und Erkrankung zu erlangen und in der Versorgung der Patienten sowie in der Eindämmung des Virus anwenden zu können. Das funktioniert nur über bayernweite, bundesweite und weltweite Zusammenarbeit und das sogenannte „Knowledge Sharing“ – d.h. Forschungsergebnisse und neue Standards in der Behandlung müssen baldmöglichst allen zur Verfügung gestellt werden, um auf der gemeinsamen Basis auch gemeinsam weiter voranzukommen. Die München Klinik hat in Deutschland die längste Praxiserfahrung in der Behandlung von Covid-19-Patienten und hat gerade anfänglich von den Erfahrungen aus China und Italien und dem engen wissenschaftlichen Austausch mit internationalen Experten profitiert. Die München Klinik konnte auf diesen Erfahrungen aufbauen und stellt jetzt ihr gewonnenes Wissen zu klinischen Standards und wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachwelt, anderen Kliniken sowie der Politik zur Verfügung. Das gemeinsame Ziel der Gesundheitsexperten aller Länder ist es, sich gegenseitig zu unterstützen und die klinischen Standards in der Versorgung von Covid-19-Patienten laufend weiterzuentwickeln.

Online-Plattform der München Klinik für Mitarbeitende und andere Kliniken
Die München Klinik hat im klinikinternen Intranet und auch auf der öffentlich zugänglichen Klinik-Website eine eigene COVID-19 Share Seite eingerichtet, die nicht nur den eigenen Mitarbeitenden an allen Standorten zugänglich ist, sondern auf die auch andere behandelnde Kliniken Zugang haben. Dort stellt die München Klinik intern erarbeitete Dokumente und klinische Standards auch extern zur Verfügung, um die Ergebnisse und das Wissen aus der notwendigerweise frühzeitigen Befassung mit dem Thema auch mit anderen zu teilen.  In der aktuellen Pandemie ist Zeit essenziell und so trägt die München Klinik ihren Teil dazu bei, andere Kliniken mit bereits erarbeitetem Wissen zu unterstützen und dem Gesundheitssystem eine „Doppelarbeit“ zu ersparen. Auf der Plattform ist für die Fachwelt u.a. zugänglich:

Klinische Standards zur Behandlung von Covid-19
Intensivmedizin ist in der Behandlung von Covid-19-Patienten entscheidend. Im Bereich der Pflege haben die Kolleginnen und Kollegen der Intensivstationen in Harlaching und Bogenhausen ihre Expertise gebündelt und u.a. den „ECMO Standard“ zur Verfügung gestellt. ECMO steht für „Extracorporeal Membrane Oxygenation“ zur extrakorporalen Lungenunterstützung – vereinfacht gesagt ist es quasi eine „externe Lunge“, die vorübergehend die Aufgabe übernimmt und das eigentliche Organ entlastet. Diese Therapie ist so komplex, dass neben dem materiellen Equipment vor allem spezialisiertes Personal eingesetzt werden muss. Die Therapie mit der veno-venösen ECMO gilt als eine der höchsten invasiven Behandlungen. Ziel der ECMO ist, bei einem akuten Lungenversagen die Oxygenierung sowie die Decarboxylierung (CO²-Entfernung) des Körpers zu sichern und die Lunge zu entlasten, damit diese sich von der Entzündung erholen kann.

Klinische Standards bei Covid-19 – Diagnostik der Lunge im CT
Die Kollegen der Radiologie in der München Klinik Schwabing unter Leitung von Chefarzt Prof. Andreas Saleh haben ein wichtiges Dokument herausgebracht. Es heißt „Anleitung zur strukturierten Befundung von CT-Untersuchungen der Lunge bei Verdacht auf Covid“. Es beschreibt die Rolle der CT-Untersuchung im Management von Covid-Verdachtsfällen. Nicht alle Patienten mit Verdacht auf eine Sars-CoV-2-Infektion brauchen ein CT. Nur Patienten, die bestimmte klinische Kriterien erfüllen und seitens der Lunge schwer beeinträchtigt sind, werden im CT untersucht. „Strukturierte Befundung“ bedeutet, dass der CT-Befund in bestimmte Kategorien gefasst wird. Diese Kategorisierung ist eine wichtige Hilfe für die diagnostische Einordnung und das weitere Management der Patienten.

Schulungsvideos zur Behandlung von Covid-19-Patienten
Wie lege ich die Schutzkleidung zur Behandlung von Covid-19-Patienten richtig an und wie funktioniert Pflege von schwerstkranken Patienten auf der Intensivstation? Auch erfahrene intensivmedizinische Pflegekräfte nehmen neue Angebote zur Schulung gerne wahr angesichts der großen und neuen Herausforderung bei diesem neuen Krankheitsbild. Zur Verstärkung der Intensivstationen wechseln außerdem viele Pflegekräfte aktuell von den Normalstationen auf die Intensivstation und frischen ihr intensivmedizinisches Wissen aus der Ausbildung auf. Die München Klinik hat dazu Schulungsvideos erstellt, die die wichtigsten Schritte in der Versorgung von Covid-19-Patienten erklären. Die Videos kommen in der München Klinik zusätzlich zu den persönlichen Trainings zum Einsatz, da angesichts der aktuellen Situation keine Schulungen mit einer großen Teilnehmerzahl möglich sind. So wird das erarbeitete Wissen schnell an alle Mitarbeitenden weitergegeben.

Die München Klinik forscht zu Covid-19
Anfang Februar haben die Experten aus der München Klinik Schwabing unter Leitung von Prof. Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing, zusammen mit einer Forschungsgruppe der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr ihre Erkenntnisse zur leichten Übertragbarkeit von Sars-CoV-2 in der Öffentlichkeit bekannt gemacht. Ihre detaillierten Beobachtungen des Infektionsverlaufs bei der ersten Gruppe von Covid-19-Patienten in Schwabing sind jetzt in der Fachzeitschrift Nature erschienen. Wie die Forschungsgruppe beobachten konnte, war die Virusausscheidung im Rachen der Covid-19-Erkrankten in der ersten Woche nach Beginn der Symptome sehr hoch. Auf Basis dieser Schwabinger Erkenntnisse lassen sich auch Kriterien erarbeiten, nach denen Covid-19-Patienten bei begrenzten Bettenkapazitäten frühestens aus dem Krankenhaus entlassen werden könnten. Bereits Anfang Februar gab es eine wissenschaftliche Publikation der gleichen Forschergruppe im New England Journal of Medicine, die als eine der ersten Publikationen weltweit die leichte Übertragbarkeit des Erregers nachwies. Die neuen Erkenntnisse bauen auf dieser vielbeachteten Studie auf.