Häufigste Herzrhythmusstörung: Jeder dritte Mensch erhält die Diagnose „Vorhofflimmern“

Häufigste Herzrhythmusstörung: Jeder dritte Mensch erhält die Diagnose
Der erste Eingriff mit dem neuen Cryoballonsystem wurde am 22. Februar 2021 erfolgreich durchgeführt. Von links nach rechts: Mesuda Medic, Dr. med. Uwe Dorwarth, Prof. Dr. med. Ellen Hoffmann, Martina Knaupp, PD Dr. med. Florian Straube (alle München Klinik Bogenhausen). Vorne an der Konsole: Valerian Mayer (Fa. Boston Scientific Medizintechnik GmbH Ratingen, Deutschland). Bildnachweis: München Klinik / Dr.Florian Straube

Mit Vereisung gegen Vorhofflimmern:  München Klinik Bogenhausen führt erstmals in der Metropolregion München neues Cryoballonsystem ein

Vorhofflimmern ist die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung. Weltweit sind im Jahr 2016 bereits 43 Millionen Menschen daran erkrankt und die Zahlen steigen aufgrund des demographischen Wandels weiter an. Etwa jeder dritte Mensch wird im Laufe seines Lebens die Diagnose Vorhofflimmern bekommen. Seit Februar kommt an der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin der München Klinik Bogenhausen das neue System „Polar X“ zur kathetergeführten Behandlung von Vorhofflimmern zum Einsatz, das auf der bewährten Vereisung der Lungenveneneinmündungen durch ein Ballonsystem basiert und dieses Prinzip in der technischen Anwendung weiter verfeinert. Patienten mit Vorhofflimmern verspüren oft einen hohen Leidensdruck und sind nach dem Eingriff meist beschwerdefrei.

Patienten mit Vorhofflimmern leiden oftmals an Herzstolpern, Herzrasen, Abgeschlagenheit, Luftnot bei Anstrengung oder Müdigkeit. Wenn medikamentös das Vorhofflimmern nicht in den Griff zu bekommen ist, dann ist der minimal invasive Eingriff – die Katheterablation – für viele Patientinnen und Patienten eine Möglichkeit beschwerdefrei zu werden. Dabei werden in einem „Schlummerschlaf“ (Analgosedierung) über die Leistengefäße Katheter im linken Herzvorhof platziert und mit Radiofrequenzstrom „Punkt-Für-Punkt“ („Hitze“) oder mit dem Cryoballon („Vereisung“) die Lungenveneneinmündungen elektrisch abisoliert. Dadurch kann aus den Lungenvenen kein Vorhofflimmern mehr gezündet werden, denn bei über 80 Prozent der Patientinnen und Patienten sind die Lungenvenen die Ursprungsquelle der Herzrhythmusstörung. Mit dem neuen Cryoballonsystem „Polar X“ hat die Firma Boston Scientific Medizintechnik GmbH Ratingen das bewährte Vereisungsverfahren technisch verfeinert. Das System wurde Ende 2020 in Deutschland und Europa zugelassen und kommt in der Metropolregion München erstmals in der München Klinik Bogenhausen zum Einsatz.

Langjährige Expertise in der kathetergeführten Behandlung von Herzrhythmusstörungen jetzt um neues System erweitert
In der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin an der München Klinik Bogenhausen werden jedes Jahr über 7000 Patienten behandelt. Ein Schwerpunkt ist die kathetergeführte Behandlung von Herzkreislauferkrankungen einschließlich der Verödung und Vereisung aller Arten von Herzrhythmusstörungen. Seit 2007 führt die Klinik unter der chefärztlichen Leitung von Prof. Dr. med. Ellen Hoffmann die Cryoballonablation routinemäßig bei Patientinnen und Patienten mit anfallsartigem oder anhaltendem Vorhofflimmern durch. Über 3200 Patienten sind mit dem Cryoballon-Verfahren bereits an dem von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zertifizierten „Vorhofflimmerzentrum“ der München Klinik Bogenhausen behandelt worden. Dabei steht für das Team um Prof. Dr. med. Ellen Hoffmann die Patientensicherheit und Effektivität der anhaltenden Isolation der Lungenvenen bei jedem Patienten im Vordergrund. Die Elektrophysiologen und Elektrophysiologinnen der München Klinik Bogenhausen erweitern stetig ihr Behandlungsspektrum auch um technische Neuerungen. Jüngster Zuwachs ist das neue System „Polar X“, das in Bogenhausen seit 22. Februar 2021 erfolgreich eingesetzt wird. Chefärztin Prof. Dr. med. Ellen Hoffmann: „Neben der Radiofrequenztechnik ist die Cryoballonablation seit 13 Jahren in Bogenhausen ein hocheffektives, sicheres Verfahren. Das neue System verspricht eine weitere individuelle Optimierung der Cryoballontherapie für den Patienten.“

Erste Patientin verspürte hohen Leidensdruck, der durch den Eingriff genommen wurde
„Die erste Patientin, bei der wir das neue System erfolgreich anwenden konnten, war eine junge Frau, die zum Teil wöchentlich und über viele Stunden an Herzrasen litt und ihren Alltagstätigkeiten so nur noch beschwerlich nachgehen konnte. Dadurch verspürte sie einen hohen Leidensdruck, den wir ihr durch den erfolgreichen Eingriff nehmen konnten. Die optimale Platzierung des Ballons an der Einmündung der Lungenvenen ist die Voraussetzung, dass die Ablation erfolgreich ist. Die ersten eigenen Erfahrungen zeigen, dass der Ballon sich flexibel auch bei anspruchsvoller Anatomie positionieren lässt“, so PD Dr. med. Florian Straube, geschäftsführender Oberarzt.

Bewährtes Vereisungs-Prinzip mit neuen technischen Feinheiten

28 mm PolarX™ ST Cryoballon (Fa. Boston Scientific) mit Spiralkatheter. Der Ballon wurde im Wasserbad verwendet zur Demonstration der Eis-Kappe an der patientenseitigen Oberfläche des Ballons. Bildnachweis: München Klinik.

Auch „Polar X“ basiert auf dem bewährten Prinzip der Vereisung der Veneneinmündungen durch ein Ballonsystem. Es ist darauf ausgelegt, den Eingriff für den durchführenden Arzt übersichtlich darzustellen. So bietet die notwendige Konsole der Behandlungseinheit alle Informationen über die Kälteabgabe auf einen Blick. Es gibt einige feine technische Unterschiede und neue Aspekte. Die zugehörige Schleuse, die im linken Vorhof platziert wird, ist gut flexibel einstellbar in ihrem Neigungswinkel, um auch verwinkelte Abgänge der Lungenvenen gut erreichen zu können. Bei der Ablation ist es notwendig, den Ballon stabil an der Venenmündung zu platzieren, so dass die Kälte über drei Minuten auf das Gewebe wirken kann. Zu diesem Zweck wird auch der Druck im Inneren des Ballons konstant gehalten. Dr. med. Uwe Dorwarth, Leiter der Elektrophysiologie: „Das Cryoballon-Verfahren mit flüssigem Lachgas ermöglicht es, jede der vier Lungenvenen mit jeweils einer Kälteabgabe über drei Minuten zu vereisen. Bei dem neuen System wurden praktische Aspekte wie zum Beispiel ein großes Display mit allen wichtigen Informationen berücksichtigt.“