Happy Birthday – 150 Jahre „Auf geht‘s zum Schichtl!“

Happy Birthday - 150 Jahre „Auf geht‘s zum Schichtl!“

1871 rekommandierte Michael August Schichtl, Besitzer des „Original-Zauber-Spezialitäten-Theaters“, seine „Extra-Galavorstellung mit noch nie dagewesenen Sensationen“ mit den Worten „Auf geht’s beim Schichtl“. 1869 war das Varieté zum ersten Mal auf dem Oktoberfest zu sehen und somit das Gründungsjahr des Münchner Schichtl-Theaters. Der Spruch „Auf geht’s beim Schichtl“ ist längst in den Münchner Sprachschatz eingegangen.

Im legendären Wiesn-Varieté, das Zauberei, Puppenspiel, Kuriositäten und vieles mehr dem staunenden Publikum bot, wird auch heute noch die „Enthauptung einer lebenden Person auf offener hell erleuchteter Bühne mittels Guillotine“ zelebriert. Ein weiterer Höhepunkt des bunten Programms war der traditionelle Schmetterlingstanz der Elvira. Legendär war Michael August Schichtl‘s Auftritt als Rekommandeur auf der Parade des Theaters, wo er mit „ausgefeilten bayerischen Grobheiten“ das Publikum ins Theater lockte.

Manfred Schauer, selbst ein Münchner Original und stolz darauf, als „Herr Schichtl“ angesprochen zu werden, leitet als nur vierter Intendant in 150 Jahren das Varieté. 1985 begann seine Oktoberfest-Karriere als Schichtl – noch unter der Prinzipalin Franziska Eichersdörfer – mit der Devise „Zeigen, was ma kann und verbergen, was ma nicht kann“. 1986 übernahm er zunächst mit einem Kompagnon die Schaubude, seit 1999 führt er sie in Eigenregie.

Wie Manfred Schauer in seiner Parade zur Musik der Bluesbrothers die Schichtl-Truppe vor jeder Vorstellung fetzig präsentiert, wie er mit frechen Sprüchen das Publikum fesselt und mit subtilem bis derben Humor das Tagesgeschehen kommentiert, das ist sehenswert und einem Michael August Schichtl wohl ebenbürtig.

Das „Kabinett“, wie Schauer sein Ensemble nennt, besteht aktuell aus zehn Personen und ihm selbst als „Schichtl“: Seit 1985 dabei der freischaffende Künstler Ringo Praetorius als „Der Henker“ und der Mann für alles, Carmen Haselbeck als „Die Schichtlin“, Lukas Butterworth als
„Der Henkersknecht“ und das Künstlerduo „Sintez Buf“ mit Maria und Sergej Gablahatow, die seit 2004 im Schichtl-Theater auftreten. Die Sängerin Melina Schmoll, fest im „Kabinett“ seit 2008, präsentiert ein neues Programm mit einem Medley aus „Queen“-Songs zusammen mit
der Tänzerin Karmen Scandali, die ihren Einstand im Schichtl-Theater feiert. „Die Dicke“, eine Figur, die auf die „Herkulesdame“ im Varieté um 1900 zurückgeht, heißt heuer „Rosi“ und wird von Julia Wandinger dargestellt. Unentbehrlich als Hausmeister der Bühne ist Johannes Napieralla und Martina Wittmann sitzt an der Kasse.

Im Trend der Hightech-Attraktionen muss heutzutage eine kleine Schaubude um ihre Existenz kämpfen. Da die Landeshauptstadt München als Veranstalterin des Oktoberfests großen Wert auf den Erhalt der historischen Schaustellungen legt, darf Manfred Schauer seit 2006 die an die Bühne angeschlossene Wurstbraterei „Wirtshaus im Schichtl“ führen, um das Theater und sein Ensemble zu finanzieren. Schauer bleibt dabei: „Weitermachen tun wir trotzdem. Nicht weil wir müssen, nein, weil wir das aus ganzem Herzen gerne tun!“ Und dieser Funke springt auf das Publikum über.

„Laut Statistik besuchten in den letzten 33 Jahren je circa 6,3 Millionen Menschen aus aller Welt die Wiesn“, rechnet der Prinzipal Schauer vor. „Theoretisch wären also 207.900.000 Leute in dieser Zeit als Besucher des Theaters in Frage gekommen. Gekommen sind aber lediglich die letzten fünf Nullen und ungefähr eine drei davor“. Allerdings waren unter dem Publikum (oder dem Schafott) auch so illustre Gäste wie Roger Moore, David Copperfield, Thomas Gottschalk, Rainhard Fendrich, Heiner Lauterbach, Jutta Speidel, Michaela May, Christine Neubauer und Ottfried Fischer. Das „Schichtl-Theater, die große kleine Illusionsbühne, zieht letztendlich immer noch sein Publikum magisch an.