Herausforderungen durch digitalen Extremismus: Herrmann stellt Verfassungsschutzinformationen vor

In allen extremistischen Phänomenbereichen geht es zunehmend konfrontativ zu. Die sozialen Netzwerke und ihre Wirkungsweise ermöglichen die Verbreitung von Extremismus und Hetze in bislang nie gekannter Reichweite und Geschwindigkeit“, stellte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der Verfassungsschutzinformationen für das erste Halbjahr 2021 gemeinsam mit dem Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Dr. Burkhard Körner fest.

„Wir beobachten eine steigende Enthemmung und Bereitschaft zu Gewalt und Eskalation auf allen Ebenen. Insbesondere auf Online-Plattformen fehlt jegliche soziale Kontrolle, die in der realen Welt als Korrektiv dient.“ Der Minister machte hierbei deutlich, dass „wir diesen Entwicklungen mit den Mitteln eines modernen Verfassungsschutzes entschieden entgegentreten.“

Herrmann zeigte die vielfältigen Gefahren auf, die mit der Reichweitenerhöhung verbunden sind: „Extremistische Ideologien, sicherheitsgefährdende Demokratiefeinde und nicht-extremistische Verschwörungstheoretiker treffen im virtuellen Raum ungebremst aufeinander. Ideen können so leichter ausgetauscht, Anhänger schneller rekrutiert und wichtige gesellschaftliche Diskussionen beeinflusst werden.“ Aufgrund der vermeintlichen Anonymität des Netzes geschiehe dies oftmals ‚“unter falscher Flagge“. Durch den sogenannten Echokammereffekt könne sich eine Radikalisierungsspirale bis hin zur Gewaltbereitschaft in Gang setzen. Sorgen bereitet dem Minister auch das breite Angebot an unterschiedlichen radikalen Botschaften, die zu eigenen Extremismus-Ideen verleiten. „Dieses Mosaik erschwert zunehmend die Grenzziehung zwischen zulässiger Meinungsäußerung und Extremismus.“

Verbreitung von Verschwörungstheorien

Nach Herrmanns Worten seien auch die einzelnen Phänomenbereiche stark in Bewegung geraten: „Durch die Verbreitung von Verschwörungstheorien versuchen Rechtsextremisten nach wie vor, neue Anhänger zu gewinnen. Indem juden- und israelfeindliche Stereotype verbreitet werden, versuche die Szene, Personen anzusprechen, die für sonstige rechtsextremistische Inhalte nicht erreichbar seien. Darüber hinaus steige die Bereitschaft zur gewalttätigen Konfrontation mit Linksextremisten.

Wie der Innenminister weiter erläuterte, weise die Szene der Corona-Leugner nach wie vor keine kohärente, einheitliche Ideologie auf. Auch ihre Anhänger seien offen für Verschwörungstheorien. „Mit diesen rechtfertigen einzelne Aktivisten beim neuen Sammelbeobachtungsobjekt „Sicherheitsgefährdende demokratiefeindliche Bestrebungen ihre Aufrufe zu Blockadeaktionen oder zum Sturm auf staatliche Einrichtungen.“

Zunehmende Radikalisierung

Mit Blick auf Teile der gewaltorientierten linksextremistischen Szene warnte Herrmann vor einem steigenden Radikalisierungspotential und der Bildung gewaltbereiter Kleingruppen. „Mit Anschlägen auf politische Gegner, die Immobilien- und Logistikbranchen sowie Infrastruktureinrichtungen verfolgen sie eine regelrechte Einschüchterungsstrategie.“

Auch beim islamistischen Terrorismus rief der Minister zur Vorsicht auf: „Die Gefahr, insbesondere durch radikalisierte, allein handelnde Täter, ist noch lange nicht gebannt. Wir haben es mit einem modernen islamistischen Terrorismus zu tun, der an jedem beliebigen Ort mit einfach verfügbaren Waffen zuschlagen kann.“