Mehr Bedarf in der dritten Welle: München Klinik schafft mobiles ECMO-Team

Mehr Bedarf in der dritten Welle: München Klinik schafft mobiles ECMO-Team
Großes Interesse an den Anliegen der Pflegenden: Sich für den Einsatz bedankt, aber vor allem viel zugehört und nachgefragt was die Politik für das Personal und die Situation der Pflege tun kann, hat Staatsminister Klaus Holetschek vor Ort auf der Intensivstation. Hier im Austausch vor allem mit den Intensivpflegekräften. Foto: Klaus Krischock

In der dritten Pandemiewelle sind die ECMO-Patienten oft in ihren 30ern oder 40ern. Diese Menschen konnten Lungenprobleme durch Covid zunächst lange kompensieren, oft kommen sie von zu Hause direkt auf die Intensiv-Station. Reicht eine künstliche Beatmung über ein Sauerstoffgerät nicht mehr aus, kommt die Herz-Lungen-Maschine als letztes Mittel zum Einsatz.

Die sogenannte ECMO steht für extrakorporale Membranoxygenisierung. Die Maschine übernimmt außerhalb des Körpers, was die gesunde Lunge sonst leistet, die Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff und die Entfernung von Kohlendioxid. Im Einsatz ist immer wieder auch eine ECMO, die z.B. bei einem Versagen einer Herzhälfte über veno-arterielle Zugänge das Herz entlastet („Cardiac ECMO“).

Patient; Anfang 40 beim erstem „Ausflug“ mit ECMO ins Freie nach 70 Tagen ECMO Therapie: Raus ins Freie und das erste Eis. Dinge, die für die Psyche wichtig sind und damit auch indirekt zur Genesung beitragen. Insgesamt lag die Behandlungsdauer bei 129 Tagen bis zur Entlassung in der vergangenen Woche. Bildnachweis: München Klinik.

In der München Klinik wurden bisher mehr als 20 Covid-Patient*innen an der ECMO behandelt. „In der dritten Welle sehen wir deutlich mehr Bedarf als wir allein abdecken können“, berichten die Intensivmediziner. „Die ECMO ist keine kausale Behandlung. Mit der ECMO gewinnen wir bei akutem Lungenversagen vor allem Zeit, in der sich die Lunge erholen soll.“

„Wenn ECMO als eine Überbrückung zum Einsatz kommt, bis sich die Lunge erholt, dann brauchen wir von der ‚Brücke‘ einen Blick auf das andere Ufer – also die Perspektive, dass der Patient genug Reserven hat, um sich zu erholen und Aussicht auf Lebensqualität hat“, erklärt Dr. Michael Findeisen, Oberarzt in der München Klinik Harlaching.

In der München Klinik sind aktuell insgesamt 5 ECMOs verbunden mit der Hoffnung auf das rettende Ufer im Einsatz. Für die Intensivstationen ist die dritte Welle noch nicht vorbei. Die München Klinik hat an allen vier Standorten auf den Intensivstationen entsprechende ECMO- Expertise und mit Harlaching, Neuperlach und Bogenhausen aktuell drei Standorte mit fester ECMO. „Man braucht die starke Infrastruktur eines Maximalversorgers im Rücken, wie etwa ein rundum die Uhr einsatzfähiges Labor, sehr erfahrene Pflegekräfte und Ärzt*innen, welche die richtige Indikation stellen und Komplikationen beherrschen“. Beispielsweise bei der Umlagerung in Bauchlage. Hier müssen vom medizinisch-pflegerischen Team noch mehr Schläuche und Anschlüsse beachtet werden. Da Lunge oder Herz des Patienten und damit sein Leben an den Schläuchen hängen, ist jeder Fehlgriff potenziell lebensbedrohlich.

„Es lohnt sich zu kämpfen!“
Dr. Markus Engel, Oberarzt in Bogenhausen, blickte nach 30 Tagen ECMO auf die weiterhin zerstörte Lunge seines jungen Patienten. Eigentlich Zeit zum Aufhören. „Aber ich wollte diesem jungen Mann nicht sagen, dass wir ihn aufgeben.“ Seine ärztlichen Kolleg*innen schüttelten mit Blick auf das Lungen-CT zweifelnd den Kopf. Das Intensivteam aus der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin von Chefärztin Prof. Dr. Ellen Hoffmann machte weiter – insgesamt 71 Tage „Und es zeigte sich ein Muster, wie wir es beispielsweise von Patienten mit Morbus Wegener kennen. Die Lungenschädigung war trotz des katastrophalen Befunds reversibel, unser Patient konnte noch an ECMO erste Schritte machen und hat sich mittlerweile weitgehend holt“, sagt Dr. Engel. Gemeinsam mit seinem Oberarzt-Kollegen Dr. Stefan Volz und einem großen Team aus Pflege und Medizin betreuten sie den Patient erfolgreich. Und bei der nächsten, diesmal 91- tägigen erfolgreichen ECMO – Therapie eines 42-jährigen Patienten fragte keiner seiner Kollegen mehr, warum so lange behandelt wurde. „Es lohnt sich zu kämpfen“, sagt Dr. Volz.

Mobiles ECMO-Team etabliert

Die München Klinik Harlaching bietet als pneumologisch geführte Intensivstation unter Leitung von Chefarzt Prof. Joachim Meyer alle Therapien vom akuten Lungenversagen bis zum Weaning im zertifizierten Zentrum an. Entsprechend zahlreich sind die Anfragen, welche Harlaching, aber auch die anderen Standorte der München Klinik erreichen. Etwa die Hälfte der ECMO-Patienten sind Zuverlegungen. Da für diese Patienten der Transport selbst ein Risiko darstellt wurde in Harlaching ein mobiles ECMO-Team etabliert, das vor Ort in anderen Kliniken aus der Umgebung Patienten an die ECMO nimmt und in die München Klinik transportiert „Die rechtlichen und logistischen Voraussetzungen wurden geschaffen. Mit diesem mobilen ECMO-Team können wir einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung der Schnittstelle zwischen medizinischer Grundversorgung in peripheren Häusern und der hochspezialisierten Intensivmedizin in der München Klinik leisten“, berichtet Klinikleiter Dr. Pascal Scher und ergänzt. „Zukünftig ist der Aufbau eines weiteren mobilen ECMO-Teams in Neuperlach geplant.“

Staatsministerminister Holetschek übergibt ECMO Gerät an Intensivstation der MüK Bogenhausen
Das bayerische Gesundheitsministerium setzt seine Unterstützung für die Kliniken im Kampf gegen die Corona-Pandemie fort. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek betonte anlässlich der Übergabe eines ECMO-Geräts an die München Klinik am Mittwoch: „Der Bedarf an intensivmedizinischen ECMO-Behandlungsplätzen ist in der dritten Pandemie-Welle nochmal deutlich gestiegen. Die Höchststände der ersten und zweiten Infektionswelle von 40 und 60 belegten ECMO-Plätzen haben wir in der jetzigen dritten Welle bereits im April überschritten. Seit Ende April bewegt sich die Zahl der belegten ECMO-Plätze bayernweit bei etwa 70 Plätzen. Leistungsfähige Intensivstationen sind daher essentiell. Der Freistaat leistet dazu seinen Beitrag.“

Dr. med. Axel Fischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der München Klinik gGmbH, betonte: „Wir sehen inzwischen mit den sinkenden Inzidenzen und steigenden Impfquoten das Licht am Ende des Tunnels kommen! Trotzdem sind wir sehr dankbar für diese Unterstützung, denn der Bedarf an Beatmung und ECMO ist in der dritten Welle insgesamt gestiegen. Wir sehen junge Patienten, die teilweise über Monate auf der Intensivstation liegen. Im Schnitt werden sie dabei von rund 100 Mitarbeitenden verschiedener Berufsgruppen versorgt.“