München verleiht PhönixPreis 2019

München verleiht PhönixPreis 2019
Foto: © H. Swoboda

Zum zehnten Mal verlieh die Stadt München in einem Festakt den Phönix Preis. Bürgermeister Manuel Pretzl hatte im Saal des Alten Rathauses vor rund 400 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft fünf Unternehmerinnen und Unternehmern mit Migrationshintergrund den Preis überreicht.

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Der Münchner Wirtschaftspreis für Migrantenunternehmen wird in den Kategorien Gründungsunternehmen und etablierte Unternehmen vergeben. Der Preis würdigt herausragende wirtschaftliche Leistungen sowie das gesellschaftliche und soziale Engagement von Migrantenunternehmen. Zu den Gewinnern gehören: Qolware GmbH, TOD‘S Deutschland GmbH, ENC Elektronetzwerktechnik Chrimpakis GmbH & Co. KG, Made in Portugal & Brasil und AJM Kfz-Service GmbH.

Die Gewinner erhalten eine Trophäe, die der Münchner Künstler Andreas Ohrenschall entworfen hat, sowie ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 5.000 Euro.

Bürgermeister Manuel Pretzl: „Unternehmerinnen und Unternehmer mit Zuwanderungsgeschichte leisten einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Standorts München. Der PhönixPreis macht die unternehmerischen Leistungen von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sichtbar. Er würdigt ihre Verdienste für die Stadt und die Gesellschaft.“ In den vergangenen zehn Jahren wurden 38 Unternehmerpersönlichkeiten mit Migrationshintergrund von der Landeshauptstadt München für ihre Leistungen öffentlich gewürdigt.

Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft: „Migrantenunternehmen überzeugen auf vielfältige Weise: Sie sind erfolgreich am Markt unterwegs, schaffen Arbeitsplätze, bilden junge Menschen aus und engagieren sich kulturell, sozial oder sportlich“.

Die Resonanz auf die Ausschreibung des PhönixPreises war auch 2019 anhaltend hoch. 40 Bewerbungen aus 17 verschiedenen ethnischen Gruppen waren dieses Jahr eingegangen. Die vielen hochwertigen Bewerbungen aus unterschiedlichsten Branchen spiegeln die Vielfalt des Münchner Wirtschaftsstandorts wider.

Die Auswahl der Preisträger erfolgte durch eine Experten-Jury in einem einstufigen Verfahren anhand festgelegter Bewertungskriterien. Vor allem positive Unternehmensentwicklung, Einrichtung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie Vielfalt im Unternehmen wurden bewertet.

Das Referat für Arbeit und Wirtschaft wählte den Namen „Phönix“ für den Wirtschaftspreis, weil der gleichnamige mythische Vogel für Mut, Risikobereitschaft und den Willen steht, immer wieder etwas Neues zu wagen. An diese Eigenschaften knüpft der Preis für Migrantenunternehmen an. Die Preisträgerinnen und Preisträger in der Kategorie Gründungsunternehmen:

Qolware GmbH

Die Spanierin Dr. Cristina Soaz teilt mit ihren beiden Mitgründerinnen die Leidenschaft für neue Technologien und Lösungen zur Unterstützung der Gesundheitsversorgung. Alle drei Gründerinnen teilen auch eine Migrationsgeschichte, die sie aus Spanien, Kroatien und Frankreich nach München gebracht hat. Während ihrer Promotionsarbeit an der Technischen Universität München leitete Cristina Soaz gemeinsam mit ihren Co-Founderinnen die ersten beruflichen Schritte im Bereich Healthcare ein. 2016 wurde Qolware geboren. Seitdem wächst das Unternehmen kontinuierlich. Das Qolware-Team ist inzwischen um weitere Mitarbeiter aus den Bereichen Entwicklung, Marketing, Legal und Finances gewachsen. LOLA, das erste Produkt von Qolware, fungiert als digitaler Gesundheits- und Notfallassistent für mobile Geräte, mit dem Benutzer ihren Gesundheitszustand überwachen können. Mit herkömmlichen Smartwatches verfolgt LOLA relevante Faktoren, die einen Einfluss auf physische und emotionale Gesundheit haben. Durch die ständige Überwachung von Sensordaten erkennt LOLA automatisch anormale gesundheitsbezogene Muster und kritische Situationen wie Stürze oder Krampfanfälle. Sobald ein Notfall erkannt wird, alarmiert LOLA vordefinierte Notfallkontakte wie Familienmitglieder, Betreuer oder Notfallpersonal per Anruf und SMS mittels GPS-Standortinformationen. LOLA-Funktionen zur Medikamentenerinnerung gewährleisten auch die Einhaltung der Medikation und verbessern die Therapiewirksamkeit und die Sicherheit der Nutzer.

TOD‘S Deutschland GmbH

Eigentlich wollte der Italiener Bortolo Venturelli im November 1982 nur Urlaub in München machen. Vom Flair der Stadt war er so fasziniert, dass er beschloss, „für ein paar Jahre“ zu bleiben. Zunächst arbeitete er als „Au-Pair“ für ein Münchner Ehepaar. 1984 wurde er von einer namhaften Münchner Modeagentur angefragt, ob er für eine italienische Tochterfirma arbeiten wolle, die Kleidung nach München importierte. Ein verlockendes Angebot. Als Germanistikstudent hatte er eigentlich von Kleidung und Mode nicht so viel Ahnung. Um sich in die deutsche Arbeitswelt richtig zu integrieren und sich beruflich weiterzuentwickeln, beschloss er, eine Ausbildung zu absolvieren. Zuerst begann er den Lehrgang „Kaufmann im Groß- und Außenhandel“ bei der IHK in München, um sich anschließend mit dem „Dualen Studium Handelsfachwirt“ gezielt auf Führungsaufgaben im Handelsmanagement vorzubereiten.

Um dieses ehrgeizige Ziel zügig zu realisieren, arbeitete er im Top-Management einiger Münchner Unternehmen. Seit mehr als sieben Jahren steht Bortolo Venturelli als Managing Director Central & Eastern Europe an der Spitze der TOD‘S Deutschland GmbH. Feinstes Leder, das in traditioneller Handwerkskunst verarbeitet wird, um daraus Schuhe, Handtaschen und Accessoires von höchster Güte, Funktionalität und Kreativität zu erschaffen – dafür steht die Marke TOD‘S schon seit mehreren Generationen. Bortolo Venturelli agiert hinter den Kulissen und zieht die notwendigen Fäden, damit die Arbeit der Designer ihre Käufer findet.

ENC Elektronetzwerktechnik Chrimpakis GmbH & Co. KG

Efthimios Chrimpakis kam mit sieben Jahren als Sohn griechischer Gastarbeiter nach Deutschland. Als Jugendlicher träumte er von einer Profikarriere als Fußballer und spielte zunächst bei der A-Jugend bei Bayern München und danach bei den Bayern Amateuren. Die schulische und berufliche Fortbildung hatte für ihn damals keine Priorität. Nach dem Besuch der Hauptschule begann er mit 16 Jahren eine Ausbildung zum Elektriker bei einem Münchner Handwerksbetrieb, jedoch ohne die Abschlussprüfung abzulegen. Eine einschneidende und prägende Erfahrung machte er 1985, als er trotz fehlenden Ausbildungsabschlusses beim Süddeutschen Verlag als Helfer bei den Betriebselektrikern eingestellt wurde. Er versprach seinem neuen Arbeitgeber, die Gesellenprüfung nachzuholen. Diese schloss er 1989 erfolgreich ab und wurde vom Betrieb übernommen.

Er war so von seinem Beruf als Elektriker überzeugt, dass er sogar ein Angebot eines Profifußballvereins aus Griechenland ablehnte. Bestärkt durch seine Frau legte er im Jahr 2000 die Meisterprüfung im Elektrotechniker-Handwerk ab. Die in München geborene Vietnamesin My-Lan Chrimpakis begleitet seit 1993 ihren Mann nicht nur privat, sondern auch auf seinem beruflichen Weg. 2002 gründete das Ehepaar die ENC Elektronetzwerktechnik Chrimpakis GmbH & Co. KG. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Bereich der Gebäudetechnik für Privat- und Firmenkunden, auf die Ausführung von Bauleistungen an Gewerbe- und Industriebauten sowie auf Wohnbauprojekte und auf das Gebiet von Sicherheitssystemen.

Made in Portugal & Brasil

Wenn man in München einen kleinen Ausflug in Richtung Portugal machen möchte, braucht man nicht ins Reisebüro gehen, es reicht schon ein Abstecher nach Schwabing. Dort hält seit 1998 das kulinarische Portugal Hof und lädt charmant zu vielen speziellen Dingen ein, die Portugal so genussvoll machen. Ganz nach ihrem persönlichen Geschmack und oft auch nach Wünschen von Kunden bietet das Ehepaar Maria und Bernardo Dos Reis in ihrem Feinkostgeschäft „Made in Portugal & Brasil“ in der Karl-Theodor-Straße die schönsten Spezialitäten ihrer Heimat an – Brot, Olivenöle, Käse, Schinken, Würzsaucen – und natürlich Wein. Die beiden haben sich in München durch eine gemeinsame Freundin kennengelernt. Bernardo machte zu der Zeit seine Ausbildung als Koch und Maria fing nach einem Au-pair-Jahr zu arbeiten an. Bernardo wollte wieder nach Portugal zurück. In Lissabon hat er zunächst bei einer internationalen Hotelkette einen Job bekommen. Doch die Liebe zu Maria und zu München haben ihn dazu bewogen, wie- der nach München zu ziehen. Hier machte Bernardo die Meisterprüfung zum Koch. Maria absolvierte eine Ausbildung als Arzthelferin und arbeitete später in einer HNO-Praxis. 1995 beschlossen beide sich selbständig zu machen und eröffneten zunächst ein Restaurant. Ihre Gäste schätzten das familienfreundliche Ambiente, die Frische der Speisen und die landestypischen Getränke. Das Interesse an Spezialitäten aus Portugal war derart groß, dass sich die beiden entschieden haben, ein Stück Portugal und Brasilien an den Kunden zu bringen.

AJM KFZ-Service

Afghanistans Jugend hat den Glauben an eine friedliche Zukunft längst verloren. Zu Tausenden machen sich die jungen Menschen deshalb auf den Weg nach Europa. Jan Mohammad Ahmadi gehört auch zu dieser Generation. Seine Flucht war eine Flucht in eine Zukunft ohne Gewalt. Doch Afghanistan so einfach zu verlassen, war keine leichte Angelegenheit. Seine Flucht war eine Odyssee durch verschiedene Länder. Nach zahllosen Versuchen gelang ihm schließlich 2001 die Einreise nach Deutschland. In München wollte er eine Ausbildung beginnen, wusste aber, dass er diese finanzielle Hürde nicht stemmen kann. Mit der Ausbildungsvergütung hätte er seine Familie in Afghanistan nicht unterstützen können. 2007 bekam er einen Job als KFZ-Aufbereiter bei einer Münchner Firma. Schon sein Großvater hatte in Afghanistan noch vor dem Ausbruch des Krieges Autos deutscher Hersteller verkauft. Der Job bei der Münchner Firma war jedoch nicht von langer Dauer. Die schwächelnde Auftragslage hat die Firma gezwungen viele Dienstleistungen auszulagern. Ihm wurde angeboten, als externer Dienstleister für die Firma zu arbeiten. Er überlegte nicht lange und gründete den AJM KFZ-Service. Mit den Jahren wuchs die Zahl der Auftraggeber und die der Mitarbeiter. Heute führt er eine GmbH mit 35 Mitarbeitern. Sein Unternehmen arbeitet mit Unternehmen wie DIW, Porsche, Audi und dem VW-Konzern zusammen, indem nicht nur an mehreren Standorten in München Neu- und Gebrauchtwagen aufbereitet, sondern der gesamte Ablauf von der Anlieferung bis zur Auslieferung gemanagt wird.