Nach Absage für Modellstadt-Bewerbung: Kultur- und Wirtschaftsverbände fordern Öffnungsstrategie der Stadt München

Kultur- und Wirtschaftsverbände fordern Öffnungsstrategie der Stadt München

Öffnungsperspektiven für München: Mehrere Kultur- und Wirtschaftsverbände fordern nach der Absage der Bewerbung Münchens als Schnelltest-Modellstadt eine eigene Test- und Öffnungsinitiative der Bayerischen Landeshauptstadt. „Sobald es dauerhaft wärmer wird, werden die Bürgerinnen und Bürger wieder zu vielen Tausenden den öffentlichen Raum nutzen, ob mit oder ohne Teststrategie“, erklärt Anna Kleeblatt, Vorstandsmitglied im Verband der Münchener Kulturveranstalter und in der Tourismus Initiative München. „Wir appellieren deshalb dringend an die Münchner Stadtspitze, sich unabhängig von Modellprojekten der Staatsregierung für eine umfassende kommunale Teststrategie einzusetzen und schnellstmöglich eine städtische Koordinationsstelle auf den Weg zu bringen.“ Dies ist auch deshalb geboten, weil im Einzelhandel ab 12. April bei einer Inzidenz zwischen 100 und 200 Click & Meet mit einem negativen Test möglich sein wird.

Mit einer umfassenden Teststrategie sollen sowohl Aktivitäten im öffentlichen Raum wie beispielsweise Besuche von Außengastronomie oder Open-Air-Veranstaltungen und die Teilnahme an Veranstaltungen in Theatern, Konzertsälen und Kinos vorbereitet werden. Gemeinsam haben der Verband der Münchener Kulturveranstalter, die Tourismus Initiative München, die Munich Hotel Alliance, CityPartnerMünchen, der Bayerischer Hotel und Gaststättenverband DEHOGA Bayern Kreisstelle München, die Münchner Innenstadtwirte sowie die IHK München und Oberbayern, die Handwerkskammer für München und Oberbayern und der Handelsverband Bayern HBE einen Forderungskatalog für ein pragmatisches, dezentrales Öffnungskonzept erarbeitet.

Voraussetzung dafür ist eine flächendeckende, alltagstaugliche und preiswerte Verfügbarkeit von Corona-Schnelltests. „Idealerweise kann die Stadt jeder Bürgerin und jedem Bürger an jedem Tag das Angebot eines Schnelltests machen“, so Barbara Mundel, Intendantin der Münchner Kammerspiele. „Gleichzeitig würden verantwortbare Öffnungen im Kulturbereich und im Gastgewerbe den Münchnerinnen und Münchnern sofort mehr Lebensqualität zurückbringen.“

  • Die Forderungen der Verbände:
    Umsetzung einer einheitlichen kommunalen Teststrategie, damit sich nicht jeder Betrieb selbst um ein Test-Szenario vor dem Geschäft oder Lokal, dem Museum oder Hotel kümmern muss.
  • Dezentrale Lösung über sog. Remote-Testing mit zahlreichen Teststationen in der Stadt und im Umland.
  • Assistierte Selbsttests ggf. als weitere Testmöglichkeit integrieren
  • Gültigkeit des Tests für alle beteiligten Bereiche: Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel, Kultur- und Freizeiteinrichtungen.
  • Web-basierte Portallösung mit Schnittstellen (nicht nur eine einzige App), ein zertifizierter digitaler Stempel muss Pflicht sein.
  • Einrichten einer Koordinationsstelle der Stadt: Ermitteln der notwendigen Kapazitäten an Testeinrichtungen und Tests (Minimum 100.000 Test pro Tag) und Kooperation mit dem Landkreis München und dem Umland.
  • Bereitstellung bzw. Finanzierung von kostenlosen Tests und Teststationen durch die Landeshauptstadt München
  • Modelltag, um Abläufe zu testen und durchzuspielen, wie bspw. der Datenverkehr funktioniert, anschließend zweiwöchige Testphase mit ausgewählten Branchen und Betrieben, im Anschluss Einbeziehung weiterer Branchen.

Alleine die Tourismusbranche in München generiert rund 8,6 Mrd. Euro jährliche Bruttowertschöpfung, ist Arbeitgeber für mindestens 180.000 Menschen und trägt maßgeblich zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Entwicklung der Stadt München bei. „München ist der Motor für den Tourismus in ganz Bayern“, so Michael Höflich, Geschäftsführer der Tourismus Initiative München. „Unsere vielfältige Branche ist im Hinblick auf Steuereinnahmen und die Zahl der Arbeitsplätze nicht nur systemrelevant, wir sind vor allem auch bereit, aktiv an der Konzeption und Umsetzung einer kontrollierten Konzeptöffnung mitzuwirken.“

Appell an Politik in München: Vertrauen in Bürger*Innen und Betriebe
„Angesichts der andauernden Schließung unserer Branche erwarten wir von der Politik alles dafür zu tun, dass die unverschuldet in Not geratenen Betriebe eine Chance zum Überleben haben und keinen Tag länger als gesundheitspolitisch geboten, geschlossen bleiben“, erklärt Daniela Ziegler, DEHOGA-Kreisgeschäftsführerin München. „Wie Umfragen zeigen, wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger nichts mehr als wieder in Gasthäuser zu gehen. Unsere Gastgeber haben hierfür mit allen verfügbaren Instrumenten ihre Hotels und Gastronomiebetriebe bereits 2020 für Gäste und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher gemacht. Zusätzlich sollten nun Testen und Impfen den Bürgerinnen und Bürgern wie auch den Gästen unserer Landeshauptstadt die Türen für das bayerische Lebensgefühl und die berühmte Wirtshauskultur wieder zeitnah öffnen!“

Ins gleiche Horn stößt der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstags Dr. Frank
Hüpers, der darauf hinweist, dass sich zahlreiche Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk darauf spezialisiert haben, die Gastronomie zu beliefern: „Bäcker, Metzger und Konditoren aber auch unsere Braumeister warten dringend auf einen Neustart der Gastronomie, um ihre in Kurzarbeit geschickten Mitarbeiter wieder an den Arbeitsplatz zurückholen zu können.“

„Wir bitten die Politik um Vertrauen in die Münchnerinnen und Münchner ebenso wie in die
Betriebe, die in Verantwortung für Ihre Gäste und Mitarbeiter*innen keine fahrlässigen Schritte gehen würden“, appelliert Birgit Häffner, Sprecherin der Munich Hotel Alliance. „Haben Sie außerdem Vertrauen in die gemeinsam entwickelten Schutz- und Hygienekonzepte und in die neuen Möglichkeiten und Erkenntnisse, die uns vor einem Jahr noch nicht zur Verfügung standen – alle Bausteine für eine sichere und kontrollierte Öffnung sind vorhanden!“

„Beispielhaft für den Umgang mit Corona-Tests zur Erleichterung des Alltags könnten die ab
nächster Woche gelockerten Regelungen für den Einzelhandel sein“, erklärt Peter Kammerer, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. Bei einer Inzidenz zwischen 100 und 200 dürfen Geschäfte ab dem 12. April „Click & Meet“ mit einem aktuellen negativen Corona-Test anbieten. „Wenn sich diese Praxis bewährt, sehen wir keinen Grund, warum dieses Verfahren nicht auch auf Kultur und Gastronomie ausgeweitet wird“, ergänzt Wolfgang Puff, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Bayern.

Kritik der Kultur- und Wirtschaftsverbände an Aussetzen der Modellregionen
Die Bewerbung der Stadt München als eine der Modellregionen, die bestimmte Bereiche des
öffentlichen Lebens mit einem strengen Testkonzept hochfahren dürfen, war aufgrund der Größe vom Bayerischen Gesundheitsministerium abgelehnt worden. „Es ist für uns nicht hinnehmbar, dass die Zahl der Einwohner als einziges Kriterium bei der Auswahl als Pilotregion herangezogen wird“, so Wolfgang Fischer, Geschäftsführer von CityPartner München. „Mit dem vielfältigen Angebot an Einzelhandel und Gastronomie sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen ist München prädestiniert für ein umfangreiches dezentrales Testkonzept, um mittelfristig auch für Großstädte zu einer echten Perspektive und einer neuen Normalität zu kommen.“

Gleichzeitig kritisierten die Münchner Kultur- und Wirtschaftsorganisationen das von der Bayerischen Staatsregierung beschlossene Aussetzen der Modellprojekte. TIM-Geschäftsführer Michael Höflich: „Zum jetzigen Zeitpunkt, nach einem Jahr Pandemie, die Modellregionen nicht in eine mögliche Öffnungsstrategie für Kultur und Tourismus einzubeziehen, ist definitiv das falsche Signal an alle betroffenen Unternehmer, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Bürgerinnen und Bürger. Kontrollierte Konzeptöffnungen sind weitere Bausteine für ein vorsichtiges Leben in Normalität und keine unüberlegten Experimente.“