„Ohne uns ist’s immer noch still“ – Münchner Konzertveranstalter zum Lockdown-Jubiläum

Stellvertretend für die Münchner Kulturszene, aktuell keine Orte zum Feiern: das Deutsche Theater (oben links, Copyright: Deutsches Theater), die Muffathalle (oben rechts, Copyright: Muffatwerk), das Olympiastadion (unten links, Copyright: Olympiapark München/Martin Hangen) und das Pacha (unten rechts, Copyright: Karoline Schnepper).

Ein Jubiläum sollte ein Grund zum Feiern sein. In diesem Fall ist es das Gegenteil, denn es gibt keinen Grund und einen Ort aktuell auch nicht. Seit dem 16.03.2020 ist es still geworden in Deutschland: Keine Konzerte mehr, die Clubs, Hallen und Kulturzentren wurden auf unbestimmte Zeit geschlossen. Schon am 13.03.2020 haben viele Münchner Spielstätten und Clubs ihre Türen geschlossen um dem sich ausbreitenden Virus keine weitere Angriffsfläche zu bieten. Seitdem wurden Hygienekonzepte erstellt, OpenAir-Pläne und Öffnungskonzepte geschrieben und Kampagnen gestartet. Doch jetzt, ein Jahr später, steht die Kultur- und Veranstaltungsbranche immer noch auf Wiedervorlage für die jeweils nächste Ministerpräsidentenkonferenz.

Die Gitarren jaulten nicht mehr, die Drums polterten nicht und schon lange hingen die Fans nicht mehr gebannt an den Lippen der Sänger*innen, um jede Zeile laut mitzusingen und gemeinsam eng an eng durch die Clubs zu tanzen. Trotz großer Einbußen haben die Kulturveranstalter*innen die Maßnahmen der Regierung nicht nur mitgetragen, sondern zum Teil sogar strenger umgesetzt als nötig, um Verantwortungsbewusstsein zu zeigen.

Dank erster Lockerungen und diverser Hilfsmaßnahmen gab es im Sommer 2020 eine erste
Erleichterung nach dem Lockdown. Trotzdem verhinderten starke Beschränkungen der
Besucherkapazitäten in Spielstätten nach wie vor eine wirtschaftliche Machbarkeit von Events. Für Kulturschaffende wurde die Lage in den letzten zwölf Monaten von Woche zu Woche angespannter, die Geldreserven schwinden nach wie vor täglich und sie verlieren vor allem mit jeder Woche, die vergeht, ein bisschen mehr an Sichtbarkeit.

Vor diesem Hintergrund rief der Verband der Münchener Kulturveranstalter e.V. (VDMK) am 7. Juli 2020 zur Aktion „Ohne uns ist’s still“ auf. Festgehalten mit einem Fotoshooting entstand daraus eine vielbeachtete Plakataktion mit knapp 100 Vertreter*innen der Branche, die bis heute nachwirkt und die über Hannover und Osnabrück mittlerweile in beinah 50 Städten in Deutschland unter dem Titel Kulturgesichter aufgegriffen wurde und über 5.000 Kulturgesichter aus allen Bereichen der Branche zeigt.

Die daraus entstandene Energie möchten wir nun, da sich der Lockdown jährt, nutzen, um nochmals dringend auf die Situation der Kulturschaffenden aufmerksam zu machen und Bilanz zu ziehen.

„Als Kulturveranstalter sorgen wir normalerweise für Freude, anspruchsvolle Unterhaltung sowie besondere Erlebnisse“, so David Süß, Vorstandsmitglied im VDMK. „Derzeit bangen wir um den Erhalt der kulturellen Vielfalt, die München wesentlich kennzeichnet und die Existenz zahlreicher Kulturbetriebe, die seit einem Jahr ohne Einnahmen sind und keinerlei Perspektive für eine Rückkehr zum Normalbetrieb haben.“ Die meisten durften seitdem nicht mehr oder nur kurzzeitig für ein sehr kleines Publikum öffnen. Trotz erster, für einen kleinen Teil der Kulturbranche in Aussicht gestellter, Öffnungen, gilt für viele kulturelle Bereiche noch ungewisses Bangen. Ob sie bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Beachtung finden kann keiner sagen.

Für die geplanten Lockerungen für Theater, Museen, Konzerthäuser und Kinos gibt es keine genaueren Informationen. Die Veranstalter*innen haben keine Möglichkeit eine Öffnung zu planen, ohne zu wissen mit wie vielen Besucher*innen sie kalkulieren können. Die klar formulierte Forderung seitens des Verbands der Münchener Kulturveranstalter lautet hier: wenn es das solidarische Miteinander zulässt, müssen Räume für Kultur wieder geöffnet werden und zwar jeder Platz. Damit auch größere Häuser wie der Nockherberg, die Olympiahalle und der Gasteig ihre Kapazitäten nach ausgefeilten Hygienekonzepten
und mit Abstand wieder nutzen können und nicht nach dem 200 Gast die Tür schließen müssen. Wir benötigen dringend eine Übernahme der Risiken, die unsere Veranstalter*innen eingehen, wenn sie für das kommende dreiviertel Jahr planen. Damit es bald wieder einen Ort und auch einen Grund zum Feiern und Kultur genießen gibt.