„Ohne uns ist’s still“ – Münchener Kulturveranstalter brauchen dringend Hilfe!

Der Verband der Münchener Kulturveranstalter e.V. (VDMK) macht mit der Aktion „Ohne uns ist’s still“ in der Muffathalle auf die schwierige Situation der Veranstalter in München aufmerksam. Knapp 100 Vertreter der Branche zeigen auf, welche Unterstützung es braucht, um die Vielfalt des Münchner Kulturlebens für die Zukunft zu sichern.

Dank erster Lockerungen und diverser Hilfsmaßnahmen gibt es im Land ein Aufatmen nach dem Lockdown. Doch während sich in den Isar-Auen bei schönem Wetter Massen-Events häufen, die Münchner Innenstadt nachts zur Outdoor-Partymeile mutiert und Flugzeuge bis auf den letzten Platz gefüllt in Urlaubs-Destinationen abheben, liegt die Veranstaltungswirtschaft weiterhin brach. Starke Beschränkungen der Besucherkapazitäten von derzeit 100 Personen in Spielstätten im Innenbereich und maximal 200 Personen bei Open-Air-Veranstaltungen verhindern nach wie vor eine wirtschaftliche Machbarkeit von Events. Live-Erlebnisse von Konzert- und Theaterveranstaltungen gibt es daher derzeit nicht bzw. nur sehr eingeschränkt. Clubs sind seit dem 13. März 2020 komplett geschlossen.

„Als Kulturveranstalter sorgen wir normalerweise für Freude, anspruchsvolle Unterhaltung sowie besondere Erlebnisse“, so David Süß, Vorstandsmitglied im VDMK. „Derzeit bangen wir um den Erhalt der kulturellen Vielfalt, die München wesentlich kennzeichnet und die Existenz zahlreicher Kulturbetriebe, die seit Monaten ohne Einnahmen sind und keinerlei Perspektive für eine Rückkehr zum Normalbetrieb haben.“

Mit der Aktion „Ohne uns ist‘s still“ weisen die Kulturveranstalter auf die kritische Situation hin und erläutern, welche Art von Unterstützung es braucht, damit auch nach der Corona Pandemie kulturelle Erlebnisse möglich sind.

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Mehr Informationen

  • Klare politische Vorgaben und die damit verbundene Planungssicherheit
    Die Planung und Bewerbung von Veranstaltungen braucht Zeit und damit Vorlauf. Die
    Veranstalterbranche wünscht sich einen direkten Dialog mit den Verantwortlichen, um über
    die Erweiterung von Platzkapazitäten in Veranstaltungen zu sprechen und konkrete
    Perspektiven zu entwickeln.
  • Schnelle Bereitstellung der Mittel zur Erhaltung der Kultur-Infrastruktur, langfristige
    Unterstützung
    Viele Kulturveranstalter haben aufgrund der langen Vorläufe von Künstler- und
    Saalbuchungen sowie der Bewerbung von Veranstaltungen nicht nur drei Monate Umsatzausfall, sondern nach aktuellem Stand ca. neun Monate oder länger. Entsprechende
    Nothilfen durch Bund, Land und Stadt sind notwendig und müssen rasch ausbezahlt werden.
  • Bereitstellung von Mitteln um das kulturelle Leben langsam wieder hochzufahren
    Solange nur mit geringen Platzkapazitäten veranstaltet werden kann, braucht es eine
    Unterstützung der wenigen möglichen Kulturveranstaltungen, um Defizite auszugleichen und das kulturelle Leben der Stadt langsam wieder hochzufahren.
  • Vertrauen in Hygienekonzepte
    Kaum eine Branche hat mehr Erfahrungen mit dem Handling von Menschenmassen als die
    Veranstalter von Konzerten und Theaterevents. Daher kann von Seiten der Politik und
    Stadtverwaltung mehr in die vorliegenden Hygienekonzepte vertraut werden, um
    Spielstätten mit weit mehr als 100 bzw. 200 Zuschauern zu füllen.
  • Unterstützung bei Genehmigungen
    Solange geschlossene Veranstaltungsräume nur mit sehr geringen Platzkapazitäten genutzt werden dürfen, sind Veranstalter auf die Unterstützung bei der Genehmigung von Open-Air-Flächen angewiesen. Hier brauchen Kulturveranstalter die Bereitschaft der Stadtgesellschaft, der Bezirksausschüsse, der kommunalen Einrichtungen und der Politik, um kurzfristig Veranstaltungsorte im Freien zu bespielen.
  • Umnutzung von Räumlichkeiten
    Um Räume von Clubs und Veranstaltungsorten mit neuen Formaten zu bespielen, braucht es ein kurzfristiges Entgegenkommen der Behörden, die Locations für andere Nutzungsformen zuzulassen. So beispielsweise, um Clubräume als Ausstellungsort oder für kleine Veranstaltungsformate mit Bestuhlung zu nutzen.
  • Entgegenkommen bei Mietkonditionen
    Solange Veranstaltungsräume öffentlicher Einrichtungen nicht mit der vollen Kapazität
    genutzt werden können, braucht es ein deutliches Entgegenkommen bei Mietkonditionen.
  • Kooperation mit der Clubszene zur Vermeidung illegaler Partys
    Um die Feierlaune in der Bevölkerung wieder in die gewohnten professionellen Hände von
    Clubbetreibern und Partyveranstaltern zu geben, die für die nächtliche Sicherheit von
    Feiernden und der Stadtgesellschaft sorgen, braucht es Kooperation. Jetzt muss der Dialog
    beginnen, um eine Vermeidung von illegalen Partyveranstaltungen mit Beginn der kalten
    Jahreszeit sicherzustellen.

Statements der Verbandsmitglieder zur aktuellen Situation
Nachstehend finden Sie Antworten ausgewählter Mitglieder zu folgenden Fragen:
• Frage 1: Wer bin und was mache ich?
• Frage 2: Wie geht es mir aktuell?
• Frage 3: Was brauche ich und was wünsche ich mir?

Olympiapark München GmbH: Marion Schöne und Nils Hoch, Geschäftsführung
Frage 1:
Wir sind der Olympiapark – der größte Allrounder der deutschen Veranstaltungsbranche!
Frage 2:
Persönlich geht es uns gut – wir sind gesund und munter. Daneben leiden wir natürlich durch das Veranstaltungsverbot im Olympiapark.
Frage 3:
Wir brauchen ein baldiges Ende des Veranstaltungsverbotes und einhergehend damit einen baldigen
Zeitplan wie es weitergeht. Wir wünschen uns beide eine Rückkehr zur Normalität!

David Süß, Vorstand im VDMK, ehrenamtlicher Stadtrat Grün- Rosa Fraktion, seit 1992
Kulturveranstalter
Frage 2:
Es geht mir gut und ich bin dankbar, in einem wohlhabenden Land zu leben, mit einer verantwortlichen Politik und solidarischen Menschen. Gleichzeitig bin ich bedrückt, wegen der Perspektivlosigkeit der Veranstaltungsbranche mit all den verschiedenen Akteur*innen
Frage 3:
Die Betriebe, die Künstler*innen, alle Dienstleister*innen brauchen finanzielle Entscheidungen und Unterstützung. Ich appelliere an den Freistaat und den Bund, die so viel richtig, um uns alle, unsere Gesundheit zu schützen gemacht haben: Bitte seien Sie so entschlossen und handeln richtig, in dem sie sich an sicheren Konzepten und Ideen beteiligen, die Veranstaltungen für alle Kulturbetriebe, auch der Nachtkultur möglich machen.

Andrea Blahetek-Hauzenberger, GF der Global Concerts GmbH , 100 % Tochter der Deutschen Entertainment AG
Frage 2:
Nach anfänglichen nicht glauben wollen, bis hin zu ab September legen wir wieder los, bis zur
kompletten Verzweiflung und wieder totaler Hoffnung! Eine Achterbahnfahrt, die zur Zeit nicht nur ich sondern unsere Branche durchmacht. Jeder Tag stellt eine neue Herausforderung dar.
Angefangen von Mitarbeitermotivation bis hin zu Künstler und Geschäftspartner Krisengespräche, bestimmt die Pandemie seit Wochen meinen Tag.

Frage 3:
Ich wünsche uns allen ein baldiges Ende der Pandemie ! Unsere Branche ist massiv betroffen und es blutet mir das Herz, mit anzusehen wie unser Partner- wir alle – unserer Berufung – Konzerte zu veranstalten – nicht nachgehen können. Die Gesundheit steht an oberster Stelle und daher gilt nur zu hoffen, dass wir bald wieder Licht am Ende des Tunnels sehen!

Christian Waggershauser, einer der beiden Betreiber des Muffatwerkes
Frage 2:
Die Situation seit März ist für uns, die gesamte Belegschaft und auch Künstler extrem belastend weil alles komplett weggebrochen ist und wahrscheinlich bis mindestens Ende 2020 auch andauern wird!
Frage 3:
Insbesondere die freie Szene braucht dringend von der öffentlichen Hand Überbrückungshilfen um das Jahr 2020 zu übersehen. Unsere Branche ist im Gegensatz zu den meisten anderen nicht nur 2 oder 3 Monate betroffen sondern mindestens 9 Monate und das bei 100% Umsatzausfall!

Nepomuk Schessl, Projektmanager bei MünchenMusik
Frage 1:
Mit unseren ca. 300 Veranstaltungen in München, setzen wir unseren Schwerpunkt in der Klassik, sind aber darüber hinaus auch in vielen anderen Genres aktiv.
Frage 2:
Für uns ist die Zeit momentan natürlich sehr von Unsicherheit geprägt. Denn zum einen wissen wir nicht wann wir wieder so werden veranstalten können, wie wir das gewohnt sind und wir wissen natürlich auch nicht, wie und unter welchen Maßgaben wir unseren Planungen vorantreiben sollen. Und natürlich fehlt einem auch persönlich etwas. Allein der gewohnt und sehr lieb gewonnene Tagesablauf, bei dem man sich dann meist ab 18 Uhr auf den Weg ins Konzert macht, die Atmosphäre vor Ort, und die Musik, fehlen mir persönlich sehr!
Frage 3:
Natürlich verstehen, wir den Drang, vor allem der vielen Künstler, möglichst bald wieder spielen zu wollen und aufzutreten. Vor einem leeren Saal aufzutreten, denken wir ist aber in den meisten Fällen auch künstlerisch nicht wertvoll – und wirtschaftlich eben leider auch nicht sinnvoll.

Münchner Symphoniker, Tilman Dost, Geschäftsführender Intendant der Münchner Symphoniker
Frage 1:
Mein Name ist Tilman Dost und ich bin seit 1. Juli neuer geschäftsführender Intendant der Münchner Symphoniker. Die Münchner Symphoniker sind das experimentierfreudigste Orchester der Landeshauptstadt. Mit unserem Chefdirigenten Kevin John Edusei prägen wir mit musikalischer Qualität und Originalität in der Programmgestaltung den Klang der Stadt. Wir gestalten Konzerte als Ort für gemeinsames Erleben und spontanen Austausch mit unserem Publikum: In der lebendigen Auseinandersetzung mit der Tradition entsteht so eine Verbindung zwischen Hörenden und Spielenden, die sich über das Konzert hinaus in die Stadt und in den digitalen Raum fortsetzt.

Frage 2:
Orchester benötigen den direkten Austausch mit dem Publikum und das Auftreten in den
Konzertsälen dieser Welt. In den vergangenen Wochen war der direkte Austausch sehr schwierig – deswegen haben wir viele Formate für die digitalen Medien und die sozialen Netzwerke neu konzipiert und erstellt. Nach der langen Auftrittspause tasten wir uns nun langsam endlich wieder an das analoge Format heran und treten vor unserm Publikum in Kammermusikformationen auf. Wir wollen sobald als möglich wieder unter normalen Umständen als Konzertveranstalter tätig sein.

Frage 3:
Wir brauchen klare politische Vorgaben, damit wir Planungssicherheit haben. Wir wünschen uns breite gesellschaftliche und politische Unterstützung, die uns hilft, die schwere Krise zu meistern.

Florian Schönhofer, Betreiber Café Kosmos, Bufet und 404.
Frage 2:
Wir kommen schon drüber.
Frage 3:
Die klassischen Kultursponsoren, wie Kulturreferat und Stadtsparkasse, sind leider nicht flexibel genug um auf die Situation zu reagieren. Das ist sehr schade, wegen der vielen ungenutzten Möglichkeiten die sich gerade für den Nachwuchs ergeben haben.

HIDALGO-Festival, Philipp Nowotny, Geschäftsführung
Frage 1:
Ich heiße Philipp Nowotny und bin Geschäftsführer beim HIDALGO-Festival. Ich bin vor allem fürs Marketing zuständig.
Frage 2:
Das schlimmste ist die Ungewissheit: Wir wissen nicht, was im nächsten Monat sein wird, im
nächsten halben Jahr oder auch in einem Jahr. Ganz persönlich denke ich, dass wir diese
Ungewissheit jetzt akzeptieren und nach vorne schauen müssen. Wir haben bei uns so einen
Zweckoptimismus, dass kleine Konzerte dann hoffentlich irgendwie doch gehen. Mit weniger
Zuschauer*innen und strengen Hygiene-Regeln. Wir sind aber natürlich trotzdem besorgt. Um unsere Künstler*innen, die auf ihre Gagen angewiesen sind, aber auch um andere wichtige Beteiligte wie zum Beispiel Autor*innen, Grafiker*innen und Fotograf*innen.
Frage 3:
Ich wünsche mir, dass wir und unsere Zuschauer*innen bald wieder richtige Live-Veranstaltungen erleben können. Natürlich können wir uns vieles auch zuhause am Laptop anschauen, aber das ist nicht das gleiche. Unsere Kunst lebt davon, dass etwas unglaublich Berührendes genau jetzt, genau in diesem Moment und nur hier entsteht.

Münchner Kammeroper, Vadim Mirovsky, Produktionsleiter
Frage 1:
Als studierter Musikwissenschaftler bin ich seit 15 Jahren in der Veranstaltungsbranche tätig. Seit fünf Jahren arbeite ich als Produktionsleiter bei der Kammeroper München und bin dort auch für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Frage 2:
Unzählige und sehr intensive Gespräche mit anderen Kollegen, die Suche nach neuen
Veranstaltungsformaten, die unter den gegebenen Umständen funktionieren können, und auch die Zukunft der kleinen, privaten Kulturunternehmen bereiten mir im Moment die größten Sorgen.
Frage 3:
Als Veranstalter brauche ich klare Rahmenbedingungen seitens der Regierung und der Stadt, egal ob ich ein kleines Konzert oder eine größere Opernproduktion auf die Beine stellen möchte. Ich wünsche mir, dass die Kultur mehr finanzielle und organisatorische Unterstützung erhält.