Regierung plant Gesundheitskioske deutschlandweit – Lauterbach präsentiert Eckpunkte für Gesetzesinitiative

Foto: © BMG / Thomas Ecke

Deutschlandweit sollen neue Beratungsangebote für Patientinnen und Patienten in sozial benachteiligten Regionen aufgebaut werden. Das ist Ziel einer Gesetzesinitiative, die Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach beim Besuch des Gesundheitskiosks Hamburg Billstedt vorgestellt hat. Entsprechende Eckpunkte liegen vor, die gesetzlichen Regelungen sollen zeitnah folgen. Danach sollen langfristig 1.000 Gesundheitskioske bundesweit aufgebaut werden. Initiiert werden sollen die Anlaufstellen von den Kommunen, finanziert mehrheitlich von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen, die Kommunen beteiligen sich. Hauptaufgabe der Kioske ist es, den Zugang zur Versorgung der Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf zu verbessern und die Versorgung zu koordinieren.

Dazu erklärt Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

„Gesundheit ist eine der wichtigsten sozialen Fragen des 21. Jahrhunderts. Auch unter wirtschaftlichem Druck muss es uns gelingen, in einer alternden Gesellschaft das Solidarsystem zusammenzuhalten. Deshalb darf in Deutschland weder der Geldbeutel noch der Wohnort über die Behandlung von Patientinnen und Patienten entscheiden. Gesundheitskioske können dabei einen entscheidenden Unterschied machen. Selbst in strukturell schwachen Gebieten sollen alle die Möglichkeit haben, schnell und kompetent in Gesundheitsfragen beraten zu werden und unbürokratisch Hilfe zu erhalten. Beratung, Vermittlung und vorbeugende Maßnahmen sind Beispiele für die Lücken im System, die so in benachteiligten Regionen geschlossen werden sollen.“

Folgende Eckpunkte sind Grundlage für die Gesetzesinitiative:

  • Gesundheitskioske bieten insbesondere in sozial benachteiligten Regionen und Stadteilen niedrigschwellige Beratung
  • Die Krankenkassen fördern zusammen mit den Kommunen mit Hilfe der Gesundheitskioske insbesondere die Gesundheitskompetenz von Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf und bieten diesen im Bedarfsfall individuelle Beratung zur Unterstützung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils. Ferner bieten die Krankenkassen und das „GKV-Bündnis für Gesundheit“ in den Gesundheitskiosken Informationen für Kommunen und andere interessierte Stellen über Projekte zur Gesundheitsförderung in den Lebenswelten der Menschen.  
  • Weitere Aufgaben sind insbesondere:
    • Die Vermittlung von Leistungen der medizinischen Behandlung, Prävention und Gesundheitsförderung und Anleitung zu deren Inanspruchnahme;
    • allgemeine Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur medizinischen und sozialen Bedarfsermittlung;
    • die Koordinierung der erforderlichen Gesundheitsleistungen und Anleitung zu deren Inanspruchnahme;
    • die Unterstützung bei der Klärung gesundheitlicher und sozialer Angelegenheiten;
    • die Bildung eines sektorenübergreifenden Netzwerkes;
    • Durchführung einfacher medizinische Routineaufgaben wie z.B. Blutdruck und Blutzucker messen, Verbandswechsel, Wundversorgung und subkutane Injektionen – veranlasst von Ärztinnen und Ärzten;
    • perspektivisch: Erweiterung um ergänzende Beiträge zur Sicherstellung der Primärversorgung
  • Leitung/Personal des Gesundheitskiosks:
    • examinierte Pflegefachkräfte
    • perspektivisch Pflegefachkräfte (Gesundheits- und Kinder-)Krankenpfleger/in, Altenpfleger/in, Pflegefachfrau/Pflegefachmann) mit Heilkundekompetenz (im Sinne von community health nursing – CHN), 
  • Es ist eine enge Kooperation mit dem ÖGD sicherzustellen (z.B. Mitwirkung bei Prävention und Gesundheitsförderung, Durchführung von Impfungen in den Räumen des Kioskes).
  • Das Initiativrecht zur Errichtung eines Kioskes liegt bei den Kommunen, d.h. die Kommunen entscheiden eigenständig über die Errichtung eines Gesundheitskiosks und können von den Krankenkassen den Abschluss eines schiedsamtsfähigen Vertrages über die Einzelheiten verlangen. Ziel ist es, pro 80.000 Einwohner einen Kiosk zu errichten, also bundesweit insgesamt 1.000 Kioske.
  • Sofern eine Kommune das Initiativrecht ausübt, sind die Landesverbände der Krankenkassen verpflichtet, gemeinsam (also wettbewerbsneutral) in Zusammenwirken mit den Kommunen/ÖGD Kioske zu errichten. Ausdrücklich können solche Angebote auch mobil (z.B. mit Hilfe von Bussen) erfolgen. 
  • Da die Kioske auch Aufgaben der Daseinsvorsorge vornehmen, besteht die Verpflichtung der Kassen zur Beteiligung an einem Kiosk nur, wenn sich auch die Kommunen insbesondere finanziell an den Kiosken beteiligen.
  • Die Finanzierung wird zwischen den Kommunen auf der einen und gesetzlicher und privater Krankenversicherung auf der anderen Seite aufgeteilt. Die gesetzliche Krankenversicherung wird 74,5 % der Gesamtkosten, die private Krankenversicherung 5,5 % und die Kommunen 20 % der Gesamtkosten tragen.
  • Im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Förderung gesundheitsförderlicher Strukturen unterstützen die Krankenkassen über die Initiative „GKV-Bündnis für Gesundheit“ den Aufbau der Gesundheitskioske in den Kommunen.
  • Die privaten Krankenversicherungsunternehmen sind verpflichtet, sich an den Kiosken zu beteiligen, da auch Privatversicherte das Angebot in Anspruch nehmen können.
  • Die Einzelheiten zu Voraussetzungen und Leistungsinhalt sind im Gesetz vorgegeben. Die weiteren Einzelheiten werden unter Berücksichtigung der Bedingungen vor Ort in schiedsamtsfähigen Verträgen zwischen gesetzlichen und privaten Krankenkassen/Krankenversicherungsunternehmen und Kommunen konkretisiert.
  • Andere Sozialleistungsträger (z.B. Rentenversicherung) können sich zusätzlich finanziell beteiligen.
  • Auf die bestehenden Beratungsstrukturen der Pflegeversicherung, insbesondere die Pflegestützpunkte, soll bei Bedarf hingewiesen und ggf. dorthin vermittelt/begleitet werden. Auch die Vernetzung mit anderen Beratungs- oder Servicestellen (z.B. den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen) ist möglich. Kommunale Strukturen sind einzubeziehen, vorhandene Ressourcen und Synergien sollen sinnvoll genutzt werden (Jugendämter, Familienzentren, Integrationszentren, Ämter für Familie und Jugend, Ämter für Soziale Dienste, Koordinierungsstellen „gesundheitliche Chancengleichheit“, Stadtteil-/Quartiersmanagementbüros, Netzwerk Frühe Hilfen etc.)
  • Die Arbeit der Kioske ist zu evaluieren.