Sicherheitsreport 2022 der Münchner Polizei

Symbolbild

Jährlich zieht das Polizeipräsidium München eine Bilanz über das Vorjahr und fasst die wichtigsten Aspekte in einem Sicherheitsreport zusammen. Dieser umfasst sowohl die Kriminalstatistik als auch die Verkehrsunfallstatistik des Jahres 2022. Mit dem Sicherheitsreport und den daraus gewonnenen Erkenntnissen wollen wir auch unsere zentralen Botschaften und Strategien vorstellen.

Wie die Jahre zuvor kann festgestellt werden: „In München zu leben, heißt sicherer zu leben“, so Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel bei der Pressekonferenz am Freitag, den 17.03.2023.

Die Häufigkeitszahl (Straftaten je 100.000 Personen der Bevölkerung) liegt mit 4.951 im Vergleich zu 2019 um – 7,1 % niedriger. Im bundesweiten Vergleich steht das Polizeipräsidium München erneut auf einem Spitzenplatz unter den deutschen Großstädten.

Dabei unterstrich der Polizeipräsident, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Bewältigte die Münchner Polizei doch neben über 310.000 Einsätzen, die über die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums München im täglichen Dienst koordiniert werden, eine Vielzahl von besonderen Einsatzlagen. Im Jahr 2022 wurden über 2.200 Versammlungen und 4.700 Veranstaltungen betreut, was einer Gesamtzunahme um + 20,1 % entsprach. Die Bandbreite reicht hierbei von Fußballspielen und Sportveranstaltungen wie die European Championships über den Schutz von Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz und dem Treffen der G7-Staaten bis hin zu Versammlungslagen im Kontext mit Corona oder dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und Aktionen von Klimaaktivisten.

Der Polizeipräsident erinnerte bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik an seine Worte aus dem Vorjahr. Es war abzusehen, dass die Deliktszahlen nach der Coronapandemie und nach dem Wegfall der damit einhergehenden Infektionsschutzmaßnahmen wieder steigen werden. Zur besseren Einordnung der Kriminalitätsentwicklung wurde deshalb primär der Vergleich zum Berichtsjahr 2019 vor der Pandemie herangezogen. 

Die Zahl der Gesamtstraftaten (ohne AufenthG) mit 91.532 ist im Vergleich zum Vorjahr um + 5,1 % gestiegen, mit Blick auf 2019 bedeutet dies einen erfreulichen Rückgang um – 6,2 %.

Die Aufklärungsquote liegt mit 61,6 % weiterhin auf einem hohen Niveau. 2022 konnten somit bei 91.532 registrierten Straftaten insgesamt 56.380 Fälle geklärt werden.

Diesen Taten konnten 41.680 Tatverdächtige zugeordnet werden. Ein besonderes Augenmerk richtet die Polizei dabei auf die Mehrfach- und Intensivtäter (3,4 % der Tatverdächtigen). Diese sind für 18,8 % aller geklärter Straftaten verantwortlich. Dies unterstreicht die Bedeutung personenorientierter Ermittlungen und die Wichtigkeit der engen Zusammenarbeit mit anderen Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden.

In manchen Deliktsbereichen bietet es sich zur besseren Einordnung an, neben den Vorjahren auch einen längeren Vergleichszeitraum von z.B. 10 Jahren heranzuziehen. So auch im Bereich der Gewaltkriminalität, welcher in Anbetracht der im laufenden Jahr festgestellten Entwicklung einen Tätigkeitsschwerpunkt der Münchner Polizei bildet.

Zur Gewaltkriminalität zählen Delikte wie gefährliche und schwere Körperverletzung, Raub und räuberische Erpressung, Vergewaltigung, sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung im besonders schweren Fall, aber auch Mord und Totschlag. Mit 4.510 Straftaten nahm dieser Deliktsbereich gegenüber 2021 um + 29,0 %, (2019: + 16,6 %) deutlich zu. Im 10-Jahresvergleich zu 2013 stiegen die Delikte im Bereich der Gewaltkriminalität um + 1,9 %.

Innerhalb des Deliktfeldes der Gewaltkriminalität liegt die auffälligste Zunahme vor allem bei den Raubdelikten, welche mit 703 Taten den Höchststand der letzten 10 Jahre markieren. Dazu gehören auch Delikte der räuberischen Erpressung oder des räuberischen Diebstahls. Im 10-Jahresvergleich hat sich die Altersstruktur der Tatverdächtigen in diesem Bereich deutlich gewandelt. So waren im Jahr 2013 unter 556 ermittelten Tatverdächtigen lediglich 19 Kinder, 95 Jugendliche und 72 Heranwachsende. Sorge bereitet der Polizei, dass im Jahr 2022 unter den 626 ermittelten Tatverdächtigen 33 Kinder, 164 Jugendliche und 66 Heranwachsende sind. „Wir haben daher bereits 2021 deliktsübergreifend Einsatzkräfte unterschiedlicher Dienststellen in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe (EG Jumper) zusammengeführt, insbesondere um mit einem personenorientierten Ansatz Ermittlungskompetenzen zu konzentrieren, Schnittstellen abzubauen und in Abstimmung mit unseren Partnern wie der Stadt München auch präventive Maßnahmen besser bündeln zu können. Der EG Jumper gelang es im Zusammenhang mit jugendtypischen Aggressionsdelikten weitere Ermittlungsansätze zu Mehrfach- und Intensivtätern zu gewinnen sowie Straftaten im öffentlichen Raum zu reduzieren.“ so Herr Hampel.

Diese altersbezogene Verschiebung kann auch in den Deliktsbereichen der gefährlichen und schweren Körperverletzung festgestellt werden. Dieser Bereich macht mit 3.449 Delikten einen Anteil von 76,5 % der Gewaltkriminalität aus. Hier war eine Zunahme zum Vorjahr von + 26,7 % zu verzeichnen. Der Wert liegt in der Rückschau allerdings – 4,9 % unter dem Wert von 2013.

Die polizeiliche Kriminalstatistik kann keine Antworten zu Ursachen der Delinquenz von Kindern und Jugendlichen liefern, da sie keine kriminologischen Aspekte berücksichtigt. 

Das Aufhellen von Strukturen sowie polizeiliche Präsenz ist wesentlich für eine erfolgreiche Prävention. „Sicherheit durch Präsenz und Ansprechbarkeit heißt unsere Devise“, sagte Herr Hampel. „Diese Devise setzen wir gemeinsam mit den Jugendbeamten der Inspektionen und in Abstimmung mit der Stadt und der Justiz um. Unsere langjährigen Projekte „zammgrauft“ und „aufgschaut“ sind feste Bestandteile des Schulunterrichts an Grund- und weiterführenden Schulen. Aber auch Erwachsenen vermitteln wir in Trainings für Zivilcourage mit „Herz und Verstand“, dass Gewalt keine Lösung ist.“

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 26 versuchte und 11 vollendete vorsätzliche Tötungsdelikte in München neu aufgenommen, 9 Fälle weniger als noch 2021. Bis auf ein versuchtes Tötungsdelikt konnten zu allen Fällen die Tatverdächtigen ermittelt werden.

„Durch die hervorragende Arbeit unserer Ermittler leisten wir einen wichtigen Beitrag für das Sicherheitsgefühl der Menschen“ so der Münchener Polizeipräsident.

Der Trend zur Verlagerung von Straftaten ins Internet war auch 2022 ungebrochen. Mit zunehmendem Fortschreiten der Digitalisierung war die Bekämpfung von Cybercrime mit all ihren Ausprägungen ein weitere Arbeitsschwerpunkt. Beim Tatmittel Internet verzeichneten wir gegenüber 2019 ein Anstieg um + 64,4 % (2021: + 5,1 %).

Die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist um + 14,2 % gestiegen, was insbesondere auf die starke Zunahme von Verfahren wegen der Verbreitung (kinder-) pornografischer Inhalte (+ 131,4 % zu 2019) im Internet zurückzuführen ist. Das 2022 eingerichtete Kommissariat 17 war hier eine wichtige Weichenstellung zur weiteren Intensivierung der Bekämpfung von Kinderpornografie.

Die Verbreitung, Erwerb und der Besitz kinderpornografischer Inhalte stieg 2022 auf 348 Fälle (+ 14,9 %). Viele Ermittlungsverfahren werden auf Grund von Mitteilungen durch nationale oder internationale Behörden angestoßen. Polizeipräsident Hampel: „Mit Einrichtung des Fachkommissariats 17 (sexualisierte Gewalt gegen Kinder sowie Kinder- und Jugendpornografie) im April letzten Jahres gingen wir einen weiteren wichtigen Schritt zur Bekämpfung dieser besonders widerwärtigen Kriminalitätsformen und somit zum Schutz von Kindern, die besonders verletzlich und schützenswert sind. Der Blick auf eine besonders hohe Aufklärungsquote von 92,8 % zeigt den Erfolg unserer Strategie.
In Zusammenarbeit mit dem BLKA konnten wir 1.386 Tatverdächtige von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfolgreich identifizieren.“

Bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung war vor allem eine starke Zunahme bei der Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff in besonders schwerem Fall mit 308 Fällen festzustellen (+ 33,9 %). Im längerfristigen Vergleich bewegt sich diese Zahl zwar im statistischen Mittel, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung traumatisieren die Opfer jedoch oft sehr stark. Herr Hampel wies darauf hin, dass es den Ermittlern im letzten Jahr gelang, den Großteil der Tatverdächtigen zur Rechenschaft zu ziehen (Aufklärungsquote von 80,8 %).

Im Bereich der häuslichen Gewalt waren im Jahr 2021 die bekannt gewordenen Delikte leicht zurückgegangen. Mit 3.069 Delikten liegen die Zahlen im Jahr 2022 mit + 17,5 % im Vergleich zu 2021 wieder ungefähr bei den Zahlen der Zeit vor der Coronapandemie.

Erfreulicherweise nahmen mehr Opfer die Möglichkeit in Anspruch, Platzverweisungen und Kontaktverbote gegen die Täter zu erwirken. Diese kurzfristigen Maßnahmen spricht die Polizei im Vorgriff auf längerfristige gerichtliche Entscheidungen aus.

Die überwiegend weiblichen Opfer (77,5 %) werden in diesen Situationen nicht allein gelassen. Mehr als 950 mal hat das Kommissariat 105 für Opferschutz und Prävention Geschädigte selbst beraten. Fast ebenso oft erfolgte eine Beratung durch verschiedene städtische, kirchliche und soziale Hilfseinrichtungen, mit denen die Polizei im Rahmen des Münchner Unterstützungsmodells (MUM) zusammenarbeitet.

Im Bereich der Rauschgiftdelikte liegt die Zahl mit 8.698 Fällen + 10,5 % über dem Jahr 2021. Dies ist allerdings – 17,7 % unter dem Wert des Jahres 2019. Der Anteil der Verstöße im Zusammenhang mit Cannabis macht hierbei mit 75,5 % den weit überwiegenden Anteil der Rauschgiftkonsumverstöße aus. Kokainkonsumverstöße stiegen jedoch ebenfalls um + 35,6 % an. Besorgniserregend ist die gestiegene Zahl der Drogentoten von 66 (2019: 44). Das Durchschnittsalter der Verstorbenen lag dabei bei 39 Jahren. „Die Zahl der Drogentoten zeigt, dass man das Thema Drogenkonsum nicht verharmlosen darf.“ sagte Herr Hampel.

Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) wurden 2022 insgesamt 1.647 Straftaten registriert. Davon waren 414 Fälle der Hasskriminalität zuzuordnen, was einem Plus von 14,7 % zum Vorjahr entspricht. Diesem Themenfeld werden grundsätzlich alle Straftaten zugeordnet, die mutmaßlich durch gruppenbezogene Vorurteile motiviert sind. 81,9 % der Vorurteilskriminalität lag zudem im Phänomenbereich PMK-Rechts. Mehr als die Hälfte der Straftaten (60,6 %) konnten aufgeklärt werden.

Der Polizeipräsident: „Die Bekämpfung von Hasskriminalität ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir sind eine bunte, moderne Stadtgesellschaft geprägt von Toleranz und durch Menschen mit unterschiedlichsten Geschichten. Daher ist ein Perspektivwechsel auch für uns als Behörde sehr wichtig. Wir sind ständig im Austausch mit vielen vulnerablen Gruppen, etwa der jüdischen Gemeinschaft, der Deutschen Sinti und Roma sowie der LGBTIQ* und Black Community.
Dieser Austausch stärkt auch das Verständnis und vor allem das Vertrauen in polizeiliches Handeln und erhöht die Akzeptanz für polizeiliche Maßnahmen. Er macht uns „kulturell stark“. Menschenverachtenden Ausprägungen treten wir entschieden entgegen.“

Die Anzahl der Diebstahlsdelikte stieg im Vergleich zu 2021 um +20,8%. Im Langzeitvergleich mit dem Jahr 2013 liegt der Wert bei – 30,0 %. Besonders deutlich wird der Zusammenhang mit den coronabedingten Infektionsschutzmaßnahmen dabei am Phänomen des Wohnungseinbruchdiebstahls, wo eine Zunahme von + 33,3 % auf 553 Fälle zu verzeichnen ist. Mit Blick auf das Jahr 2019 liegen die Zahlen mit – 49,9 % auf einem weiterhin niedrigen Niveau. 

„Der Anteil von Home-Office ist wieder gesunken, weshalb die Menschen auch wieder häufiger außer Haus sind“, erklärt Hampel und „es bieten sich Einbrechern wieder mehr Tatgelegenheiten“. Schlüsselfaktoren zur Bekämpfung ist hier nicht nur die länderübergreifende, internationale Zusammenarbeit, sondern auch die regionale Prävention wie durch die technische Beratungsstelle des Polizeipräsidiums München. Die Investition in technische und bauliche Maßnahmen lohnt sich.

Mit einer Versuchsquote von 52,3 % verlief 2022 mehr als jeder zweite Wohnungseinbruch erfolglos. 2019 lag die Versuchsquote noch bei 40,5 %. Das deutet aktuell auf weniger professionelle Täter und bessere Sicherungstechnik der Wohnungen hin. Der durch Wohnungseinbruch entstandene Beuteschaden lag bei 2,53 Mio. Euro„Denken Sie aber auch daran, dass die psychischen Folgen bei Einbruchsopfern oftmals weitaus verheerender sind als der materielle Schaden“, so der Polizeipräsident. „Rufen Sie beim geringsten Verdacht sofort die 110 an, hören Sie auf Ihr Bauchgefühl!“ Die Kampagnen „K-Einbruch – sicher wohnen in München“ zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger wird zielgerichtet fortgeführt.

Besonders beschäftigt uns zudem im Bereich der Vermögensdelikte der Trickbetrug, bzw. der sogenannte Callcenterbetrug.

Mit 5.410 Fällen und einem Gesamtschaden von über 8 Mio. Euro bleibt der Phänomenbereich Callcenterbetrug weiter hoch aktuell. Waren es in 2021 noch die Falschen Polizeibeamten (2021: 4.310 Fälle; 2022: 3.722 – 13 %), stellen wir im letzten Jahr vor allem einen Anstieg um + 60,7 % auf 593 Delikte im Bereich des extrem verwerflichen Schockanrufs fest und bilanzieren eine damit verbundene Schadenshöhe von 5,05 Mio. Euro.

Laut der AG Phänomene der Kriminalpolizei München sind die Täter mittlerweile in vielen europäischen Ländern aktiv. Innerhalb der Netzwerke der kriminellen Strukturen bestehen feste Aufgabenverteilungen. Den Ermittlungserfolgen zur Überführung der Hintermänner liegen dabei nicht selten die Festnahmen der Abholer zu Grunde, welche ebenfalls durch die Justiz konsequent wegen Mittäterschaft verurteilt werden. „Der Polizei in München gelangen zuletzt mehrfach Festnahmen in Kooperation mit ausländischen Behörden“, berichtete Herr Hampel. „Wir haben dort beachtliche Ermittlungserfolge erzielt. In den letzten Jahren konnten wir zusammen mit türkischen Behörden zwei Callcenter in der Türkei zerschlagen“ . Im Rahmen einer Bäckertütenaktion wird auf die Betrugsmaschen mit Warnhinweisen aufmerksam gemacht. Extra geschriebene und kurzweilig aufgeführte Theater-Stücke für Senioren  bringen den Zuschauern das perfide Vorgehen der Betrüger näher. „Auch beim Phänomen Schockanruf setzen wir stark auf Prävention“, so Hampel. „Wir wollen potentielle Opfer frühzeitig warnen und vor Verlust ihres mitunter gesamten persönlichen Hab und Gutes bewahren“.

Neben einer konsequenten Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist es unser Ziel, Straftaten zu verhindern, bevor sie passieren. Der Prävention kommt eine wesentliche Rolle unserer präsenten, bürgernahen und zukunftsorientieren Arbeit zu. Aus diesem Grund steht das Jahr 2023 beim Polizeipräsidium München auch unter dem Zeichen der Notruf- und Präventionskampagne „110 Unsere Nummer – Deine Sicherheit“, bei der aus Anlass des 110-jährigen Bestehens des Dienstgebäudes in der Ettstraße auf die Themen des Notrufs und wichtige Präventionsinhalte hingewiesen wird.

Fazit von Polizeipräsident Thomas Hampel:

„Mit Blick auf unsere Gesamtbilanz bin ich sehr zufrieden und stolz! Dank der Mithilfe und dem Vertrauen, das die Bevölkerung in ihre Münchner Polizei hat, ist es uns gelungen, den hohen Sicherheitsstandard im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München erneut zu festigen.“

„München ist zum 47. Mal in Folge die sicherste Großstadt Deutschlands “
(Bevölkerungszahl über 200.000 Personen)