Virtuelle Angehörigenarbeit auf Intensivstationen: „Die Menschlichkeit steht immer im Vordergrund der Pflege“

Virtuelle Angehörigenarbeit auf Intensivstationen: „Die Menschlichkeit steht immer im Vordergrund der Pflege“
Marina Ufelmann, Masterstudentin der ANP an der HM, ermöglicht Patienten auf der Intensivstation zumindest virtuellen Kontakt zu Angehörigen - Foto: Markus Hautmann

Ufelmann ist Fachkrankenpflegerin für Anästhesie- und Intensivpflege und zudem Praxisanleiterin im Klinikum rechts der Isar. Sie leitet den Arbeitskreis „Angehörigenfreundliche Intensivstation“ und studiert nebenberuflich den Masterstudiengang Advanced Nursing Practice (ANP) an der HM. Ihr Credo in Sachen Angehörigenarbeit: „Die Menschlichkeit steht immer im Vordergrund der Pflege. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit den Angehörigen unserer Patientinnen und Patienten. Durch sie können wir unsere Patienten als Menschen besser kennenlernen und unsere Pflege individueller auf sie ausrichten“. In ihrem Studium der ANP setzen die Studierenden eigene Projekte auf und in ihre Arbeitspraxis um. Ihre pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse kann Ufelmann direkt bei ihrer Arbeit anwenden. 

Virtueller Angehörigenkontakt in Zeiten von Corona
Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit zusammenhängenden Quarantänebestimmungen fallen Besuche auf den Intensivstationen gerade aus. Damit die Angehörigen aber einerseits einen Einblick in die Station erhalten und andererseits die Möglichkeit bekommen, mit dem Patienten zu sprechen, hat der Arbeitskreis um Marina Ufelmann virtuelle Besuche ins Leben gerufen. 

Jede der sechs Intensivstationen des Klinikums hat ein mobiles Endgerät im Einsatz. Die Pflegekräfte geben Angehörigen einen Rundgang durch die Station und beschreiben den Zustand des Patienten. Falls Angehörige dies möchten, können sie, falls der Gesundheitszustand das zulässt, mit ihrem Angehörigen reden. „Wir möchten den Angehörigen ihre Sorgen soweit wie möglich nehmen. Sie sollen sehen, dass ihre Lieben gut bei uns aufgehoben sind“, sagt Ufelmann.  

Intensivtagebücher helfen Patienten wie Angehörigen
Ein weiteres Projekt von Ufelmann und ihrem Team im Klinikum rechts der Isar sind „Intensivtagebücher“: „Etwa 32 Prozent der Angehörigen von Intensivpatienten leiden nach der Erfahrung eines Intensivstationsaufenthaltes an Depressionen, bis zu 33 Prozent am Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung. Intensivtagebücher helfen das Erlebte zu verarbeiten und reduzieren das Risiko für Depressionen und Angstzustände signifikant. Unseren PatientInnen können wir zudem ein Stück weit ihre verlorene Zeit wiederbringen“, sagt die Projektleiterin. 

Für Ufelmann ist bei ihren Projekten und ihrer täglichen Arbeit der Theorie-Praxis-Transfer sowie die Vernetzung mit anderen Fachbereichen entscheidend: „Als (angehende) Advanced Practice Nurse bringe ich die Wissenschaft in die Praxis und denke und handle dabei „interprofessionell“. Das Geniale ist doch, dass wir mit unseren unterschiedlichen Fachexpertisen alle voneinander lernen können und bei dieser kooperativen Arbeit das Wohl unserer Patienten und deren Angehörigen im Mittelpunkt steht.“ 

Die Hochschule München bietet seit 2017 den konsekutiven Master-Studiengang „Advanced Nursing Practice“ (ANP) an. Geeignet ist er für die Vertiefung von evidenzbasierter Pflegepraxis. Ziel ist bessere Pflegequalität in einem selbst gewählten Bereich der Pflegepraxis „an und mit den Menschen“ zu verwirklichen.