Wann sollte man den Rettungsdienst rufen?

Wenn eine Erkrankung oder Verletzung nicht sofort als Notfall eintritt, herrscht beim Betroffenen oder seinem Umfeld oft Unsicherheit, welche Hilfe nun geboten ist: Genügt es, den Patienten in Eigenregie zum Arzt oder ins Krankenhaus zu fahren? Ist eher ein Notruf erforderlich? Und was passiert, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass dieser unnötig war?

Die Deutsche Herzstiftung schlägt Alarm: „Bei den Anzeichen eines Herzinfarktes verstreichen hierzulande bis zur Notarzt-Alarmierung durchschnittlich immer noch mehr als drei Stunden.“ Denn die meisten Menschen scheuen davor zurück, einen Rettungswagen zu rufen, und warten lieber ab, ob die Beschwerden von allein verschwinden. Vor allem in der Nacht und am Wochenende zögern Patienten oder Angehörige zu lange, bis sie den unter Umständen lebensrettenden Anruf tätigen. Womöglich „belästigt“ man das Rettungsteam mitten in der Nacht, obwohl sich die Beschwerden später als harmlos erweisen. Und was werden die Nachbarn denken, wenn der hell erleuchtete Rettungswagen vor dem Haus steht? Macht man vielleicht zu viel Aufheben um nichts? So mancher verschenkt nun kostbare Zeit mit dem Versuch, erst einmal den Hausarzt oder Verwandte zu erreichen.    

Im Notfall ist dieses Zaudern gefährlich. Daher sollte man die Entscheidung, ob die Alarmierung eines Rettungswagens gerechtfertigt ist, im Zweifel besser dem Fachpersonal, also zunächst dem Disponenten in der Leitstelle und unter Umständen später Rettungssanitäter und/oder Notarzt, überlassen – und bei ernsthafter gesundheitlicher Gefährdung die 112 lieber einmal zu oft wählen. Folgende Aspekte helfen bei der Abwägung:

In welchen Fällen sollte man unbedingt die Notrufnummer 112 wählen?

Ein Notruf bei der Rettungsleitstelle ist in allen lebensbedrohlich erscheinenden Situationen
zwingend – zum Beispiel bei Bewusstseinsstörungen, Atemnot, Herzschmerzen, einem Schlaganfall (erkennbar an Sprachstörungen, Schwindel, Halbseitenlähmungen), sehr schmerzhaften Beschwerden im Bauchraum, stark blutenden Verletzungen und anderen lebensbedrohlichen Situationen. Die 112 ist kostenfrei und kann europaweit auch vom Handy aus ohne Vorwahl gewählt werden.

Welche Angaben sind unverzichtbar?

Die folgenden fünf „W“ sollten den Anruf bestimmen:

  • Was ist passiert?
  • Wo ist der Einsatzort?
  • Wie viele Patienten/Verletzte benötigen Hilfe?
  • Wer meldet den Notfall?
  • Warten auf Rückfragen des Disponenten vor Beenden des Gesprächs!

Auch wenn man bei einem Notruf aufgeregt ist und die Zeit drängt: Diese Angaben sind dringend notwendig und können bei der Anfahrt des Rettungsteams wichtige Minuten einsparen. Danach sollte man nicht auflegen, sondern Rückfragen der Leitstelle abwarten. Außerdem sollte zur Sicherheit eine Rückrufnummer angegeben werden. Und falls der Notfallort schwer zu finden ist, ist eine Person, die an der Straße wartet und dem Rettungswagen den Weg weist, eine große Hilfe. Wer nicht sprechen kann, sollte sich durch Klopfen oder andere Geräusche bemerkbar machen und eine Weile nicht auflegen. Der Anruf kann zurückverfolgt werden.

Wann wird ein Notarzt parallel zum Rettungswagen alarmiert?

Aufgrund der Informationen, die der Leitstellendisponent am Telefon erhält, entscheidet er, ob er zusätzlich zur Rettungswagenbesatzung einen Notarzt entsendet.

Leitet der Disponent im akuten Notfall mögliche Ersthelfer vor Ort telefonisch zur Ersten Hilfe an?

Die Leitstellen in Bayern geben Erste-Hilfe-Hinweise; sie leiten im Ernstfall auch zu Wiederbelebungsmaßnahmen an und bleiben begleitend am Hörer.

Wer entscheidet, in welches Krankenhaus der Patient transportiert wird?

Der Rettungsdienst schlägt dem Patienten ein fachlich geeignetes und zur Aufnahme bereites Klinikum vor. Auf bestimmte Wünsche nehmen die Mitarbeiter, soweit möglich, gern Rücksicht. Von Vorteil ist eine solche Abstimmung, wenn der Patient in einer bestimmten Klinik bereits bekannt ist. Denn dann kann die Diagnostik in der Regel an vorliegende Erkenntnisse anknüpfen.

Welche Unterlagen sollte der Patient bzw. eine Begleitperson beim Eintreffen des Rettungsdienstes zur Hand haben?

Sofern bereits medizinische Unterlagen – zum Beispiel Arztbriefe von Behandlungen und Krankenhausaufenthalten – vorliegen, sollten diese griffbereit sein. Ein Allergiepass (oder eine Übersicht, ob Allergien vorliegen) und die Liste der Medikamente, die der Patient einnimmt, sowie die Gesundheitskarte des Patienten, auf der Diagnosen und Besonderheiten vermerkt sind, helfen ebenfalls weiter. Wenn die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungswagens ausreicht und keine Betreuung des Patienten erforderlich ist, können die Helfer eine kleine Kliniktasche mit dem Nötigsten für einen eventuellen Aufenthalt packen: mit Schlafanzug, Morgenmantel, Hausschuhen, Waschutensilien etc.

Wer zahlt für den Einsatz eines Rettungsteams?

Die Krankenkasse zahlt den Einsatz des Rettungsdienstes in Form einer Pauschale. Privatpatienten erhalten unter Umständen eine zusätzliche Rechnung von einem Notarzt, sofern dieser mit im Einsatz war.

Was passiert, wenn sich am Notfallort herausstellt, dass der Einsatz des Rettungsteams nicht erforderlich gewesen wäre?

Dann entstehen keine Kosten für den Patienten. Die Pauschale wird nur bei Behandlung und Transport fällig.
Eine vergebliche Anfahrt wird nicht in Rechnung gestellt.

In welchen Fällen ist die Notrufnummer 112 die falsche?

Keinesfalls dürfen Bagatellen an die 112 gemeldet werden. Diese blockieren sonst die echten Notfälle. Bei Beschwerden, die sonst der Hausarzt behandeln würde, etwa einer grippalen Erkrankung, ist eine Arztpraxis aufzusuchen. Außerhalb der üblichen Sprechzeiten ist der Ärztliche Bereitschaftsdienst zuständig. Die Zentrale (Tel. 116 117 im Festnetz, Tel. 0 89/116 117 mobil) nennt die Telefonnummer des nächstliegenden diensthabenden Arztes mit dem entsprechenden Fachgebiet, den der Anrufer anschließend selbstständig kontaktiert und bei Bedarf einen Hausbesuch vereinbart. Die 116 117 ist also keine Notrufnummer im eigentlichen Sinne. Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist der richtige Kontakt beispielsweise bei hohem Fieber in der Nacht oder einer akuten Magenverstimmung am Wochenende, wenn man normalerweise zum Hausarzt gehen würde.

Was ist zu tun bei Vergiftungen?

Der Gift-Notruf hat keine bundesweit einheitliche Nummer. Die zuständige Zentrale findet man im Telefonbuch oder unter https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/der-kleine-lebensretter/vergiftungen/ Der Gift-Notruf gibt Tipps zur Ersten Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes oder kann Entwarnung bei harmlosen Substanzen geben. Wenn Übelkeit, Krämpfe, Erbrechen, Schweißausbrüche, geistige Verwirrtheit, Unruhe oder Schläfrigkeit nach Kontakt mit verdächtigen Substanzen auftreten, ist unverzüglich der Notruf 112 zu alarmieren.