Warnstreik im ÖPNV am Montag, 26. Oktober 2020: Verdi will U-Bahn, Tram und Bus komplett lahmlegen

  • Verdi will U-Bahn, Tram und Bus komplett lahmlegen
  • MVG verurteilt Strategie der Eskalation in Corona-Zeiten

Die Gewerkschaft Verdi weitet ihre Streikaktivitäten erneut aus: Sie ruft die Beschäftigten in allen bei U-Bahn, Tram und Bus geltenden Tarifverträgen für Montag, 26. Oktober, zu einem offenbar ganztägigen Warnstreik auf. Widersprüchliche Aussagen gibt es dazu, ob dieses Mal auch die Fahrerinnen und Fahrer des privaten Omnibusgewerbes die Arbeit niederlegen. Die S-Bahn (Betreiber: DB AG) ist am Montag fahrplanmäßig in Betrieb.

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) kann nicht zuverlässig abschätzen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Montag zum Dienst erscheinen werden. Ziel der MVG ist es, möglichst alle verfügbaren Fahrzeuge im Fahrgastbetrieb einzusetzen, soweit dies sinnvoll und betrieblich realisierbar ist. Welche Linien tatsächlich bedient werden können, stellt sich unter den gegebenen Umständen leider erst am Montag zu Betriebsbeginn heraus. Daher rät die MVG ihren Fahrgästen, am Montag grundsätzlich auf andere Verkehrsmittel auszuweichen.

Absehbar sind zum jetzigen Zeitpunkt folgende Auswirkungen:
• U-Bahn: Die U-Bahn geht zunächst nicht in Betrieb. Eine Aufnahme des Zugbetriebs auf einzelnen Linien ist zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausgeschlossen, falls ausreichend Personal zur Verfügung steht.

• Tram: Der Betrieb ist stark eingeschränkt. Wie viele Fahrzeuge wo eingesetzt werden können, steht leider erst ab Montagmorgen fest.

• Bus: Ziel ist, auf möglichst vielen Linien einen 20-Minuten-Takt anzubieten. Wenn auch die privaten Bus-Kooperationspartner der MVG zum Streik aufgerufen werden, käme es zu zusätzlichen Behindeurngen.

Die MVG wird am Montag ab ca. 6 Uhr auf www.mvg.de, auf ihrer Facebook-Seite, auf Twitter und in der App „MVG Fahrinfo München“ live über die aktuelle Betriebssituation berichten. Selbstverständlich werden die Fahrgäste auch über die elektronischen Anzeigen und mit Durchsagen über die Einschränkungen informiert.

Was sagt die Geschäftsführung zu dem Streik? Ingo Wortmann, SWM Geschäftsführer Mobilität und MVG-Chef und Werner Albrecht, SWM Personalgeschäftsführer und Arbeitsdirektor, bewerten den Warnstreik wie folgt: „Verdi hat scheinbar den Bezug zur Realität verloren. Ein solch massiver Warnstreik ist eine Zumutung für die Fahrgäste, die den ÖPNV über die Fahrpreise finanzieren. Außerdem konterkariert der Ausstand den Infektionsschutz in Zeiten stark steigender Fallzahlen in München. Darüber hinaus sind auch die Forderungen von Verdi deplatziert: Große Sprünge sind in einer Wirtschaftskrise nicht drin. Ein maßvoller Tarifabschluss ist zwingend erforderlich, damit unser Unternehmen die finanzielle Krise meistern und sichere Arbeitsplätze anbieten kann.“

Sind die Verhandlungen gescheitert? Nein. Bisher gab es jeweils zwei Verhandlungsrunden pro Tarifvertrag. Eine Einigung wurde dabei zwar noch nicht erzielt. Gewerkschaften und Arbeitgeber bleiben jedoch im Gespräch: Die nächsten Verhandlungen finden am 30. Oktober (TV-N Bayern) bzw. 9. November 2020 (TV MVG) statt.

Verweigern die Arbeitgeber Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen? Nein. Das ist Unsinn. Auch über Arbeitsbedingungen wird gesprochen. Fakt ist jedoch, dass das Geld nur einmal ausgegeben werden kann. Das heißt: Im Rahmen des Volumens des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst können – anstelle von Entgelterhöhungen – auch Entlastungen für die Beschäftigten vereinbart und finanziert werden. Die Gewerkschaften wurden gebeten, ihre umfangreichen Forderungen bis zu den nächsten Gesprächsterminen zu priorisieren.

Was haben die Arbeitgeber bisher angeboten? Das bisher vorliegende Angebot orientiert sich an den Verhandlungen im öffentlichen Dienst. Es sieht eine Erhöhung der Gehälter in drei Stufen um insgesamt 3,5 Prozent ab 1. März 2021 vor. Ferner beinhaltet es eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von einmalig 300 Euro mit Auszahlung im Dezember 2020. Finanzierbar wäre außerdem eine finanzielle Entlastung beim Zusatzurlaub (2,25% statt bisher 2,5% Gehaltsverzicht bei Wahl von fünf zusätzlichen freien Tagen). Das Volumen des Angebots spiegelt die aktuelle wirtschaftliche Situation wider. Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr um 5,4 Prozent. Die Inflationsrate lag im September 2020 bei -0,2 Prozent.

Sind die Arbeitsplätze sicher? Im Unterschied zu vielen anderen Branchen gibt es im ÖPNV keine Pläne für einen Stellenabbau. Die Arbeitsplätze sind krisensicher, selbst in Coronazeiten. Voraussetzung dafür ist, dass die SWM und die MVG die drastischen finanziellen Auswirkungen der Pandemie überwinden. Daher ist ein maßvoller Tarifabschluss unumgänglich.

Wie viel verdient man im Fahrdienst überhaupt? Das Gehalt eines Fahrers liegt bei rund 3.000 Euro (TV MVG Gruppe 2, Stufe 3 inkl. Münchenzulage). Dazu kommen weitere Zulagen (z. B. für Schichtdienst, Nachtarbeit). Die Entgelte sind seit 2013 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Zuletzt kam trotz Coronakrise die Münchenzulage (270 Euro/Monat) hinzu. Die Entlohnung im kommunalen Nahverkehr in München liegt im deutschlandweiten Vergleich im Spitzenfeld.

Wie sind die Arbeitsbedingungen? SWM und MVG sind zuverlässige Arbeitgeber. Sie bieten ihren Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen und legen Wert auf die Vereinbareit von Beruf und Privatleben. So gibt es die Option auf fünf Tage Zusatzurlaub pro Jahr gegen Gehaltsverzicht. Der Dienstplan kann im Fahrdienst im Rahmen des so genannten Wunschdienstplans aktiv mitgestaltet werden. Es gibt verschiendene Teilzeitmodelle. Die Ausbildung im Fahrdienst wird vom Arbeitgeber finanziert – bei vollem Gehalt für die angehenden Mitarbeiter. Die Beschäftigten nutzen die Verkehrsmittel der MVG in ihrer aktiven Dienstzeit kostenlos. Sie profitieren von vielfältigen Angeboten des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Darüber hinaus stellen die SWM vergünstigte Werkswohnungen zur Verfügung.