Wenn „Hilfe“ dem Täter zum Verhängnis wird

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Foto: Bundespolizei

Öffentlichkeitsfahndungen sind oft das letzte Instrument um Tatverdächtige zu identifizieren. Eine Stufe darunter befinden sich polizei-interne Fahndungsmaßnahmen. Eine solche wurde nun einem 68-Jährigen, der am 6. Juni dieses Jahres eine 83-Jährige, am Bahnhof Starnberg Nord verletzt hatte, zum Verhängnis. Aber auch die Hilfeleistung eines Bundespolizisten spielte dabei eine entscheidende Rolle.

Am Donnerstagabend (29. August) befand sich ein 56-jähriger Bundespolizist aus Aichach im RE 58628 auf dem Heimweg. Kurz nach 16 Uhr sprach ihn ein Zugbegleiter an. Ein Rollstuhlfahrer würde am Bahnhof Pasing stehen und der DB-Mitarbeiter bräuchte Unterstützung beim Transport in den Zug. Der Polizeihauptkommissar bot freundlich seine Hilfe an. Als er den Rollstuhlfahrer sah, erkannte er in ihm sehr schnell eine Person, dessen Bild er erst kürzlich auf einem polizeiinternen Fahndungsflyer gesehen hatte.

Markant daran, dass er nicht nur das Gesicht, sondern auch Teile der Bekleidung, die auch das Bild des Fahndungsflyers abbildete, erkannte. Schnell waren die Personalien erhoben und der Identifizierte 63-Jähirge aus Augsburg muss nun nach einer Vorladung auch mit einer Strafanzeige rechnen.

Der zunächst Unbekannte war gesucht worden, weil er am 6. Juni 2019 eine 83-Jährige aus Gauting verletzt haben soll. Am Bahnsteig des Bahnhofes Starnberg Nord wartete ein Rollstuhlfahrer zusammen mit drei anderen Frauen auf den Aufzug. Als dieser kam, bot die 83-Jährige dem Rollstuhlfahrer an, ihm den Vortritt in den Aufzug zu lassen. Er lehnte das Angebot jedoch – gentlemanlike – ab und bestand darauf, dass die drei Frauen, zuerst den Aufzug betreten. Nachdem dies geschehen war, setzte der Mann seinen Elektro-Rollstuhl in Bewegung. Er fuhr, offensichtlich weil er zu spät bremste, der Gautingerin gegen die Beine. Dies stürzte daraufhin zu Boden.

Während die anderen beiden Frauen die 83-Jährige aufhalfen, zeigte der Täter nach Zeugenaussagen – jetzt gar nicht ehr gentlemanlike – „keinerlei Interesse am Wohlbefinden der alten Dame“. Statt zu helfen fuhr er mit seinem Elektro-Rollstuhl davon.

Gegenüber alarmierten Polizisten der Inspektion Starnberg lehnte die 83-Jährige zunächst ärztliche Hilfe ab. Da sie aber eine stark blutende Wunde am Unterschenkel hatte, wurden Sanitäter verständigt, die die Frau in ein Klinikum transportierten. Dort wurde eine tiefe Fleischwunde genäht, die vermutlich von einer Kante des Rollstuhls herrührte. Auch das zweite Bein, das zahlreiche Hämatome aufwies, musste behandelt werden. Im Krankenhaus waren der Gautingerin fünf Tage ärztliche Bettruhe verordnet worden, ehe sie – ohne weitere Beeinträchtigungen an der Gesundheit – wieder nach Hause durfte.

Gegen den 68-Jährigen Tatverdächtigen ermittelt die Münchner Bundespolizei, die den Vorgang zuständigkeitshalber von den Kollegen aus Starnberg übernommen hatte, nun wegen des Verdachts der Fahrlässigen Körperverletzung.

Zur Information:
Bei Fällen wie den geschilderten am Bahnsteig des Bahnhofes Bahnhof Nord, wertet die Bundespolizei, sofern vorhanden, Bilder der Videoaufzeichnung aus. Sofern sich darauf Täter befinden, und nicht sofort identifiziert werden können, werden inklusive der Bilder sogenannte „polizei-interne“ Fahndungsflyer erstellt. Diese sind von den Staatsanwaltschaften genehmigt und werden, i.d.R. örtlich zuständigen Polizeidienststellen zugesandt. Oft erkennen örtliche Polizeibeamte darauf Tatverdächtige. Nach deren Identifizierung werden diese meist als Beschuldigte eines Strafverfahrens geführt.