Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen würde allein in Bayern tausende Existenzen vernichten

Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen würde allein in Bayern tausende Existenzen vernichten

Geppert: „Berechnungen zeigen, welche regionalen Auswirkungen eine Steuererhöhung von 7 auf 19 Prozent hätte: Betriebsschließungen, steigende Preise und Verlust an Arbeitsplätzen und Lebensqualität wären die Folge“.

„Die sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen müssen bleiben, um massive Betriebsschließungen, steigende Preise, sinkende Umsätze und einen Verlust an Arbeitsplätzen und Lebensqualität, gerade auch in den ländlichen Regionen Bayerns, zu verhindern“, dies ist das Fazit von Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern, hinsichtlich Berechnungen, die auf der Juli-Umfrage des Verbandes beruhen. „Eine Steuererhöhung wäre fatal für die 33.000 gastgewerblichen Betriebe, die 447.000 Erwerbstätigen sowie alle Gäste.“

Grundlage der Berechnungen bilden Zahlen des Statistischen Landesamtes Bayern sowie die jüngste Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes zu den Folgen einer Mehrwertsteuererhöhung für Speisen in der Gastronomie, an der vom 3. bis 5. Juli rund 9.600 gastgewerbliche Betriebe aus ganz Deutschland teilnahmen, darunter 2.156 Betriebe aus Bayern.

Auf die Frage, ob sie im Falle einer Mehrwertsteuererhöhung ihren Betrieb aufgeben müssten, antworteten 7,2 Prozent mit ja, weitere 46,3 Prozent, sie wüssten es noch nicht. Nach erheblichen Verlusten in den Corona-Krisenjahren, über 6.500 Betriebe gibt es seitdem nicht mehr, stünden bei einer Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen noch einmal mehr als 2.300 gastgewerbliche Betriebe im Land vor dem Aus. „Es ist davon auszugehen, dass viele weitere Betriebsschließungen mit zeitlichem Verzug folgen werden“, erläutert Geppert, „das zeigt der hohe Anteil der „Weiß ich noch nicht“-Angaben in den Umfrageergebnissen.“

Legt man ausschließlich das Umfrageergebnis von 7,2 Prozent („Ja, ich werde den Betrieb bei einer Mehrwertsteuer-Erhöhung aufgeben müssen“) für die Städte und Landkreise in Bayern zugrunde, würden sich die Betriebszahlen vor Ort in einer „ersten Welle“ wie folgt verändern:

Stadt/Landkreis Steuerpflichtige gastgewerbliche Betriebe
2019
Veränderung durch die
Corona-Pandemie
2019-2021 [1]
Hochrechnung:
So vielen Betrieben droht durch die Rückkehr zu
19 % Mehrwertsteuer
das Aus
BAYERN GESAMT 39.741 33.236 (-6.505) ca. 2.393 [2]
Oberbayern, Regierungsbezirk 14.109 12.326 (-1.783) ca. 887
Ingolstadt 370 323 (-47) ca. 23
München 4202 3698 (-504) ca. 266
Rosenheim 205 177 (-28) ca. 13
Altötting, Landkreis 266 241 (-25) ca. 17
Berchtesgadener Land, Landkreis 721 612 (-109) ca. 44
Bad Tölz-Wolfratshausen, Landkreis 479 423 (-56) ca. 30
Dachau, Landkreis 353 320 (-33) ca. 23
Ebersberg, Landkreis 336 300 (-36) ca. 22
Eichstätt, Landkreis 331 268 (-63) ca. 19
Erding, Landkreis 394 317 (-77) ca. 23
Freising, Landkreis 421 387 (-34) ca. 28
Fürstenfeldbruck, Landkreis 399 355 (-44) ca. 26
Garmisch-Partenkirchen, Landkreis 748 658 (-90) ca. 47
Landsberg am Lech, Landkreis 280 266 (-14) ca. 19
Miesbach, Landkreis 577 527 (-50) ca. 38
Mühldorf a. Inn, Landkreis 251 212 (-39) ca. 15
München, Landkreis 894 793 (-101) ca. 57
Neuburg-Schrobenhausen, Landkreis 214 177 (-37) ca. 13
Pfaffenhofen a.d. Ilm, Landkreis 271 221 (-50) ca. 16
Rosenheim, Landkreis 840 709 (-131) ca. 51
Starnberg, Landkreis 358 323 (-35) ca. 23
Traunstein, Landkreis 813 704 (-109) ca. 51
Weilheim-Schongau, Landkreis 386 315 (-71) ca. 23
Niederbayern, Regierungsbezirk 3.906 3.204 (-702) ca. 231
Landshut 203 188 (-15) ca. 14
Passau 238 206 (-32) ca. 15
Straubing 166 136 (-30) ca. 10
Deggendorf, Landkreis 338 261 (-77) ca. 19
Freyung-Grafenau, Landkreis 327 260 (-67) ca. 19
Kelheim, Landkreis 347 292 (-55) ca. 21
Landshut, Landkreis 329 262 (-67) ca. 19
Passau, Landkreis 672 560 (-112) ca. 40
Regen, Landkreis 458 376 (-82) ca. 27
Rottal-Inn, Landkreis 375 286 (-89) ca. 21
Straubing-Bogen, Landkreis 219 194 (-25) ca. 14
Dingolfing-Landau, Landkreis 234 183 (-51) ca. 13
Oberpfalz, Regierungsbezirk 3.032 2.464 (-568) ca. 177
Amberg 125 108 (-17) ca. 8
Regensburg 511 454 (-57) ca. 33
Weiden i.d. OPf. 141 110 (-31) ca. 8
Amberg-Sulzbach, Landkreis 264 211 (-53) ca. 15
Cham, Landkreis 426 337 (-89) ca. 24
Neumarkt i.d. OPf., Landkreis 342 278 (-64) ca. 20
Neustadt a.d. Waldnaab, Landkreis 266 216 (-50) ca. 16
Regensburg, Landkreis 358 286 (-72) ca. 21
Schwandorf, Landkreis 376 311 (-65) ca. 22
Tirschenreuth, Landkreis 223 153 (-70) ca. 11
Stadt/Landkreis Steuerpflichtige gastgewerbliche Betriebe
2019
Veränderung durch die
Corona-Pandemie
2019-2021
Hochrechnung:
So vielen Betrieben droht durch die Rückkehr zu
19 % Mehrwertsteuer
das Aus
Oberfranken, Regierungsbezirk 3.405 2.675 (-730) ca. 193
Bamberg 299 270 (-29) ca. 19
Bayreuth 260 201 (-59) ca. 14
Coburg 154 129 (-25) ca. 9
Hof 169 130 (-39) ca. 9
Bamberg, Landkreis 384 319 (-65) ca. 23
Bayreuth, Landkreis 400 271 (-129) ca. 20
Coburg, Landkreis 178 140 (-38) ca. 10
Forchheim, Landkreis 369 292 (-77) ca. 21
Hof, Landkreis 309 221 (-88) ca. 16
Kronach, Landkreis 208 161 (-47) ca. 12
Kulmbach, Landkreis 203 169 (-34) ca. 12
Lichtenfels, Landkreis 230 179 (-51) ca. 13
Wunsiedel i. Fichtelgebirge, Landkreis 242 193 (-49) ca. 14
Mittelfranken, Regierungsbezirk 5.208 4.312 (-896) ca. 310
Ansbach 147 109 (-38) ca. 8
Erlangen 318 275 (-43) ca. 20
Fürth 330 284 (-46) ca. 20
Nürnberg 1621 1388 (-233) ca. 100
Schwabach 100 88 (-12) ca. 6
Ansbach, Landkreis 641 482 (-159) ca. 35
Erlangen-Höchstadt, Landkreis 307 245 (-62) ca. 18
Fürth, Landkreis 274 235 (-39) ca. 17
Nürnberger Land, Landkreis 435 350 (-85) ca. 25
Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Landkreis 353 282 (-71) ca. 20
Roth, Landkreis 342 289 (-53) ca. 21
Weißenburg-Gunzenhausen, Landkreis 340 285 (-55) ca. 21
Unterfranken, Regierungsbezirk 4.135 3.224 (-911) ca. 232
Aschaffenburg 281 245 (-36) ca. 18
Schweinfurt 225 184 (-41) ca. 13
Würzburg 402 384 (-18) ca. 28
Aschaffenburg, Landkreis 453 357 (-96) ca. 26
Bad Kissingen, Landkreis 563 334 (-229) ca. 24
Rhön-Grabfeld, Landkreis 287 221 (-66) ca. 16
Haßberge, Landkreis 278 193 (-85) ca. 14
Kitzingen, Landkreis 349 259 (-90) ca. 19
Miltenberg, Landkreis 408 338 (-70) ca. 24
Main-Spessart, Landkreis 324 271 (-53) ca. 20
Schweinfurt, Landkreis 265 173 (-92) ca. 12
Würzburg, Landkreis 300 265 (-35) ca. 19
Schwaben, Regierungsbezirk 5.946 5.031 (-915) ca. 362
Augsburg 747 624 (-123) ca. 45
Kaufbeuren 143 123 (-20) ca. 9
Kempten (Allgäu) 200 183 (-17) ca. 13
Memmingen 136 116 (-20) ca. 8
Aichach-Friedberg, Landkreis 279 230 (-49) ca. 17
Augsburg, Landkreis 438 370 (-68) ca. 27
Dillingen a.d. Donau, Landkreis 208 156 (-52) ca. 11
Günzburg, Landkreis 307 256 (-51) ca. 18
Neu-Ulm, Landkreis 366 302 (-64) ca. 22
Lindau (Bodensee), Landkreis 363 313 (-50) ca. 23
Ostallgäu, Landkreis 642 575 (-67) ca. 41
Unterallgäu, Landkreis 401 327 (-74) ca. 24
Donau-Ries, Landkreis 349 258 (-91) ca. 19
Oberallgäu, Landkreis 1367 1198 (-169) ca. 86

Geppert: „Die Zahlen zeigen: Eine Mehrwertsteuer-Erhöhung um zwölf Prozentpunkte würde nicht nur einen Preisschock für die Gäste bedeuten, sondern würde zu einem massiven Schaden für den ländlichen Raum und das Tourismusland Bayern sorgen. Zudem würde die Attraktivität der Innenstädte massiv leiden, wenn das gastronomische Angebot in den Zentren weiter abnimmt.“

Rund 96 Prozent der Betriebe äußerten, dass sie ihre Preise zum 1. Januar 2024 um über 15 Prozent anheben müssten, um die höhere Umsatzsteuer und die allgemein steigenden Kosten zu decken. Aufgrund der massiven Kostensteigerungen bei Energie, Waren und Personal ist davon auszugehen, dass die Preissteigerungen deutlich über 15 Prozent liegen würden. Infolgedessen befürchten 83 Prozent der befragten Betriebe in Bayern einen starken bis sehr starken Nachfrageeinbruch bei den Gästen. Parallel dazu rechnen knapp 88 Prozent der Betriebe mit starken bis sehr starken Sparanstrengungen seitens der Gäste. Rund 74 Prozent der befragten Betriebe gehen von sinkenden Netto-Umsätzen des Betriebs aus, sollte die Mehrwertsteuer erhöht werden. „Höchst problematisch daran ist“, so Geppert, „dass rund 69 Prozent der Betriebe im Land die massive Preiserhöhung bei den Gästen für nicht durchsetzbar halten.“ Um die Mindereinnahmen auszugleichen, gaben über zwei Drittel der Betriebe an, dass sich ihre Investitionen bei einer Mehrwertsteuer-Erhöhung reduzieren werden. Zudem gaben 67 Prozent der Betriebe an, dass die Finanzierung über die Banken schwieriger werden würde.

„Der reduzierte Mehrwertsteuersatz leistet derzeit einen Beitrag dazu, dass die Betriebe mehr Spielräume haben, ihre Beschäftigten gut zu bezahlen“, erläutert Geppert. Dass die Schaffung guter Arbeitsbedingungen bei einer Mehrwertsteuer-Erhöhung schwieriger werden würde, befürchten über 80 Prozent der befragten Betriebe. Geppert: „Über 28 Prozent der Umfrageteilnehmer rechnet im Falle einer Steuererhöhung fest mit Entlassungen.“

Auf betrieblicher Ebene erwarten über ein Drittel der Unternehmen, dass die durch den Arbeitskräftemangel ohnehin bereits reduzierten Öffnungszeiten nochmals verkürzt werden müssten. Knapp die Hälfte der Betriebe im Bund und 45,2 Prozent im Land würden sich in der Lage befinden, ein geringeres Speiseangebot anbieten zu müssen.


[1] Quelle: Stat. Landesamt Bayern. Bei der Zahl der steuerpflichtigen Betriebe 2021 handelt es sich um die neuesten verfügbaren Werte.

[2] Rechenbeispiel: 7,2 Prozent von 33.236 gastgewerblichen Unternehmen in Bayern (Basisjahr: 2021) sind ca. 2.393 Betriebe.