
Plötzliches hohes Fieber beim Kind während der Feiertage; stechende Schmerzen in der Brust oder ein Sturz können schnell die Frage aufwerfen: Muss ich jetzt ins Krankenhaus? Dr. Maximilian Himmerich, Chefarzt der Notaufnahme am Helios Amper-Klinikum Dachau, erklärt, wann der Gang in die Notaufnahme sinnvoll ist, wann Sie besser die 112 wählen und in welchen Fällen der kassenärztliche Bereitschaftsdienst die geeignete Anlaufstelle ist.
Aber der Reihe nach: Was ist eigentlich ein medizinischer Notfall? „Der liegt vor, wenn akute Symptome auftreten, die unbehandelt zu bleibenden Gesundheitsschäden oder sogar zum Tod führen können“, schildert Dr. Maximilian Himmerich und ergänzt: „Typische Anzeichen sind beispielsweise starke Atemnot, Bewusstlosigkeit oder heftige Schmerzen im Brustbereich. In solchen Situationen ist schnelle ärztliche Hilfe lebenswichtig.“
Wann sollte ich mit meinem Kind in die Notaufnahme?
Gerade bei Kindern ist es schwer zu sagen, ob es sich um einen Notfall handelt oder nicht. „Eltern kennen ihre Kinder am besten, aber es gibt Symptome, bei denen wir dringend raten, die Notaufnahme einer Kinderklinik aufzusuchen“, betont Dr. Himmerich und ergänzt: „Wenn ein Kind einen Krampfanfall erleidet oder etwas verschluckt hat, vor allem, wenn Atemnot auftritt, darf keine Zeit verloren werden.“ Auch Stürze mit Kopfverletzungen oder andere Unfallfolgen sind ernst zu nehmen. „Selbst, wenn äußerlich nichts zu sehen ist, können innere Verletzungen vorliegen. Im Zweifelsfall – und bei hohem Fieber, Bauchschmerzen oder auch Bewusstseinsstörungen – ist es immer besser, die Notaufnahme der Kinderklinik aufzusuchen“, sagt der Mediziner.
Wann sollten Erwachsene in die Notaufnahme?
Auch bei Erwachsenen gibt es eindeutige Anzeichen für einen medizinischen Notfall: „Starke Brust-, Bauch- oder Rückenschmerzen können auf einen Herzinfarkt oder andere schwere Erkrankungen hinweisen“, erklärt Dr. Himmerich. Oder: „Wenn jemand plötzlich das Bewusstsein verliert“, betont Himmerich. Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen können auf einen Schlaganfall hinweisen und erfordern sofortige ärztliche Hilfe. Bei Unfällen mit Brüchen, tiefen Wunden oder starken Blutungen sollte ebenfalls sofort die Notaufnahme aufgesucht werden – oder im Zweifel die 112 gewählt werden.
Was sind definitiv keine Fälle für die Notaufnahme?
Aber nicht jedes gesundheitliche Problem erfordert einen Besuch in der Notaufnahme oder die Wahl der 112. „Bei leichten Erkältungen oder grippalen Infekten ohne hohes Fieber ist der Hausarzt oder der kassenärztliche Bereitschaftsdienst die richtige Adresse“, erklärt Dr. Himmerich. Auch bei bereits bekannten chronischen Beschwerden, kleineren Verletzungen wie oberflächlichen Schnittwunden oder Prellungen sowie Routineuntersuchungen sollte der erste Weg zum niedergelassenen Arzt führen. „Unsere Ressourcen in der Notaufnahme sind für akute Notfälle vorgesehen“, betont der Chefarzt.
Wann sollte man direkt die 112 wählen?
112 ist die Nummer für akute, lebensbedrohliche Notfälle. „Hier zählt jede Minute. Zögern Sie nicht, die 112 zu wählen, wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Hilfe benötigt“, appelliert Dr. Himmerich. Das gilt bei Bewusstlosigkeit oder Nichtansprechbarkeit, bei Anzeichen eines Schlaganfalls wie plötzlichen Lähmungen oder Sprachstörungen, bei schweren Unfällen mit Verdacht auf Wirbelsäulenverletzungen, bei starken Brustschmerzen mit Verdacht auf Herzinfarkt, bei akuter Atemnot oder Erstickungsgefahr sowie bei schweren allergischen Reaktionen mit Atemnot oder Kreislaufproblemen.
Wann sollte man die Bereitschaftspraxis anrufen?
Für medizinische Anliegen außerhalb der Sprechzeiten des Hausarztes, die aber nicht lebensbedrohlich sind, steht der kassenärztliche Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116 117 zur Verfügung. „Anrufen sollte man zum Beispiel bei Brechdurchfall, Erkältungskrankheiten mit hohem Fieber über 38,5 Grad Celsius, starken Hals- oder Ohrenschmerzen, akuten Harnwegsinfekten mit Brennen beim Wasserlassen oder starken Migränekopfschmerzen, die auf Medikamente nicht ansprechen“, erklärt Dr. Himmerich. Der Bereitschaftsdienst kann beraten, Hausbesuche vermitteln oder an die nächste Bereitschaftspraxis verweisen.
„Die Gesundheit steht an erster Stelle“, betont Dr. Himmerich. „Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl, aber nutzen Sie auch die verfügbaren Ressourcen wie den Hausarzt oder den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst. So stellen wir gemeinsam sicher, dass jeder Patient die passende Hilfe erhält – zur richtigen Zeit und am richtigen Ort.“
Info-Kasten:
Wählen Sie die 112 bei:
- Bewusstseinsstörungen oder Bewusstlosigkeit
- Akuter Atemnot (z. B. Asthmaanfall)
- Allergischem Schock (nach Insektenstich oder bekannter Allergie)
- Unkontrollierbaren Blutungen
- Plötzlichen Seh-, Sprachstörungen oder Lähmungen
- Heftigen Brust-, Bauch- oder Rückenschmerzen
- Schweren Unfällen (offene Knochenbrüche, große Wunden)
Gehen Sie direkt in die Notaufnahme bei:
- Starken Schmerzen, die nicht auf Schmerzmittel ansprechen
- Mittelschweren Verletzungen (tiefe Schnittwunden, die genäht werden müssen)
- Akuten allergischen Reaktionen ohne Atemnot, aber mit starken Symptomen
- Plötzlichen starken Bauchschmerzen unklarer Ursache
- Stürzen mit Kopfverletzungen oder Bewusstseinsverlust
- Wenn Sie vom Arzt oder Rettungsdienst dorthin verwiesen werden
Rufen Sie die 116 117 an bei:
- Nicht lebensbedrohlichen Beschwerden, die nicht bis zur nächsten Sprechstunde warten können
- Brechdurchfall
- Erkältungen mit Fieber über 38,5 °C
- Rückenschmerzen ohne Lähmungserscheinungen oder neurologische Ausfälle
- Starken Hals- oder Ohrenschmerzen
- Akuten Harnwegsinfekten (Brennen beim Wasserlassen)
- Starken Migräne-Kopfschmerzen, die nicht auf Medikamente ansprechen