Bundesverdienstkreuz erster Klasse – Hohe Ehren für Aufklärer des Oktoberfest-Attentats

Bundesverdienstkreuz erster Klasse - Hohe Ehren für Aufklärer des Oktoberfest-Attentats
Kultusminister Piazolo händigt dem Rechtsanwalt Werner Dietrich und dem Journalisten Ulrich Chaussy-Wunderlich das Bundesverdienstkreuz erster Klasse aus - Fotos: StMUK Bayern / Alexandra Beier

Hohe Ehren für Aufklärer des Oktoberfest-Attentats – Kultusminister Piazolo händigt dem Rechtsanwalt Werner Dietrich und dem Journalisten Ulrich Chaussy-Wunderlich das Bundesverdienstkreuz erster Klasse aus.

Kultusminister Michael Piazolo händigt heute dem Münchner Rechtsanwalt Werner Dietrich sowie dem Münchner Journalisten und Buchautor Ulrich Chaussy-Wunderlich das Verdienstkreuz erster Klasse des Bundesverdienstordens aus. Die Auszeichnung geht damit an zwei Männer, die sich in besonderer Weise um die Aufklärung des Oktoberfest-Attentats von 1980 verdient gemacht haben. Der Bundesverdienstorden ist die höchste Auszeichnung, welche die Bundesrepublik Deutschland für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht. Kultusminister Piazolo zeigt sich beeindruckt vom unermüdlichen Einsatz der beiden Geehrten für Aufklärung und Gerechtigkeit: „Die Ordensträger erinnern uns daran, dass man sich nicht mit bequemen Antworten zufriedengeben darf. Sie sind ihrer inneren Stimme gefolgt, haben die richtigen Fragen gestellt und haben sich nicht vom richtigen Weg abbringen lassen. Ihrem Sinn für Gerechtigkeit ist es zu verdanken, dass wir das Oktoberfest-Attentat heute als das erkennen, was es war: Ein rechtsextremer Terroranschlag. Herzlichen Dank für so viel Zivilcourage!“

Der Rechtsanwalt Werner Dietrich setzt sich seit 1982 für die Opfer und Hinterbliebenen des Oktoberfest-Attentats ein und kämpft für eine angemessene Entschädigung der Opfer. Er gab sich schon vor vierzig Jahren nicht damit zufrieden, dass das Attentat lange Zeit als Einzeltat betrachtet wurde, und geht bis heute mit großer Ausdauer und Beharrlichkeit den Hintergründen nach. Dietrich war wesentlich daran beteiligt, dass die Generalbundesanwaltschaft 2014 die Ermittlungen zum Attentat wieder aufnahm und 2020 die Tat als rechtsextremistischen Akt einstufte. Neben seinem Lebensthema setzt er sich in vielfältiger Weise für die Zivilgesellschaft ein. Von 1999 bis 2011 war er Vorsitzender der „Kolibri – Interkulturelle Stiftung“ für internationale, interkulturelle und interreligiöse Verständigung in München. Darüber hinaus ist Dietrich Gründungsmitglied der „Initiative Bayerische Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e. V.“, die sich für den Rechtsschutz von Minderheiten engagiert. 2018 wurde Werner Dietrich bereits mit der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber ausgezeichnet. Kultusminister Piazolo würdigt Dietrichs lebenslangen Einsatz: „Gerechtigkeit ist Ihr Lebensmotto – in Ihrem Beruf als Rechtsanwalt genauso wie bei Ihrem gesellschaftlichen Engagement. Als Jurist weiß ich, dass es nicht immer einfach ist, zwischen Prozessmaximen und Gesetzestexten noch den Pfad der Gerechtigkeit zu entdecken. Sie haben diesen Pfad nie verlassen – auch wenn die Widerstände groß waren. Herzlichen Dank für Ihren herausragenden Einsatz für unsere Zivilgesellschaft!“

Der Journalist Ulrich Chaussy-Wunderlich machte sich vor allem als Autor zahlreicher Publikationen über den Rechtsextremismus in Deutschland einen Namen. Schon kurz nach dem Oktoberfest-Attentat begann er, die Einzeltäterthese zu hinterfragen. Die Ergebnisse seiner Recherche veröffentlichte er bereits 1985 in seinem Buch „Oktoberfest. Ein Attentat“. Er ließ sich vom damaligen geringen öffentlichen Echo nicht entmutigen und sorgte mit weiteren Publikationen dafür, dass das Attentat in der öffentlichen Erinnerung präsent blieb. Dem parallelen Einsatz von Ulrich Chaussy-Wunderlich und von Werner Dietrich ist es zu verdanken, dass die Generalbundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren 2014 wieder aufrollte und in ihren Ermittlungen die rechtsextremen Motive des Täters Gundolf Köhler zutage brachte. Ulrich Chaussy-Wunderlich erforschte und dokumentierte in zahlreichen Publikationen weitere Leerstellen in der gesellschaftlichen Erinnerung – unter anderem die Hintergründe des Mordes an Shlomo Lewin, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Nürnberg, nur wenige Monate nach dem Oktoberfest-Attentat. Kultusminister Piazolo über Ulrich Chaussy-Wunderlichs Lebensleistung: „Ihre Stimme hat Gewicht. Mit Ihren Beiträgen halten Sie unserer Gesellschaft immer wieder den Spiegel vor. Hass, Hetze und Antisemitismus sind leider noch immer präsent in der Öffentlichkeit. Deshalb brauchen wir wache Geister, die sich für Aufklärung, Versöhnung und Frieden einsetzen. Wir brauchen Menschen wie Sie. Herzlichen Dank für Ihren herausragenden Beitrag zur öffentlichen Debatte über den Rechtsextremismus in Deutschland!“