2. Stammstrecke München: Neuer Zeit- und Kostenplan

Stammstrecke

Drastisch gestiegene Bau- und Materialkosten, Projekterweiterungen und ein deutlich höherer Risikopuffer führen zu Kostenerhöhungen • Geplanter Inbetriebnahmetermin 2035  DB prüft Digitalisierung des Bahnknotens München Am Hauptbahnhof München entsteht der größte und modernste ÖPNV-Knoten Europas

Nach einer intensiven Überprüfung steht der neue Zeit- und Kostenplan für die „2. Stammstrecke München“ fest: Die Deutsche Bahn wird das Projekt nach derzeitiger Planung 2035 in Betrieb nehmen. Die Gesamtkosten steigen auf 7,0 Milliarden Euro. Die Hauptgründe für den neuen Zeit- und Kostenplan liegen in der erheblichen Projekterweiterung, dem damit länger dauernden Genehmigungsprozess und aufwändigerem Bauablauf sowie den drastisch gestiegenen Bau- und Materialpreisen. Um für die Fahrgäste schon vor Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke spürbare Verbesserungen zu schaffen, setzt die DB gemeinsam mit dem Freistaat ein umfangreiches Qualitäts-, Ausbau- und Modernisierungsprogramm um und prüft die Digitalisierung des Bahnknotens München. Damit soll das S-Bahn-System zuverlässiger, pünktlicher und leistungsstärker werden – als Voraussetzung für ein schrittweise größeres Zugangebot.
 
Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG: „Die 2. Stammstrecke soll weit mehr als eine zweite Tunnelröhre werden: In München entsteht in Verbindung mit dem neuen Hauptbahnhof der größte und modernste ÖPNV-Knoten Europas. Mit dem neuen Zuschnitt des Projektes ist es auch selbstverständlich, die Planungen und Abläufe auf den Prüfstand zu stellen und den aktuellen Erkenntnissen und Entwicklungen anzupassen. Uns war es wichtig, unseren Partnern jetzt einen realistischen Zeit- und Kostenplan aufzuzeigen. Wir bekennen uns zur Umsetzung der 2. Stammstrecke und wollen diese große Entwicklungschance für den ÖPNV in der Metropolregion München und im Freistaat Bayern nutzen.“
 
Die Gründe für den neuen Zeit- und Kostenplan im Detail
 
Gründe für die längere Bauzeit sind erstens, dass die Projektpartner den Umfang des Projekts „2. Stammstrecke München“ 2019 erheblich erweitert haben und es damit mehr Zeit als ursprünglich angenommen für die Fertigstellung benötigt. So baut die DB für die Fahrgäste beispielsweise den Bahnhof Leuchtenbergring größer als ursprünglich geplant und sorgt mit künftig drei Bahnsteigen dafür, dass der Zugverkehr auch während der Bauzeit stabil rollen kann. Perspektivisch ermöglichen die sechs Gleise mehr S-Bahn-Verkehre aus/in Richtung Osten. Insbesondere am Hauptbahnhof wurde die Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern verbessert. Die DB baut für die von der Landeshauptstadt München gewünschte U9 den Rohbau der Station am Münchner Hauptbahnhof mit – im Rahmen einer „Integrierten Gesamtlösung“. Sie war zwischen Freistaat Bayern, Landeshauptstadt München und DB in der sogenannten Gemeinsamen Erklärung 2019 vereinbart worden. Konkret heißt das: Der Bau einer Tunnelstation für die 2. Stammstrecke, eines neuen Empfangsgebäudes und des Rohbaus für die geplante U9 sollen gemeinsam realisiert werden. Damit entsteht dort der größte und modernste ÖPNV-Knoten Europas – mit künftig bis zu 850.000 Fahrgästen pro Tag. Diese Verknüpfung ist sowohl technisch als auch juristisch sowie in den Abstimmungen mit den Projektpartnern äußerst anspruchsvoll und hat in der Detailplanung mehr Zeit als angenommen benötigt.

Zweitens wurden und werden Genehmigungsverfahren später abgeschlossen als zunächst erhofft. Die DB hat mit der neuen Lage der S-Bahn-Station Ostbahnhof an der Friedenstraße die Umsteigebeziehungen zwischen S-Bahn und Regional- und Fernverkehr sowie U-Bahn, Bus und Tram deutlich verbessert und bindet das neue Werksviertel optimal an. Das entsprechende Planfeststellungsverfahren befindet sich derzeit in der Erörterungsphase. Auch wurden die Planfeststellungsunterlagen für die „Integrierte Gesamtlösung“ am Hauptbahnhof mit der Landeshauptstadt München deutlich weiterentwickelt, um alle Erfordernisse eines U9-Bahnhofes zu berücksichtigen. Die Planfeststellung für die integrierte Gesamtlösung liegt seit Ende Juni 2022 vor.
 
Drittens leistet die DB für den Bau der 2. Stammstrecke in vielen Bereichen schlicht Pionierarbeit in der Tiefe und auf engstem innerstädtischem Raum. Es ist in München mit über 40 Metern noch nie so tief gebaut worden. Die DB muss somit immer wieder außergewöhnliche Bautechniken anwenden und Planungen entwickeln. Auch führen strikte Vorgaben beim Lärmschutz zu zeitlichen Einschränkungen.
 
Die Gründe für die aktuelle Entwicklung bei den Kosten sind insbesondere die drastisch gestiegenen Bau- und Materialpreise von rund 1 Milliarde Euro, dazu die umfassenden Projekterweiterungen und die längere Bauzeit sowie der deutlich erhöhte Risikopuffer. Die gestiegenen Gesamtkosten setzen sich aus 5,5 Milliarden Euro (bislang 3,2 Milliarden Euro) Bau- und Planungskosten sowie einem deutlich höheren Risikopuffer in Höhe von 1,5 Milliarden Euro (bislang ca. 0,6 Milliarden Euro) zusammen. Nicht enthalten sind mögliche Marktpreissteigerungen in der Zukunft. Nach derzeitiger Planung ist eine Inbetriebnahme im Jahr 2035 vorgesehen. Aufgrund von Unwägbarkeiten, insbesondere bei noch ausstehenden Genehmigungsverfahren, kann sich die Inbetriebnahme um bis zu 2 Jahre verzögern.

Maßnahmenpaket für die S-Bahn München
 
Der Betrieb bei der S-Bahn München muss zügig verbessert werden, da sind sich DB und Freistaat einig. Dazu wird die DB gemeinsam mit dem Freistaat ein umfangreiches Qualitäts-, Ausbau- und Modernisierungsprogramm auf den Weg bringen, das aus drei Säulen besteht und deutlich vor der 2. Stammstrecke umgesetzt werden soll.
 
Zur neuen Initiative „Starke S-Bahn München – Programm 14plus“ zählt als Säule eins eine große Qualitätsoffensive der DB mit Maßnahmen für einen pünktlicheren und zuverlässigeren Zugverkehr sowie eine bessere Fahrgastinformation. Der Fokus liegt dabei auf dem Thema Prävention. Beispiele sind unter anderem der verstärkte präventive Austausch von Komponenten in Stellwerken und bei Bahnübergängen oder der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Zugdisposition. Dieses DB-Maßnahmenpaket umfasst zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 500 Millionen Euro.
 
Als weitere starke Säule werden Freistaat und DB unter dem Titel „Programm 14plus“ gemeinsam ein Bündel an Maßnahmen bei der S-Bahn vorantreiben. Schwerpunkt des Programms sind Projekte zum Ausbau der Infrastruktur. Darüber hinaus wird das Zugangebot verbessert und der Fahrzeugpark ergänzt und modernisiert. Zum Programm gehören zum Beispiel die sogenannten netzergänzenden Maßnahmen. Sie sorgen mit zusätzlichen Gleiskapazitäten auf den Außenästen für mehr Platz auf der Schiene. Auch der Stammstrecken-Bypass „Sendlinger Spange“, der Regionalzughalt Poccistraße und der Start des neuen elektronischen Stellwerks München Ost werden einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des S-Bahn-Systems leisten. Insgesamt sind dafür Investitionen in Höhe von rund 1 Milliarde Euro vorgesehen.

Die dritte Säule zielt auf die Modernisierung des S-Bahn-Netzes, dazu prüft die DB die Digitalisierung des Bahnknotens München. Aktuell läuft zu diesem Thema eine Machbarkeitsstudie, die DB nimmt Gespräche mit dem Bund auf. Geplant ist, die Schienenwege im Bahnknoten München mit neuer digitaler Leit- und Sicherungstechnik auszurüsten – ebenso die Fahrzeuge der S-Bahn München.
Ziel aller Maßnahmen ist es, ein leistungsfähiges, robustes und zukunftsfähiges Angebot für die Fahrgäste zu schaffen und Angebotsverbesserungen noch vor dem Start der 2. Stammstrecke zu ermöglichen.

Berthold Huber, DB-Vorstand Infrastruktur: „Die S-Bahn ist für die Stadt München und das Umland ein zentral wichtiges Verkehrsmittel. Wir wissen, dass wir mit Verbesserungen nicht warten können. Daher investieren wir kurzfristig in mehr Qualität und Kapazität und planen die Digitalisierung des S-Bahn-Netzes. Wir machen das System damit noch vor dem Start der 2. Stammstrecke leistungsfähiger und besser.“