JEAN PAUL GAULTIER / FROM THE SIDEWALK TO THE CATWALK 18.9.2015 – 14.2.2016

Die Kunsthalle feiert mit Jean Paul Gaultier ihre erste Mode-Präsentation, ihr 30jähriges Jubiläum und ihre 100. Ausstellung.

Seit 40 Jahren zählt Jean Paul Gaultier (*1952), Enfant terrible der internationalen Modewelt, zu den bedeutendsten Couturiers. Wie kein Zweiter hat er mit seinen kühnen und ironischen Kreationen immer wieder unsere Vorstellung von Mode und Schönheit herausgefordert. Exklusiv in Deutschland zeigt die Kunsthalle München eine umfassende Ausstellung, in der das vielfältige und faszinierende Wirken Jean Paul Gaultiers gewürdigt wird.

In seinem gesamten Schaffen macht es sich Gaultier zur Aufgabe, gängige Auffassungen gesellschaftlicher Rollen der Mode zu hinterfragen und die grundlegenden Herstellungsprinzipien des Mode- designs mutig zu erweitern. So nutzt er ungewöhnliche Materialien wie Federn, Tierhaut, Kristalle, Metalldosen oder Gummi und lässt diese in seinem Pariser Mode-Atelier mit größter Handwerkskunst oft in unkonventionellen Kombinationen zu seinen Avantgarde-Kreationen verarbeiten. Inspiration findet er in Paris selbst, aber auch im Zelebrieren diverser Kulturen – von der Geisha bis zum Torero –, in der Welt des Pop und der Massenmedien oder in Subkulturen wie den Londoner Punks oder New Wave. Das gesellschaftliche Ideal des bekennenden Schwulen ist das Recht darauf, anders zu sein und die eigene Identität zu leben. Berühmt wurden z.B. Gaultiers Männerröcke, durch die er gängige Geschlechter-Stereotype und tradierte Mode-Codes auf den Prüfstand stellt. Ohne Zweifel ist der Designer heute Kult – sowohl in der Haute Couture als auch in der Populärkultur.

In der Ausstellung werden ca. 160 seiner Kreationen von den frühen 1970er Jahren bis heute präsentiert. Neben den Haute-Couture- und Prêt-à-porter- Modellen zählen zu ihnen Kostüme z.B. für Filme Pedro Almodóvars und Bühnenoutfits für Popstars; etwa das berühmte Korsett, mit dem Madonna 1990 auf ihrer Blond Ambition Tour für Furore sorgte. Neben der Queen of Pop stellen auch Kylie Minogue und andere Stars ihre Gaultier-Unikate als Leihgaben zur Verfügung.

Die enge Zusammenarbeit Gaultiers mit Künstlern wie Pierre et Gilles, Peter Lindbergh, Cindy Sherman und Andy Warhol wird anhand von künstlerischem und dokumentarischem Filmmaterial, Videos und Fotos umfassend präsentiert. Die Ausstellung ist keine reine Mode-Werkschau, sondern eine spektakuläre multimediale Inszenierung; ein Gesamtkunstwerk, das dem Besucher in einer opulenten Show den Geist Gaultiers spürbar macht.

Exklusiv für die Münchner Präsentation fotografierte Peter Lindbergh das Plakat- und das Katalogmotiv mit Jean Paul Gaultier und Nadja Auermann.

Die Ausstellung wurde vom Montreal Museum of Fine Arts in Zusammenarbeit mit der Maison Jean Paul Gaultier und der Kunsthalle München organisiert.

Die Ausstellung ist in 7 Kapitel gegliedert, in denen ca. 160 Kreationen aus allen Schaffensphasen Gaultiers präsentiert werden:

Der Salon
Als kleiner Junge hielt Gaultier sich gern im Schönheitssalon seiner Großmutter auf. Er war fasziniert vom altmodischen Charme ihrer Garderobe – besonders vom Korsett, das zu einem zentralen Stück seines Œuvres wurde. Zahlreiche Stars zeigten sich in Variationen des Kleidungsstücks mit den spitzen Brüsten, so auch Madonna während ihrer legendären Blond Ambition Tour 1990.

Die Odyssee
Das Abenteuer der großen Seefahrt ruft eine Welt auf, in der grundlegende und immer wiederkehrende Figuren aus Gaultiers Kollektionen ihren Ursprung haben. Hier treffen Matrosen mit Meerjungfrauen, Sirenen und Nymphen zusammen – Gestalten, die als Prototypen männlicher und weiblicher Verführung gelten. Sie werden mit verschiedenen Madonnenfiguren konfrontiert, die eigentlich einen jungfräulichen Gegenentwurf zu den triebhaften Mischwesen des Ozeans bilden. Gaultier verleiht ihnen jedoch gleichzeitig auch lasziv-verführerische Züge.

Die Musen
Der Designer holt Persönlichkeiten auf den Laufsteg, die sich dem gängigen Schönheitsideal widersetzen, wie die füllige Beth Ditto, Sängerin der Band Gossip. Er stellt die geschlechtliche Zuordnung von Kleidung auf den Kopf, wenn er weibliche und männliche Garderobe kombiniert oder Männer Frauenkleider tragen lässt und umgekehrt. Dazu passt, dass er der Erste war, der mit androgynen Models wie Tanel Bedrossiantz zusammenarbeitete. Aber auch seine Zusammenarbeit mit Conchita Wurst wird hier vorgestellt.

Metropolis
Die Großstadt ist der Ort, an dem die bunte Modewelt mit den Show-Spektakeln des Kinos und des Fernsehens, der Musik und des Tanzes zusammentrifft. Gaultier entwarf Kostüme für Theater, Oper und Kino; für Filme wie Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber (1989) von Peter Greenaway, Kika (1993), Schlechte Erziehung (2003) und Die Haut, in der ich wohne (2011) von Pedro Almodóvar, Die Stadt der verlorenen Kinder (1995) von Marc Caro und Jean-Pierre Jeunet sowie Das fünfte Element (1997) von Luc Besson. 2002 wurde der Kinoliebhaber als erster Modeschöpfer Mitglied der Jury des Filmfestivals von Cannes.

Großstadt-Dschungel
Gaultier schafft eine ganz neue Ästhetik, in der das Kleidungsstück den Dialog zwischen verschiedenen Kulturen und Ethnien verkörpert. So werden geografische Grenzen, religiöse Überzeugungen und Sprachbarrieren überwunden. Gaultier schafft Hybride aus der Welt der Großstadt und der wilden Natur, aus Tradition und Moderne, aus dem Animalischen und dem Kultivierten. Man stößt bei ihm auf die Boleros der Toreros, auf die Schtreimel und die langen dunklen Mäntel der Rabbiner, die Kimonos der Geishas, Westen aus der Mongolei, auf Flamenco-Röcke und afrikanische Masken.

Punk cancan
Das facettenreiche Bild, das Gaultier von Paris zeichnet, ist von unterschiedlichen Epochen geprägt. Er ist von der Zeit der Belle Époque um 1900 fasziniert, zu der Toulouse-Lautrec und das Moulin Rouge gehören. Nachkriegs- Ikonen wie Juliette Gréco erweist er seine Referenz, aber auch Frauentypen des Pariser Alltags, von der Concierge bis zur Bourgeoise. Einen eklatanten Gegensatz zur Eleganz der französischen Hauptstadt entdeckt Gaultier als Teenager in London. Die nonkonformistische Kleidung der Punks – Latex, Leder, Netz- und Schottenkarostoffe, Sicherheitsnadeln, Nieten und Metallstacheln – vereint er mit den feinen Federn, Boas und Rüschen des französischen Tanzes.

Hautnah und »Nicht jugendfrei«
In seinen Kollektionen hinterfragt Gaultier die Konzepte von Geschlecht, Nacktheit und Erotik. Der menschliche Körper ist in vielerlei Hinsicht die Grundlage seiner Arbeit. Gaultiers ungewöhnlicher Umgang mit Materialien bricht mit den ästhetischen Normen der Haute Couture und des Prêt-à-porter. Sein Modeuniversum ist gespickt mit Modellen, die auf sexuelle Praktiken wie Bondage, auf Dominanz und Unterwerfung anspielen.

Die Bräute
Es ist Tradition, eine Modenschau mit der Braut zu beenden; im Fashion-Business gilt es als große Ehre für ein Model, ein Defilee im Brautkleid beschließen zu dürfen. Gaultiers Bräute sind von unterschiedlichsten Quellen inspiriert und brechen häufig mit dem »Prinzessinnenbild«, das der Figur anhaftet.

AUS DEM BEGLEITPROGRAMM

»Re-Act!« – Kunst & Club
Donnerstag, 5.11.15, 20:30 Uhr
Das DJ-Duo Dapayk & Padberg übernimmt das Café: Eva Padberg und Niklas Worgt vereinen Mode und Musik, Underground und Mainstream. Special Guides von der Akademie Mode und Design und der Akademie der Bildenden Künste führen durch die Ausstellung.
€ 14/€ 9 inkl. Aftershow-Party im Harry Klein.

AfterworkKH
21.10.15, 18.11.15, 16.12.15, 20.01.16
Jeden dritten Mittwoch im Monat die Gaultier- Ausstellung bis 22 Uhr genießen und den Abend bei DJ-Musik im Café Kunsthalle ausklingen lassen (regulärer Eintritt). Wer mehr über die Mode des Couturiers wissen will, kann um 20:30 Uhr an einer speziellen AfterworkKH-Führung teilnehmen (Eintritt + € 7, maximal 20 Personen).
Natürlich kann man auch nur auf einen Drink vorbeischauen; der Eintritt ins Café ist frei.

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung Theatinerstraße 8 | 80333 München T+49(0)89/224412   |   kontakt@kunsthalle-muc.de www.kunsthalle-muc.de

Öffnungszeiten
täglich 10–20 Uhr
außer: 24.12. geschlossen, 31.12., 9.2. 10–17 Uhr
AfterworkKH jeden 3. Mittwoch im Monat bis 22 Uhr (21.10.15, 18.11.15, 16.12.15, 20.1.16) Sonderöffnung für Schulklassen: jeden Mittwoch 9–10 Uhr
Anmeldung per Telefon (+49(0)89/224412 ) oder E-Mail (kontakt@kunsthalle-muc.de) erforderlich.