Fack ju Göhte – Deutschlands frechstes Musical schockiert und amüsiert die Generationen

Fack ju Göhte - Deutschlands frechstes Musical schockiert und amüsiert die Generationen

Das Theater im Werk 7 am Ostbahnhof gleicht einer Schulturnhalle, wie viele sie wohl noch in unangenehmer Erinnerung haben, die Klos sind mit Graffitis besprüht und mit Edding „verschönert“. Recht viel schneller und besser könnte man den Zuschauer nicht in das Fack ju Göhte–Universum hineinversetzen.

Gleich zu Beginn wird so mancher Gast gebeten, beim Tragen von Sportequipment zu helfen und fühlt sich somit als Mitschüler der berüchtigten „10b“, auch Amokklasse genannt.

Die Macher des Musicals verzichten bewusst auf großspurige Effekte wie Projektionen und technische Spielereien wie Hebe– oder Drehbühnen. Zum Einsatz kommt ausschließlich, was in einer durchschnittlichen Schulturnhalle zu finden ist; Seile als Table Dance–Stangen, ein vielfach bespielter Turnkasten, der im Ganzen als Lehrerkatheder, in Einzelteilen als Tunnel fungiert, aus Langbänken werden Zuggleise oder Schrägen zum rutschen, ein Backgroundchor fädelt sich durch die Stangen einer Sprossenwand. Die Einfälle der Regie sind mannigfaltig, originell und überaus praktisch.

Lisi Schnabelstedts Bett wird so auf einem Gerätewagen hereingefahren, für die Atmosphäre wedeln Tänzer mit Räucherstäbchen vor den Nasen der Zuschauer und nehmen dann selbst auf den Stufen Platz, um die Szene zu beobachten, wenn Zeki Müller der Streberin KO–Tropfen in ihren „Zeckentee“ mischt, um deren Zeugnis zu klauen.

Wer sich gefragt hat, ob man einen Kassenschlager wie den ersten Teil der beliebten Paukerfilmreihe „Fack ju Göhte“ verlustfrei auf die Bühne bringen kann, dem sei versichert: es geht! Die Musicalproduktion übertrifft alle Erwartungen, ob an die Sänger, die Komponisten, oder den etwas vereinfachten Plotverlauf.

Was das Musical allerdings so besonders macht, ist der Enthusiasmus der Darsteller, die auch nach über hundert Vorstellungen die Produktion so mit Leben erfüllen, dass es viele im Zuschauerraum nur noch knapp auf den Sitzen hält. Sie singen, hüpfen währenddessen in Badehosen und Bikinis auf Trampolins, besprühen in einer Hip–Hop–Choreographie einen Zug oder turnen auf Gymnastikbällen mit Yogamatten zu Bollywood–Musik.
Langeweile kommt da keine Sekunde auf.

Max Hemmersdorfer, seines Zeichens Schauspieler, durfte in dieser Produktion zum ersten Mal einen Gesangspart übernehmen. Mit seiner coolen Ausstrahlung kann er Elijas M´Barek durchaus das Wasser reichen und man versteht, wieso Lisi Schnabelstedt, wunderbar neurotisch dargestellt von Johanna Spantzel, dem gutaussehenden Ex–Knacki verfällt. Als Direktorin Gerster wurde mit Elisabeth Ebner eine Darstellerin gecastet, die nicht nur schon an Häusern wie dem Her Majesty´s Theatre London engagiert war, sondern eine stimmliche und komische Begabung mitbringt, die ihresgleichen sucht und innerhalb von Minuten die Zuschauer für sich gewinnt. Rebekka Corcodel als Chantal und Lukas Sandmann als Danger kommen ebenso nah an das Kinovorbild wie Anthony Curtis Kirby als Burak und Susi Studentkowski als Zeynep. Robin Cadet, der den Streber Jerome verkörpert und unter dem Mobbing seiner Mitschüler leidet, besticht mit Stimme, Tanz und Spiel, was sich sehr im Szenenapplaus widerspiegelt. Sandra Leitner, die die Rolle der Laura, Lisis Schwester spielt, transportiert mit warmer Stimme und viel Herzblut die Leiden eines sich hässlich fühlenden Teenager–Mädchens. Jennifer Siemann flirtet sich als Zekis beste Freundin Charlie in die Herzen der Zuschauer. Auch sie besticht durch komödiantisches Talent und gesangliche Präsenz.

Fazit: Wer den Film mochte, wird das Musical lieben. Noch bis September läuft der „Unterricht“ von Dienstag bis Sonntag im Werk 7. Eine Abneigung gegen Kraftausdrücke darf der geneigte Zuschauer jedoch nicht mitbringen, denn wie auch im Film nimmt das Textbuch kein Blatt vor den Mund. Wem´s zuviel wird, der heule leise. ( S. Pemmerl )

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